
Im Gegensatz zu vielen Menschen am Boden haben die direkt Betroffenen das Drama in der Luft wohl schlicht verschlafen. In der Nacht zum Samstag setzten sich zwei Eurofighter der Luftwaffe auf die Spur des Corendon Air-Flugs XC 5707 von Antalya nach Münster/ Osnabrück. Der Funkkontakt zu dem Airbus 320 mit 180 Menschen an Bord war abgerissen.
In diesem Fall greift der Notfallplan, der Ereignisse wie am 11. September 2001 in den USA verhindern soll. Gegen 2 Uhr meldete die zivile Luftraumüberwachung den Vorfall der Bundesluftwaffe. Da nicht auszuschließen ist, dass ein "Geisterflieger" von Terroristen gekapert wurde oder dass die Maschine andere Probleme hat, schickt die Luftwaffe in Fällen wie diesen eine "Alarmrotte" los. Das sind zwei Eurofighter Typhoon .
Für den südlichen Luftraum ist das Taktische Luftwaffengeschwader 74 in Neuburg an der Donau zuständig. Etwa zweimal im Monat, so ein Sprecher der Bundeswehr , müssen die Kampfjets in die Luft, um direkten Kontakt mit Maschinen aufzunehmen, die per Funk nicht mehr erreichbar sind.
Eurofighter in zweifacher Schallgeschwindigkeit
In der Nacht zum Samstag hatten die mit zweifacher Schallgeschwindigkeit fliegenden Eurofighter den Ferienflieger binnen weniger Minuten ungefähr über der Rhön erreicht. Viele Menschen in Unterfranken , Osthessen und Südthüringen wurden aus dem Schlaf gerissen, manche Zeugen berichten von klirrenden Gläsern.
"Ich dachte, ein Meteorit hat eingeschlagen", schreibt ein Nutzer auf einem Facebook-Kanal. Ein anderer glaubte, der Krieg aus der Ukraine sei nach Deutschland geschwappt. "Im ersten Augenblick war ich mir sicher: Das ist jetzt der Russe." Gerade der aktuelle militärische Konflikt in der Ukraine hat viele Menschen sensibilisiert; man kann sich vorstellen, wie der nächtliche Donnerschlag auf Menschen gewirkt haben muss, die aus der Ukraine geflohen sind.
Vis-á-vis mit dem Piloten
Nachdem die Eurofighter den Airbus erreicht hatten, verfuhren die Piloten nach dem Lehrbuch: Der eine Kampfjet setzte sich in größerem Abstand hinter den Passagierjet , der zweite Pilot steuerte seinen Typhoon neben das Cockpit des Airbus und versuchte, auf Sicht und per Funk Kontakt zu den Piloten aufzunehmen. Laut Bundeswehr gelang es sofort, die Funkverbindung auch zur Luftraumüberwachung wiederherzustellen.
Die Eurofighter flogen mit normaler Reisegeschwindigkeit zurück nach Neuburg; der Airbus landete planmäßig in Münster/Osnabrück. Warum der Funkkontakt abgebrochen war, ist bislang unklar. Die meisten Passagiere im Airbus dürften von dem nächtlichen Luftmanöver nichts mitbekommen haben.
Sowohl das Polizeipräsidium Unterfranken als auch die Bundeswehr berichten von dem Routinevorfall in ihren sozialen Netzwerken. Die Bundeswehr hat sich auf ihrem Twitter-Kanal sogar für die Schrecksekunde entschuldigt: "(...) Die EF flogen mit Überschallgeschwindigkeit (sorry für den Lärm), um das Flugzeug abzufangen."
600 Kommentare auf Facebook
Die Meldung des Polizeipräsidiums Unterfranken auf dessen Facebook-Kanal wurde von rund 600 Nutzern kommentiert. Mancher User ist mit der Erklärung von Polizei und Heer nicht zufrieden und meint, dass es wohl doch ein Erdbeben gewesen sein könnte. Das lässt sich leicht widerlegen: Die Aufzeichnungen der Bundesanstalt für Geowissenschaften zeigen keinerlei seismische Aktivität zu dieser Zeit in der Region.