
Der Boom der Wohnmobilbranche in Corona-Zeiten hat Knaus Tabbert im vergangenen Jahr gute Zahlen beschert. Der Hersteller von Freizeitfahrzeugen mit dem Tabbert-Wohnwagenwerk in Mottgers erwartet in diesem Jahr sogar ein zweistelliges Umsatzplus - allerdings wird davon vor allem die Sparte der Wohnmobile profitieren.
Trotz der coronabedingten Produktionspause im April 2020 wuchs der Umsatz des seit September börsennotierten Unternehmens um zwei Prozent auf 795 Millionen Euro. Das bereinigte EBITDA, eine Kennzahl zur Beurteilung der Rentabilität eines Unternehmens, liegt mit 67,7 Millionen Euro mehr als vier Prozent über dem Vorjahr, teilt das Unternehmen mit. Die Dividende soll 1,50 Euro je Aktie betragen. Zu dem Unternehmen gehören neben Tabbert die Marken Knaus, Weinsberg, T@B, Morelo sowie die Vermietplattform "Rent and Travel".
Mehr höherpreisige Fahrzeuge verkauft
Interessant ist dabei, dass Knaus Tabbert das Umsatzwachstum gelungen ist, obwohl die Zahl der insgesamt abgesetzten Fahrzeuge um 1380 auf 24.350 gesunken ist. Dies liegt daran, dass erneut mehr höherpreisige Fahrzeuge wie (motorisierte) Wohnmobile und ausgebaute Kastenwagen an den Mann gebracht wurden als klassische Wohnwagen, wie sie unter anderem bei Tabbert in Mottgers vom Band rollen. Der Anteil der Wohnwagen am Gesamtausstoß liegt zurzeit noch bei etwa 26 Prozent. Der Absatz von ausgebauten Kastenwagen - etwa die im ungarischen Werk produzierten Modelle der Marke Weinsberg - erreichten hingegen einen Rekordwert. So verwundert es nicht, dass die Kategorie der "hochwertigen motorisierten Fahrzeuge" hauptsächlich für den hohen Auftragsbestand von 18.736 Fahrzeugen (Vorjahr: 13.072) verantwortlich ist, der dem Unternehmen ein beruhigendes Polster verschafft.
Trotzdem wird auch in Mottgers nach wie vor an den Grenzen der Auslastung gearbeitet. Hier liefen 2020 etwa 4200 Wohnwagen vom Band, darunter das Modell "Sport" von Knaus, das eigentlich am Stammsitz in Jandelsbrunn produziert wird. Zurzeit arbeiten in Mottgers 440 Mitarbeiter, weitere werden gesucht. In diesem Jahr werden dort rund 2,5 Millionen Euro investiert, unter anderem in Heizkessel, Dach und eine Lagerhalle.
Rund 65 Millionen Euro investiert
Insgesamt steckt Knaus Tabbert in diesem Jahr rund 65 Millionen Euro in seine Standorte, davon den Löwenanteil in eine neue Produktionsstätte in Ungarn, wo Kastenwagen produziert werden. Dank eines von 395 auf 640 Millionen Euro angewachsenen Auftragsbestandes und einer weiter hohen Nachfrage geht das Unternehmen davon aus, den Umsatz in diesem Jahr um 20 bis 22 Prozent steigern zu können. Das liefe auf 28.000 bis 29.000 Einheiten hinaus. CFO ( Chief Financial Officer ) Marc Hundsdorf jedenfalls sprach davon, dass "wir viele Jahre eines weiteren Wachstums vor uns haben". Hintergrund sind auch die Prognosen des Branchenverbandes, der von einem Wachstum des europäischen Marktes bis 2025 von jährlich im Schnitt 7,1 Prozent ausgeht. Der Heimatmarkt soll sogar um durchschnittlich 14 Prozent wachsen.
Mega-Thema E-Mobilität
Ein Mega-Thema der Branche wird in den nächsten Jahren die E-Mobilität sein - und Knaus Tabbert will ganz vorne mitmischen. Dabei geht es nicht nur irgendwann um das vollelektrisch betriebene Freizeitfahrzeug mit einer Reichweite von 600 Kilometern, sondern das Thema beginnt bereits viel früher, beim Leichtbau. Denn weitere Gewichtseinsparung muss die Basis dafür liefern, schwere Akkus aufnehmen zu können. Und um die Anhängelast der Zugfahrzeuge zu reduzieren, erwägt Knaus Tabbert die Entwicklung und den Einbau eines separaten Elektroantriebs in den Wohnwagen - auch da könnte Tabbert ein Innovationsführer sein.
Die Aktie
Die Aktie von Knaus Tabbert hat seit dem Börsenstart am 23. September 2020 rund 17,6 Prozent zugelegt. Zum Börsengang war ein Kurs von 58 Euro festgelegt worden. Nach Bekanntgabe der Geschäftszahlen stieg die Aktie gegenüber dem Vortag um 1 auf 68,2 Euro (+ 1,5 Prozent). Was der Freizeitfahrzeughersteller präsentiert hatte, beflügelte also offenbar die Fantasie der Börsianer . Seit dem Börsengang entwickelte sich das Papier bis auf einen Durchhänger am 11. November mit 55,40 Euro kontinuierlich nach oben.
Die Megatrends
Aktuelle Megatrends, von denen Knaus Tabbert profitieren will:
Regionaler Urlaub: Wohnortnahe Ferien werden beliebter, Massentourismus wird gemieden. Trend hin zu Wochenend- und Kurzurlaub.
Ältere Verbraucher: Die Menschen werden älter und bleiben länger aktiv. Wohlhabende Verbraucher bewegen sich auf das Schlüsselkundenalter von 45+ Jahren zu.
Sharing Economy: Den Nutzern ist der Zugang zu Freizeitmobilen wichtiger, als diese zu besitzen. Außerdem wollen sie stets die modernsten Produktversionen nutzen. Deshalb mieten viele lieber als zu kaufen.
Jüngere Verbraucher: Reisemobile werden bei Jüngeren beliebter, weil diese Individualisierung und Aktivität schätzen.
New Work: Da die Freiheit in der Ausgestaltung der Arbeit wächst, verwischen die Grenzen zwischen Privatleben und Beruf.
Innovation: Fahrzeuge erhalten neueste digitale Ausstattung.
Neo-Ökologie: Das ökologische Bewusstsein wächst. Urlaub mit dem Wohnmobil gilt als
umweltfreundlich. Alexander Gies