An Baumaschinen und Arbeiter auf dem Areal des früheren Steigenberger Kurhaushotels haben die Bad Kissinger sich längst gewöhnt. Schließlich wurde das einstige Flaggschiff der hiesigen Hotellerie im Winter 2014/2015 auf Entscheidung des Freistaats abgerissen, um Platz für einen - damals suchte München noch nach einem Investor - Hotelneubau zu schaffen. Seit 2017 wird das Grundstück als Baufeld genutzt, für die Sanierung des anschließenden Neumannflügels sowie des Kurhausbades.
In den vergangenen Tagen konnten aufmerksame Beobachter aber eine Veränderung beobachten: Denn das Baufeld auf dem ehemaligen Hotelareal wurde aufgelöst und der Bereich frei geräumt - für Bohrungen und Baugrunduntersuchungen. Zwölf Jahre nach dem Aus des Fünf-Sterne-Hotels wird es beim Nachfolger, dem Kurparkresort, endlich konkret. "Wir haben im März den Bauantrag bei der Stadt eingereicht", bestätigt Architekt Siegbert Wagner.
Beim Kurparkresort handelt es sich um ein gehobenes Hotel- sowie ein Wohnprojekt. Das Hotel wird im Vier-Sterne oder Vier-Sterne-Superior Standard angesiedelt und soll Platz für 120 bis 140 Zimmer sowie Suiten, ferner Restaurant-, Tagungs- und Konferenzbereiche, Fitness-, Wellness- und Therapieangebote auf 10 450 Quadratmetern bereithalten. Hinzu kommen 70 bis 80 Seniorenwohnungen auf 5600 Quadratmetern plus 1000 Quadratmeter für Tagespflege.
Suche nach alten Fundamenten im Boden
Auch wenn die Baugenehmigung noch aussteht, laufen derzeit erste Vorarbeiten für das Millionenvorhaben. "Aktuell machen wir die Baugrunduntersuchungen", berichtet Wagner. Dabei gehe es unter anderem darum herauszufinden, ob und in welcher Tiefe sich noch Fundamente des alten Kurhaushotels oder einem Vorgängerbau im Boden befinden. Dafür braucht es Bohrungen. Außerdem wurde eine Messstelle für den Grundwasserpegel auf dem Areal eingerichtet. Die braucht es für den Heilquellenschutz während der Bauarbeiten.
Die bestehende Steigenberger-Tiefgarage stellt die Planer vor erhebliche technische Herausforderungen. Das Grundwasser beginnt laut Wasserwirtschaftsamt in einer Tiefe von circa drei Metern. Die Tiefgarage ist mit Grundwasser geflutet. Um zu verhindern, dass das Wasser den Bau weg drückt, ist die Garage seit Abriss des Hotels mit Steinsäcken zusätzlich beschwert. Die Planer wollen die baulichen Eingriffe so gering wie möglich halten, um das Grundwasser und die benachbarten Heilquellen zu schützen. Das Fundament und die Wände bleiben laut Wagner stehen. In die alte Hülle wird die neue Garage eingebaut werden. Die Frage, wie die Tiefgaragenhülle während der Arbeiten gegen Auftrieb gesichert wird, beschäftige aktuell noch die Statiker.
Der Architekt ist zuversichtlich, dass die nötigen Genehmigungen im Lauf des Jahres vorliegen und die offenen technischen Fragen geklärt sind. "Ein Baustart 2022 ist realistisch", sagt er. Los geht es an der Tiefgarage, aber auch die Arbeiten für das Hotelgebäude sollen in diesem Jahr anlaufen.
Das Rathaus bestätigt, dass der Bauantrag vorliegt. Dieser werde geprüft. Die Verwaltung befinde sich in einem Abstimmungsprozess mit beteiligten Behörden und dem Investor. Momentan werde der Durchführungsvertrag endverhandelt, der für die Baugenehmigung notwendig ist, teilt Sprecher Thomas Hack mit.
. "Die aktuelle Krise, die Steigerung der Baukosten und der Wegfall der KfW-Förderung waren für das Projekt sehr schwierig", kommentiert Oberbürgermeister Dirk Vogel. Er gehe davon aus, dass der Stadtrat sich noch vor den Sommerferien das nächste Mal mit dem Projekt befasst. Fällt alles positiv aus, ist der Weg für die Baugenehmigung und den Baustart frei.
