
"Kunst geht fremd" lautet das Motto eines jährlich stattfindenden Exponate-Tausches unterfränkischer Museen. Was vor zehn Jahren zwischen nur vier musealen Einrichtungen begann, hat sich mittlerweile zu einem harmonisch funktionierenden Netzwerk mit 18 von insgesamt 279 Museen des Bezirks ausgeweitet. Zum Auftakt des diesjährigen "Fremdgangs" mit der Motto-Ergänzung "... und ist verspielt" trafen sich die Vertreter der teilweise professionellen, teilweise aber auch ehrenamtlichen Netzwerk-Mitglieder zur Vorstellung der getauschten Objekte im Hof des Aschacher Schlosses.
Die dortige Museumsleiterin Josephine Glöckner hat sich von ihrer Kollegin Anja Lippert, Sachgebietsleiterin der Aschaffenburger Museen, acht Handpuppen der Künstlerin Gertrud Lommatzsch ausgeliehen, die nun im Aschacher Schloss, jeweils passend zur dargestellten Figur, auf drei Zimmer verteilt sind. So entdecken künftige Besucher im Gästesalon der einstigen Grafenfamilie Luxburg ein zu Besuch weilendes Königspaar mit Diener. Im Herrenzimmer des Grafen, der bekanntlich ein anerkannter Sammler chinesischen Porzellans war, stehen die Figuren eines Chinesen und des Grafen selbst, und im Spielsalon der Gräfin sind drei herrschaftliche Damen als Handpuppen zu entdecken. Das Aschacher Museum hat aus seinem Fundus einen Tanz- und Musikautomaten mit der Figur des gestiefelten Katers aus dem Jahr 1895 dem Würzburger Museum am Dom überlassen.
Nicht immer passen zum Tausch angebotene Exponate zwingend zum jährlich wechselnden Thema. Manchmal gehört etwas Fantasie und Interpretationsfreude hinzu, etwa wenn das auf 250 Millionen Jahre alte Fossilien und Gesteinsablagerungen spezialisierte Euerdorfer Museum Terra Triassica ein zum Spiel-Thema passendes Exponat finden muss. Dort entschied man sich, dem Freilandmuseum Fladungen ein Stück Muschelkalk mit versteinerten Seelilien zu überlassen, die, zu ihrer Zeit unter Wasser in Kolonien lebend, "ineinander verschlungen mit der Strömung des Wassers spielten".
Das Euerdorfer Museum bekam dafür als Gegengabe vom Kitzinger Fastnachtsmuseum zwei bunt bemalte "Molli-Köpfe" aus Pappmaschee, die im krassen Gegensatz zu Fossilien "für die Kurzlebigkeit menschengemachter Gegenstände stehen".
Das Bad Kissinger Museum Obere Saline hat dem Würzburger Museum für Franken mit einigen Wassermarionetten aus der Spielzeugwelt Hilla Schützes traditionelle Spielfiguren des vietnamesischen Wassertheaters aus den 1950er Jahren überlassen, dessen Tradition allerdings bis ins 11. Jahrhundert zurückreicht. Die Kissinger bekamen dafür aus Würzburg sechs als Spielfiguren interpretierte Funde aus der Hallstattzeit (800 - 450 vor Chr.), die 1974 beim Bau einer Erdgasleitung in Rottendorf entdeckt wurden und als ältestes Spielzeug in Unterfranken gelten.
"Kunst kann inspirierend, unterhaltsam oder irritierend sein", ist in der zur Aktion veröffentlichten Broschüre zu lesen. Bis zum 7. November wollen die 18 beteiligten Museen mit ihren Tauschobjekten nun aber zeigen, dass Kunst auch "verspielt" sein kann. Durch den Blick auf die in fremder Umgebung ungewöhnlichen Exponate wollen die Museumsmacher sowie Projektmanagerin Anne Kraft als Sachgebietsleiterin Museen im Bezirk Unterfranken ihre Besucher ermuntern und einladen, auch die anderen Museen Unterfrankens für sich zu entdecken und "auf diese Weise einmal ganz Unterfranken spielerisch zu erfahren".
Passend zum diesjährigen Motto gibt es mehrere Begleitveranstaltungen, bei denen Fachleute in Führungen oder Vorträgen den Besuchern ihr Wissen über das vor Ort jeweils "fremde" Exponat vermitteln.
Alle Informationen zur diesjährigen Aktion, zu Veranstaltungen und Termine sind im Internet hier zu finden.