zurück
Bad Kissingen
Konzert im Rahmen der jüdischen Kulturtage
Sopranistin Camila Ribero-Souza, Tenor Siyabonga Maqungo und Pianist Robert Jacob präsentierten Werke jüdischer Komponisten.
Siyabonga Maqungo (von links) und Camila Ribero-Souza bezauberten durch ausdrucksstarke Interpretationen berühmter Operettenmelodien.  Foto: Peter Klopf       -  Siyabonga Maqungo (von links) und Camila Ribero-Souza bezauberten durch ausdrucksstarke Interpretationen berühmter Operettenmelodien.  Foto: Peter Klopf
| Siyabonga Maqungo (von links) und Camila Ribero-Souza bezauberten durch ausdrucksstarke Interpretationen berühmter Operettenmelodien. Foto: Peter Klopf
Peter Klopf
 |  aktualisiert: 19.08.2022 13:10 Uhr
Der "Rassenwahn" der Nationalsozialisten machte auch vor der Musik nicht halt. Die deutsche Musik sollte rein sein, frei von allem "Undeutschen", "Nichtarischen". Am Pranger standen Schlager, Operette, vor allem aber die Musik jüdischer Komponisten und die als "Niggermusik" diffamierte Jazzmusik. Das Ergebnis war eine beispiellose Verfolgungskampagne: Keiner der verunglimpften Musiker konnte seiner Tätigkeit im NS-Staat weiter nachgehen. Aufführungs- und Berufsverbot waren der Anfang, Verfolgung und Deportation bis hin zur Ermordung das Ende.


Operette als Flucht aus dem Alltag

Camila Ribero-Souza (Sopran), Siyabonga Maqungo (Tenor) und Robert Jacob am Klavier präsentierten Werke jüdischer Komponisten und Librettisten im Rahmen der Jüdischen Kulturtage im Rossini-Saal. Die Geschichte der Operette ist ohne jüdische Musiker nicht vorstellbar. Mitte des 19. Jahrhunderts hat sich die Operette in Wien und Paris etwa zeitgleich entwickelt - und das in eine französische, österreichische und ungarische Richtung. Der wohl bekannteste Name ist dabei Jacques Offenbach, Sohn eines jüdischen Kantors.
Die Geschichten, die in den Operetten erzählt wurden, hatten wie die Märchen immer ein gutes Ende. Das erkläre vielleicht auch, warum die Operette immer dann besondere Blütezeiten erlebte, wenn es den Menschen besonders schlecht ging. In der Operette konnten sie ihren Alltag vergessen.
"Die Csárdásfürstin" und "Gräfin Mariza", sie sind vielleicht die bekanntesten Werke des ungarischen Operettenkomponisten Emmerich Kálmán, der als Imre Koppstein, Sohn eines jüdischen Getreidehändlers, geboren wurde. Mit dem so genannten Anschluss Österreichs an Nazi-Deutschland musste Kálmán 1938 Wien verlassen, emigrierte über Paris in die USA, wo er weitere Werke schrieb. Viele jüdische Komponisten emigrierten damals, oder wurden verschleppt und ermordet. Die Nationalsozialisten verbannten alle Werke von Leo Fall, Edmund Eysler, Leon Jessel, Jean Gilbert, Oscar Straus, Kurt Weill, Ralph Benatzky, Robert Stolz von deutschen Bühnen.


Fachkundige Moderation

Nicht jedem gelang die Flucht. Für "Land des Lächelns" von Franz Lehár hatte Victor Léon 1923 die Urfassung geschrieben, die heute gängige stammt von Ludwig Herzer und Fritz Löhner-Beda. Alle drei Librettisten waren Juden, ihre Namen durften nicht mehr genannt werden. Léon starb 1940 in einem Wiener Versteck, Herzer gelang die Flucht nach Frankreich.
Die Sopranistin Camila Ribero-Souza und der Tenor Siyabonga Maqungo hatten ein abwechslungsreiches Programm für dieses Operettenkonzert zusammengestellt, das die Erinnerung an die großen Männer der Operette wach halten sollte. Zu hören waren die schönsten Lieder und Duette aus Jacques Offenbachs "Die schöne Helena", Emmerich Kálmáns Erfolgsoperetten "Gräfin Mariza" und "Die Csárdásfürstin" sowie aus Franz Lehárs "Giuditta". Mit wunderbaren ausdrucksstarken Stimmen bezauberten beide Sänger auf Anhieb. Die charmante Brasilianerin Camila Ribero-Souza überzeugte nicht nur mit ihrer einnehmenden Art, sondern auch mit einem lupenreinen klaren Sopran, der auch in den hohen Tonlagen keine Schwächen zeigte.
Bemerkenswert auch der Südafrikaner Siyabonga Maqungo, der mit einer wunderbaren Tenorstimme ausgestattet ist, die keine Wünsche offen ließ. Brillant begleitete Robert Jacob am Klavier die beiden Sänger und war auch als Solist mit der Ouvertüre zur Zigeunerliebe von Franz Lehár sehr beeindruckend. Bei der Zugabe "Lippen schweigen" aus Lehárs "Die lustige Witwe" kam richtig Gänsehaut-Feeling auf. Dank hervorragender Interpretation gelang es den drei Akteuren die Herzen der Zuhörer zu erreichen, was der üppige Applaus bewies. Welche Geschichten und Schicksale hinter den Erfolgsliedern stecken, verriet Hans-Jürgen Beck bei seinen fachkundigen detaillierten Moderationen. Trotz der furchtbaren Schicksale der musikalischen Koryphäen und jüdischen Mitbürger - ihre Melodien bleiben unvergessen!
 
Themen & Autoren / Autorinnen
Bad Kissingen
Jacques Offenbach
Komponistinnen und Komponisten
Kulturtage
Kunstwerke
Kurt Weill
Leo Fall
Librettisten
Operette
Oscar Straus
Sopranistinnen
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top