
Nicht der Duft nach gebrannten Mandeln und Glühwein war das alles begleitende Thema dieses außergewöhnlichen Weihnachtskonzertes am Vorabend des Heiligen Abends. Ausnahmsweise waren es nicht Weihnachtsmann und Tannenbaum, die die festlichen Tage symbolisierten. Dieser besondere Weihnachtsabend im Rahmen des diesjährigen Kissinger Winterzaubers stand ganz im Zeichen von irischem Whiskey , dunklem Bier und der rauen irischen Küste.
Traditionelle irische Weihnacht
Das Tanz- und Musikensemble „Danceperados of Ireland“ luden die Besucher des Max-Littman-Saals auf ihrer „Spirit of Irish Christmas Tour“ dazu ein, mit ihnen zusammen die ganz besondere traditionelle irische Weihnacht zu feiern.
Die „Tanzwütigen“, so könnte man den Namen der Gruppe frei aus dem Englischen übersetzt deuten. Man sagt den Iren nach, sie könnten das Tanzen, Singen und Spielen einfach nicht sein lassen.
Ohne Play-Back
Dabei tretet die Gruppe aus Musikern traditioneller irischer Instrumente sowie jungen Tänzerinnen und Tänzern des traditionellen Stepptanzes mit einer ganz besonderen Mission an. Sie wollen ihre irischen Traditionen den Menschen näher bringen, und das echt, authentisch, original und vor allem ohne Play-Back.
Ein bisschen Schau gehört dazu
Die Musik ist echt, der Tanz ist echt, dafür stehen diese Künstler mit ihrem Namen. Doch ein bisschen Show gehört auch hier dazu, so wurde doch der ganze Abend mit kleinen, auf Leinwand gezeigten Einspielern begleitet, die passend zu den Musikstücken atmosphärische Bilder irischer Winterlandschaften zeigten oder uns die gar so fremden irischen Weihnachtstraditionen verbildlichten.
Archaisch anmutend
Der überaus sympathische, aus der Grafschaft Clare an der irischen Westküste stammende Akkordeonist Eimhin Liddy, der sich voll und ganz der Pflege der irischen Musik und der gälischen Sprache verschrieben hat und darüber hinaus als Musikdirektor der Danceperados of Ireland tätig ist, leitete auf Deutsch durch den Abend. Ihm oblag es, dem Publikum im fast ausverkauften Regentenbau die nicht selten aus vorchristlichen Zeiten stammenden und bisweilen archaisch anmutenden irischen Weihnachtstraditionen näherzubringen.
Toten Zaunkönig mitgeführt
So erzählte er über den Abend hinweg unter anderem von den sogenannten „Wren Boys“, junge Burschen, die mit geschwärzten Gesichtern, wilden Strohhüten und mit Lumpen bekleidet in der Nachbarschaft ihren Schabernack treiben. In alten Zeiten wurde noch ein toter Zaunkönig bei dem brutalen Treiben mitgeführt. Man erzählte sich, der kleine Vogel sei mit dem Teufel im Bunde.
Wilder Stepptanz
So makaber ging es an diesem Abend nicht zu, doch die Kapelle nahm nach jeder der unterhaltsamen und hochinteressanten Geschichten tief aus der irischen Kultur ihre Instrumente in die Hand und wunderschöne traditionelle irische Songs folgten. Und so war es beinahe klar, dass zu einem bestimmten Moment auch die Wren Boys mit dabei waren, auf die Bühne stiegen und mit wilden Strohhüten einen meisterhaft teuflischen Stepptanz hinlegten.
In Höchstgeschwindigkeit
Es begeisterte, was die jungen Tänzerinnen und Tänzer an diesem Abend präsentierten. Diese Kraft, Energie, Lebensfreude und sicherlich auch eine gute Portion irischer Stolz, die in jedem einzelnen Geklacker der Steppschuhe, in jeder Beinbewegung und in jedem Fußruck steckte, löste im Publikum wahre Begeisterung aus. Man konnte es kaum glauben, was man auf der Bühne sah, und man fragte sich bisweilen tatsächlich ungläubig, ob die in Höchstgeschwindigkeit getanzten Rhythmen nicht doch vom Band kämen.
Sentimentale Momente
Doch das Konzertprogramm bot auch genügend Platz für sentimentale Momente und für berührende Melodien der irischen Volksmusik. In diesen ruhigen, besinnlichen Augenblicken zog sich insbesondere ein Motto wie ein roter Faden durch den Abend: die leidvolle Geschichte der zahllosen irischen Auswanderer, die rund um die Welt verteilt das Weihnachtsfest weit weg ihrer Heimat und ihrer geliebten Familien verbringen müssen.
Flasche Whiskey ins Küchenregal
So erfuhren die Zuschauer, dass es in Irland noch heute guter Brauch ist, für die Verwandten fern ihres Zuhauses eine Flasche Whiskey ins Küchenregal zu legen. Erst, wenn der geliebte Freund, Bruder oder Onkel endlich wieder nach Hause kommt, wird die Flasche aufgestellt, geöffnet und gemeinschaftlich getrunken.
Und so finden sich bis heute tausende ungeöffnete Flaschen Whiskey liegend in den Küchenschränken der Iren in Gedenken an all jene, die rund um den Erdball verstreut am Weihnachtsfest mit der Familie auch dieses Jahr wieder nicht teilnehmen können.
Die Pubs sind voll
Doch nicht wenige Iren nehmen den weiten Weg zu ihren Familien gerade zu Weihnachten auf sich, und so sind die Pubs in den irischen Dörfern brechend voll, Whiskey und Bier fließen in Strömen. In den Pubs erklingen Jigs and Reels, die uns die Musiker der Danceperados auch mit nach Bad Kissingen gebracht haben. Und wo Jigs and Reels gespielt werden, da wird auch wie wild getanzt und das Leben gefeiert.
Spirituelle Angelegenheit
Die Danceperados of Ireland entführten das begeisterte Publikum in eine Zeit, als Irland noch ursprünglich und Weihnachten eine spirituelle Angelegenheit war. So war dieser Abend eine beeindruckende und lehrreiche Reise in die uns so fremde, doch trotzdem irgendwie herzliche und sehr liebenswerte Kultur des irischen Weihnachtsfestes.
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