
Bereits zum 14. Mal ist die Kunst in Unterfranken bereits fremdgegangen – so auch im Museum „Terra Triassica“ der Marktgemeinde Euerdorf . Unter dem diesjährigen Titel „Kunst geht fremd … und kommt an“ wurde die Ausstellung aus der Zeit der Trias um ein Kunstobjekt aus dem Spessartmuseum Lohr erweitert sowie um viele Bilder junger Nachwuchskünstler aus der Marktgemeinde.
Insgesamt 18 Museen aus Unterfranken schicken zu diesem Kunst-Event eines ihrer Ausstellungsstücke auf Reisen. Dabei sollen die Kunstobjekte überraschende Perspektiven zeigen, indem sie in ungewöhnlichen Kontexten präsentiert werden.
In der Aktion geht es um den facettenreichen Begriff des Ankommens – um die Geburt, um das Ankommen in einer bestimmten Gesellschaftsschicht, in einem neuen Land oder einer neuen Heimat. Es dreht sich um die Sehnsucht der Menschen, im Land ihrer Träume anzukommen, um das behütete Ankommen von Heiligen und Göttern an einem bestimmten Ort und um Menschen, die wohl nie an ihrem (Lebens-) Ziel ankommen, wenn sie denn überhaupt eines haben. Schließlich geht es um Päckchen oder Briefe, die Tausende von Kilometern überwinden können und vom Leben in der Fremde oder an der Front berichten.
Im Euerdorfer Museum kam der „Kirchweihkuchen“ – Łodpustowy kołocz – von Rudolf Riedel, Bad Orb, an. Christa Schleicher, wissenschaftliche Mitarbeiterin im Spessartmuseum Lohr , aus dem der Linolschnitt auf Papier stammt, stellte bei der Vernissage dem Publikum das Kunstobjekt vor: Rudolf Riedel, 1941 in Katowice (Polen) geboren, lebt seit 1989 in Bad Orb. Seine Linolschnitte zeichnen sich durch Motive und Symbole aus, die auf seine alte Heimat Oberschlesien hinweisen. Diese reichen vom titelgebenden „Kirchweihkuchen“ mit Streuseln, über Bergbau bis zu Kreuz und Bibel . Das Werk zeigt das Spannungsfeld zwischen neuer und alter Heimat, in dem sich viele Migranten wiederfinden.
Rudolf Riedel wird noch immer von seinen Erfahrungen als deutschstämmiger Schlesier in Polen beeinflusst. Während er als Mensch in Deutschland angekommen ist, musste er seinen Stil anpassen, um in Deutschland als Künstler Fuß fassen zu können. Im Museum Terra Triassica wird dieses Werk im Kontext zu den ausgestellten Fossilien gezeigt. Die erdgeschichtliche Entwicklung vertrieb die Dinosaurier oder ließ sie aussterben. Das Verlassen des gewohnten Lebensraumes könnte als Parallele zwischen Rudolf Riedel und den Exponaten gesehen werden.
Kinder zeigen ihre Werke
Passend zum Euerdorfer Ausstellungsobjekt stellen auch die jüngsten Künstler der Marktgemeinde aus der Kindertagesstätte „Haus für Kinder“ ihre Kunstwerke im Museum aus: Zunächst wurden bunte Farben auf ein Papier aufgetragen und anschließend mit einer schwarzen Acrylfarbe überdeckt. Nach dem Trocknen wurde diese je nach Vorstellung weggekratzt. Renate Kröckel, Leiterin der Kindertagesstätte und auch die Künstler freuten sich über die Ergebnisse, die jetzt auch im Museum zu bewundern sind.
Martina Wilm-Kiesel, Museumsleiterin in Euerdorf , schickte eine Kammmuschel auf Reise zum Museum Johanniskapelle in Gerolzhofen. Das Fossil immigrierte während der Triaszeit von der Tethys, dem Urzeitmeer, in das damalige mitteleuropäische Muschelkalkmeer und erreichte vor etwa 242 Millionen Jahren auch das Gebiet des heutigen Unterfrankens. Sie kommt im Oberen Muschelkalk nur in einem Schichtbereich von wenigen Metern vor und wird als sogenanntes „ Leitfossil“ zur genaueren Einordnung genutzt.
Ihre wesentlich jüngere Verwandte, die atlantische Jakobsmuschel, wurde in Form der rechten Schalenhälfte das Erkennungszeichen der Jakobspilger. Diese pilgerten nach Santiago de Compostela, dem Ort, der seit dem späten 9. Jahrhundert Grabstätte des heiligen Jacobus und bis heute einer der bedeutendsten Wallfahrtsorte des Christentums ist. Die Muschel wird im Kirchenraum vor dem ehemaligen Altar der Johanniskapelle präsentiert. Sie befindet sich in der Nähe zur Figur des Heiligen Jakobus des Älteren im Eingangsbereich, der als Patron der Pilger gilt.
Missverständnis vor dem Transport
Der Transport des Fossils sorgte zunächst für Kopfzerbrechen, was sich aber dann in Schmunzeln auflöste: „Bei den Maßen der Platte von 90 mal 60 Millimetern wurden zunächst Millimeter mit Zentimetern verwechselt. Wären es tatsächlich Zentimeter gewesen, dann hätte die Platte nur mit schwerem Werkzeug bewegt werden können“, erklärt die Museumsleiterin lachend.