Darum braucht es den Heilquellenschutz
Für das Kurparkresort ist die wasserrechtliche Genehmigung ebenfalls von großer Bedeutung. Zum einen weil das Grundwasser knapp unter der Oberfläche beginnt, zum anderen weil Bad Kissingens Heilquellen nur wenige Meter entfernt sind. "Es wird eine anspruchsvolle Baumaßnahme. Speziell auf die Gründungsarbeiten werden wir großes Augenmerk legen", sagt Hartmut Holzheimer vom Heilquellenschutz des Wasserwirtschaftsamtes Bad Kissingen .
Insbesondere die Erdarbeiten können die Heilquellen gefährden: Werden beispielsweise die oberen Bodenschichten weggebaggert, wachse das Risiko, dass das Grundwasser ebenfalls nach oben steigt. Veränderungen beim Grundwasserspiegel wiederum können sich negativ auf die Heilquellen auswirken, so die Befürchtung der Fachleute. Oder: "Die etwa im Maxwasser enthaltene Kohlensäure sucht sich immer den einfachsten Weg, zum entweichen", erläutert Holzheimer. Entstehen beim Baggern Risse im Boden, die bis zu den Quellen reichen, könne darüber das Gas austreten. Die größte Befürchtung der Verantwortlichen: Dass sich durch die Arbeiten die chemische Zusammensetzung des Heilwassers ändert. "Im Extremfall kann die Quelle ihre Zulassung als Arzneimittel verlieren", sagt Holzheimer.
Um das zu verhindern, wurden schon die Baugrunduntersuchungen genau vom Wasserwirtschaftsamt begleitet. Die Investoren haben dafür eine Ausnahmegenehmigung erhalten. "Bislang war nichts auffällig", berichtet der Fachmann für Heilquellenschutz. Einmal am Tag kontrolliert die Staatsbad GmbH während der Voruntersuchung und später während der Hauptarbeiten an ihrer Leitwarte die Basisdaten der Kurgartenquellen (Max, Rakoczy, und Pandur). Einmal pro Woche zieht ein Labor Wasserproben, die auf Leitfähigkeit, PH-Wert, Kohlensäuregehalt und die mikrobiologische Zusammensetzung analysiert werden. "Der Boden hat es hydrogeologisch in sich. Ohne eine wasserrechtliche Genehmigung geht in dem Bereich nichts", sagt Holzheimer.
Kommentar:
Widrige Bedingungen
Das Kurparkresort als Steigenberger-Nachfolger ist derzeit wohl eines der wichtigsten privaten Bauvorhaben im Landkreis. Seit der Schließung des Fünf-Sterne-Hauses 2010 fordern lokale Politiker, Geschäftsleute, Gastronomen, Hoteliers und der Kulturbetrieb, dass Ersatz her muss. Seitdem der Freistaat das Areal verkauft hat, sind die neuen Eigentümer das Vorhaben bislang konsequent angegangen. Jetzt ist also der Bauantrag eingereicht.
So nah war die Stadt einem Hotel an zentralster Stelle seit zwölf Jahren nicht mehr - und dennoch bricht im Rathaus niemand offen in Euphorie aus, sondern man hält sich mit Äußerungen zurück. Zu diffus und schwierig ist die derzeitige Lage, um die Hand ins Feuer zu legen, dass alles gelingt. Die Tourismusbranche ist nach zwei Jahren Pandemie schwer gebeutelt. Banken, die in der Krise millionenschwere Hotelvorhaben finanzieren, sind nicht so leicht zu finden. Diese Situation hat den Wunsch vom Thermenhotel an der Kisssalis vorerst einen Strich durch die Rechnung gemacht.
Aber auch die massiven Preissteigerungen am Bau, die Inflation, der KfW-Förderstopp der Ampelregierung für energetische Gebäude und nicht zuletzt der Krieg in der Ukraine erschweren solche Großvorhaben. Zudem ist Bad Kissingen ein gebranntes Kind: Für den Fürstenhof war der Umbau zum Luxusresort ebenfalls genehmigt. Passiert ist nichts, die Genehmigung ist wieder verfallen.
Die Vorzeichen, dass das Kurparkresort im Speziellen und Hotelvorhaben im Allgemeinen realisiert werden, stehen jedoch nicht alle schlecht: Vor allem, weil die Stadt mit dem Welterbe-Titel und mit der Therme (die in normalen Jahren beinahe eine halbe Millionen Besucher anzieht) für Hotelinvestoren sehr attraktiv ist. Gelingt das Vorhaben Kurparkresort, hätte das eine Signalwirkung für die ganze Stadt.