
"Einzelkämpfer haben keine Zukunft mehr". Davon ist der Geschäftsführer der Hochschwarzwald Tourismus GmbH (Hinterzarten) überzeugt. Denn "was weniger als drei Millionen Übernachtungen hat, wird nicht mehr wahrgenommen", sagte Thorsten Rudolph. Deshalb setzten die Gesellschafter 2008 dem Kirchturmdenken ein Ende und gründeten die zentrale GmbH.
Mit großem Erfolg. Damals beschäftigten die Tourismus-Organisationen 40 Mitarbeiter, heute sind es 100. Die Zuschüsse sind mit 3,1 Millionen Euro pro Jahr gleich geblieben, der Umsatz ist jedoch von 3,5 auf 12,7 Millionen Euro gestiegen. Gleichzeitig ist die Altersstruktur der Gäste in der Region von über 50 auf 41,8 Jahre gesunken.
Erlebnis-Toilette
Erreicht wurde das mit einem straffen Management, dem Einsatz modernster IT-Technik, intelligenter Werbung und einer neuen Zielgruppendefinition: Geworben wird um "aufgeschlossene Genießer", um "anspruchsvolle Genießer" und um "intensive Erfahrer". Auf sie sind die Angebote genau zugeschnitten. So gibt es unter anderem eine Hochschwarzwald-Card, die über den Zimmerpreis finanziert wird. Sie bietet zahlreiche Vergünstigungen. "Kuckucksnester" sind eine nicht alltägliche, originelle Zimmerkategorie. Der Durchschnittsertrag pro Nacht ist mit 112 Euro bemerkenswert.
Rudolph geht auch ungewöhnliche Wege. Dass Geld nicht stinkt, wussten schon die alten Römer. Geplant ist daher eine rund 400 000 Euro teure "Erlebnis-WC-Anlage", eine "Toilettenanlage auf höchstem Niveau". Quasi ein "Donnerbalken de luxe". Das sei auch ein Teil der Willkommenskultur. Die Benutzung ist nicht kostenlos, die Investitionen sollen sich in nur drei Jahren amortisieren. Denn "wir wollen Profit machen, es muss sich rechnen".
Landrat Thomas Bold (CSU) zeigte sich beeindruckt. Er sieht die Rhön bei der Zusammenführung der Fremdenverkehrsaktivitäten auf einem richtigen Weg. Um diesen fortzugehen habe man den einen oder anderen Impuls mitnehmen können. Ähnlich äußerte sich auch Wirtschaftsförderer Jürgen Metz.
Wandern, Wein, Kulinarik hat sich die wesentlich größere Schwarzwald Tourismus GmbH (STG) mit Sitz in Freiburg auf ihre Fahnen geschrieben. Karen Hannemann und Julian Semet informieren die Bad Kissinger Kreisräte darüber, wie die Region zwischen Karlsruhe und schweizer Grenze "Deine zweite Heimat" werden soll. Auch hier gibt es eine Card - die Konus-Gästekarte - zur Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel und mit etlichen Vergünstigungen. Außerdem wird die Schwarzwald-Card verkauft, die auch für den Freizeitpark in Rust gilt. Eingebunden ist ferner die Badische Weinstraße.
Der Weinbau in Baden ist mit dem im Landkreis Bad Kissingen nicht vergleichbar. 51 Mitglieder mit 4000 Betrieben haben sich zur größten Winzergenossenschaft Europas zusammengeschlossen. Nach Angaben von Geschäftsführer Oliver Rein bewirtschaften sie 1800 Hektar und erzielen einen Umsatz von rund 50 Millionen Euro.
Dass im Kreistag von Bad Kissingen nicht gestritten, sondern sachlich diskutiert und dann meist einstimmig entschieden wird, ist auch auf die jährlichen Infofahrten zurückzuführen. Denn ihr touristischer und gesellschaftlicher Anteil ist hoch. Das wirkt sich auf die politische Arbeit sehr positiv aus. Diesmal stand unter anderem eine Führung durch Freiburg auf dem Programm. Besucht wurden auch die Triberger Wasserfälle, das mittelalterliche Burkheim und das Freilichtmuseum Vogtsbauernhof. Entsprechend gut war die Resonanz. Gotthard Schlereth (Freie Wähler) sprach
von guten Infos und Impulsen für die künftige Arbeit.
Wolfgang Gröner (SPD) nannte die Fahrt perfekt und flexibel organisiert. Die Schwarzwälder Touristiker spielten "in einer anderen Liga" als die Rhöner. Er sei überrascht, wie professionell und konfliktfrei die Neuorganisation in Sachen Tourismus in der Bevölkerung und vor allem in der Kommunalpolitik verlaufen sei.
"Können wir noch was lernen"
Johannes Wegner (Grüne) sagte, es habe sich gezeigt, dass ein professionelles Management unbedingt erforderlich sei. Der Hochschwarzwald sei dafür ein gutes Beispiel.
Manfred Dittmar (FDP) war beeindruckt von der Professionalität der Touristiker. Sein Fazit: "Da können wir schon noch was lernen."
Kreistagsfahrt in den Schwarzwald: Gäste aus aller Welt
Gegründet wurde die Hochschwarzwald Tourismus GmbH in Hinterzarten, weil ein Erlebnisbad entstehen sollte. Die Hochschwarzwald-Card gibt es seit 2010. Mehr als 400 Gastgeber wirken mit. Seit 2011 wurde bei der Nutzung eine Steigerung von über 37 Prozent erzielt.
321 Kommunen mit drei Millionen Menschen auf 11 100 Quadratkilometern umfasst der Schwarzwald, das größte Mittelgebirge Deutschlands. Kirschtorte, Bollenhut und Kuckucksuhren sind in der ganzen Welt bekannt.
Die Region hat pro Jahr 8,3 Millionen Gästeankünfte und 21,7 Millionen Übernachtungen bei 12 000 Gastgebern. 28,6 Prozent der Besucher reisen aus dem Ausland an. Außerdem kommen 107 Millionen Tagesgäste. Erzielt wird eine Nettowertschöpfung von fast 5,5 Milliarden Euro. Rund
500.000 Arbeitsplätze hängen vom Tourismus ab. ed