Das Kurgarten-Café gehört schon aufgrund seiner Lage zu den prominentesten gastronomischen Adressen in der Stadt. Wie alle anderen Säle und Salons im Arkadenbau und im benachbarten Regentenbau ist der 400 Quadratmeter große Gastraum prachtvoll und repräsentativ gehalten. "Wenn wir hier Vorbesprechungen zum Beispiel für eine Hochzeit halten, sind die Brautpaare meistens schnell überzeugt", sagt Pächter Jochen Wehner und deutet mit einem vielsagenden Lächeln um sich. 250 Sitzplätze stehen dem Kurgarten-Café im Tagesgeschäft drinnen zur Verfügung, draußen in den offenen Arkaden und im Kurgarten kommen in der Hauptsaison noch einmal so viele Plätze dazu.
Umsatz um 70 Prozent eingebrochen
In normalen Zeiten braucht es vor allem Veranstaltungen, um das Kurgarten-Café wirtschaftlich zu betreiben. Firmenevents, Empfänge und private Feiern machen laut Wehner gut 60 Prozent des Umsatzes aus. Eine große Hochzeitsfeier, ein Kongress oder etwas ähnliches pro Woche war vor Corona der Standard.
Seit Beginn der Pandemie ist jedoch der Großteil des Veranstaltungsgeschäfts weggebrochen. Dazu kommen die monatelangen Schließungen während der beiden Lockdowns. Die haben den gelernten Koch und Konditor nicht nur Geld, sondern auch Personal gekostet. So ist der Umsatz im vergangenen Jahr um 70 Prozent eingebrochen und das Café hat rote Zahlen geschrieben. Und: Rund 45 Mitarbeiter - vom Festangestellten bis zur 450-Euro-Aushilfe - hatte Wehner vor der Pandemie beschäftigt. Jetzt sind es noch 25. Manche seiner Mitarbeiter haben sich einen neuen Job in Kliniken oder Pflegeheimen gesucht, weil sie dort nicht in dem Maß von Schließungen und Kurzarbeit betroffen waren. Manche hätten sich aufgrund der Krise aber auch komplett umorientiert und der Gastronomie den Rücken gekehrt. "Ich bin eigentlich ein optimistischer Mensch. Einer der sagt, es gibt keine Probleme, sondern Lösungen", meint der 53-jährige Garitzer. Aktuell haben für ihn jedoch die Baustellen überhand genommen.
Im Februar läuft der Pachtvertrag für das Kurgarten-Café mit der Staatsbad GmbH aus. Wehner verlängert nicht und stellt zum Jahresende den Betrieb ein. "Ich habe die Reißleine gezogen und kehre wieder zurück in ein normales Angestelltenverhältnis", sagt er. Jobangebote in der Gastronomie gebe es für ihn genug, auch sein Personal habe alle Möglichkeiten.
Vom Aushilfskoch zum Chef
Leicht fällt dem Gastronom dieser Schritt nicht. Dafür hat er zu lange im Kurgarten-Café gearbeitet. "Da steckt viel Herzblut und Arbeit drinnen", sagt er. 2009 stellte ihn der damalige Pächter Tobias Motz als Betriebsleiter ein. In den Jahren davor hatte Wehner bereits als Koch im Kurgarten-Café ausgeholfen. 2011 wurde er Mitgeschäftsführer, 2015 übernahm er den Betrieb dann ganz. Erlebt hat der Gastronom in den Jahren viel. Tagungen für mehr als 1000 Personen mit einem über 100 Meter langen Buffet zum Beispiel. "Dafür hatten wir alle Säle bespielt", erzählt er. Einschneidend war die Schließung des Steigenberger-Fünf-Sterne-Hotels auf der gegenüberliegenden Seite des Kurgartens Ende 2010. "Das haben wir damals stark beim Tagesgeschäft gespürt", erinnert sich Wehner. Die Steigenberger-Schließung, aber auch dass seit Ende der 1990er Jahre immer wieder kleinere Kurhotels aufgaben, kostete das Café Gäste. Um es dennoch wirtschaftlich zu betreiben, bauten in der Folge erst Motz und danach Wehner den Bereich Veranstaltungen zum Haupt-Standbein aus.
Der Chef des Kurgarten-Cafés geht davon aus, dass es noch dauert, bis sich das Veranstaltungsgeschäft wieder normalisiert. "So wie ich es für das Café brauche, wird es erst 2023 wieder laufen", vermutet er. Dazu ist die Befürchtung groß, dass die anstehende Wintersaison nur mit größeren Einschränkungen stattfinden wird. "Es wird wieder so stark reglementiert, dass die Leute keine Lust mehr haben, zu kommen. Die ersten Weihnachtsfeiern für dieses Jahr sind bereits abgesagt", berichtet Wehner.
Veranstaltungen schwer kompensierbar
Grundsätzlich ist ihm die Staatsbad GmbH während Corona mit der Pacht entgegengekommen. Die laufenden Betriebskosten und die Personalkosten für ein derart großes Kaffeehaus lassen sich laut Wehner allein mit dem Tagesgeschäft aber nur schwer verdienen. Am Ende des Jahres müsse ein siebenstelliger Umsatz erwirtschaftet werden, rechnet er vor. Das Tagesgeschäft habe sich zwar wieder erholt, um die fehlenden Veranstaltungen auszugleichen, müssten sich die Einnahmen hier aber nahezu verdoppeln.
Ohne Corona hätte er nie gezögert, den Pachtvertrag zu verlängern. "Ich hatte schon neue Ideen, was ich noch machen wollte", sagt Wehner. 2019 sei wirtschaftlich ein sehr erfolgreiches Jahr gewesen, 2020 habe stark begonnen. "Wenn es so weiter gegangen wäre, wäre das überhaupt kein Problem gewesen." So aber hat die Corona-Krise alle Pläne über den Haufen geworfen.