
Der Hammelburger Bürgermeister Armin Warmuth kennt das Problem aus eigener Erfahrung: Er wohnt im Hammelburger Stadtteil Diebach am Klingenbach, der am 5. Juni 2021 innerhalb weniger Minuten rasant anschwoll, weil es in Windheim und Dittlofsroda geschüttet hatte. "Bei solchen Ereignissen haben wir auch keine Vorlaufzeit", weist Warmuth darauf hin, dass lokale Starkregen kaum oder nur sehr kurzfristig vorhersehbar seien. Und Simon Herterich, Leiter des Sachgebiets Wasserbau und Gewässerentwicklung am Wasserwirtschaftsamt Bad Kissingen, verweist darauf, dass Sturzfluten fast überall Schäden anrichten können: "Das betrifft nicht nur die Täler, sondern kann auch an Hängen und auf Bergen auftreten." Umso wichtiger sei die Vorsorge.
Bislang nur für Modell-Kommunen
20 Modell-Kommunen aus ganz Bayern haben laut Herterich bereits Konzepte für ein Sturzfluten-Risikomanagement. Darunter ist im Landkreis Bad Kissingen der Markt Burkardroth. Auch Wartmannsroth und andere Gemeinden der Allianz Fränkisches Saaletal beschäftigen sich mit dem Thema. Der Hammelburger Stadtrat hat nun das Konzept konkret in Auftrag gegeben. Herterich schätzt die Kosten dafür auf rund 160 000 Euro, 75 Prozent davon übernehme das Wasserwirtschaftsamt .
"Es geht um Starkregen und Sturzfluten, weniger um Hochwasser", stellte Herterich bei der Beratung im Stadtrat klar. Das bekräftigte auch Bürgermeister Warmuth: "Das Problem sind eher kleinere Bäche als die Saale", wies er darauf hin, dass die Anwohner entlang der Flüsse oft bereits Vorkehrungen treffen, während Bürger an Gräben oder Straßen oft nicht auf plötzliche Überschwemmungen vorbereitet sind. Im Mittelpunkt stehe wild abfließendes Wasser, noch bevor es in Bächen und Flüssen lande. Deshalb müsse später bei Schutzmaßnahmen auch im Einzelfall geklärt werden, welche Behörde Zuschüsse gebe. Wenn es um die Renaturierung von Bächen gehe, könne es das Wasserwirtschaftsamt sein. Beim Ziehen von Gräben, Einschränkungen für die Landwirtschaft oder baulichen Maßnahmen seien andere Behörden gefragt. Herterich verwies auch darauf, dass es zu Interessenskonflikten kommen könne: Bei der Gefahr von überschwemmten Straßen seien zum Beispiel hohe Bordsteine oder erhöhte Haustüren sinnvoll, auch wenn die Barrierefreiheit darunter leide.
Herterich rief auch dazu auf, die Bevölkerung zu sensibilisieren: "Viele Kleinigkeit lassen sich während der Planung leicht umsetzen, danach wird es oft aufwändig." Als Beispiel nannte er Erhöhungen vor der Einfahrt vor Tiefgaragen oder Gefälle auf Gehwegen. Auch bei der Bauleitplanung könnten Kommunen bereits Vorkehrungen treffen, indem sie gefährdete Flächen frei lassen oder Auflagen machen: "Alles, was im Boden versickert, läuft bei niemandem mehr in den Keller", sagte Herterich.
In dem Konzept würden Gelände- und Abfluss-Modelle erstellt. Zudem würden die Gefahren beurteilt und priorisiert. Der Schutz von Krankenhäusern, Schulen oder Kindergärten habe natürlich Vorrang vor dem Schutz von Lagerhallen. Am Ende gebe es zwar keine Verpflichtungen aus dem Konzept, aber: "Wenn man nichts verbessern will, kann man sich das Konzept auch sparen." Auf Nachfrage bestätigte Herterich, dass die Kommune wenig Einfluss-Möglichkeiten auf private Flächen wie Äcker habe. "Am Ende muss es auch im Interesse der Landwirte liegen, Hotspots zu entschärfen", ist Bürgermeister Warmuth jedoch optimistisch, dass es Einigungen geben werde, wenn Gefahren identifiziert seien. CBB-Stadtrat Alexander Stolz verwies darauf, dass in den Weinbergen bereits vor Jahrzehnten bei der Flurbereinigung Gräben gezogen und Rückhaltebecken angelegt wurden.
Einstimmiger Beschluss
Eine weitere Maßnahme sei, dass die Stadt jemand benenne, der konkret für das Sturzflut-Management zuständig sei. Ob dieser "Kümmerer" beim Bauhof oder in der Verwaltung angesiedelt sei, müsse geklärt werden. Die Kommune sei zudem bei der Ermittlung der Grundlagen gefordert: Erfahrungswerte von früheren Überflutungen und Schwerpunkte seien hilfreich. Das Wasserwirtschaftsamt begleite den gesamten Prozess und steuere auch eigene Gewässerkarten bei. Angesprochen wurde im Gremium auch ein wiederholt diskutiertes Thema: eine Pflicht zum Bau von Zisternen bei Neubauten. Das sei allerdings nicht Inhalt des Sturzflut-Managements, verwies Herterich auf die Bauleitplanung. "Das ist ein längerfristiger Prozess, den wir nicht von heute auf morgen umsetzen können", gab Bürgermeister Warmuth einen Ausblick. Der Grundsatzbeschluss für das Konzept als Handlungsempfehlung fiel im Stadtrat einstimmig.