Romantisch und revolutionär, die beiden Pole sollen ab Freitag in Bad Kissingen verbunden werden. Das hat sich Tilman Schlömp, der neue Intendant nach der Ära Kari Kahl-Wolfsjäger vorgenommen.
Dazu hat er bei den Alt-Revoluzzern „Ton, Steine, Scherben“ gewildert und es geschafft, mit der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen eines der besten Festivalorchester der Welt zu engagieren. Und das sind nicht die einzigen Höhepunkte der nächsten vier Wochen.
Wobei hier kein name dropping betrieben werden muss: Ja, Tilman Schlömp wartet Künstlern auf, die jeder kennt. Wie den Broadway-Star Ute Lemper, wie die TV-Diva Hannelore Elsner; oder die Stars des BBC Symphony Orchestra. Daneben aber holt er Stars auf die Bühne wie Omer Klein, die behandelt werden wie Geheimtipps, aber eigentlich schon lange keine mehr sind. Über Klein schrieb die Süddeutsche, er gehöre zum erlesenen Kreis der Meisterpianisten im aktuellen Jazz.
Es ist eine bunte Mischung, die Schlömps ersten Kissinger Sommer ausmacht: Jimi Hendrix taucht als Komponist ebenso auf wie Johann Sebastian Bach. Der Kantatengottesdienst zum Kissinger Sommer mit Bachs „Ein feste Burg ist unser Gott“ hat ebenso seinen Platz wie Nigel Kennedy, der als Punk an der Violine gilt.
Oder lassen Sie sich von „The“ Trio überraschen und erleben Sie, wie der Pianist und Komponist Volker Bertelmann alias Hauschka am Flügel agiert. Bertelmann hat mit 18 die Filmmusik für „Ein Fall für zwei“ geschrieben und dann die Revolution für sich ausgelobt. „Hauschka“ nannte er sich dann und entlockte den Flügeln bald mit Pingpongbällen oder Papieren unter den Saiten bislang unerhörte Töne. Hauschka arbeitet für den Film (Doris Dörrie) oder auch mit anderen Musikern, die längst im Mainstream angekommen sind (John Convertino vonCalexico). Es ist ziemlich revolutionär, was Schlömp da auf die Bühne des Kurtheaters holt.
Natürlich, im Kissinger Sommer bleibt's auch romantisch. Zum Beispiel mit Hilary Hahn, der makellosen Geigerin. Die junge Amerikanerin gab mit 15 ihr Beethoven-Debüt in Deutschland.
„Ich glaube, dass wir
jungen Künstlern eine ganz große Chance bieten.“
Harald Eggebrecht, Kritiker der Süddeutschen, versteigt sich fast in Liebeserklärungen, wenn es um ihren klaren, leichten und dennoch intensiven Ton geht, den sie der Geige entlockt. Hilary Hahn ist längst eine Größe, der Kissinger Sommer bleibt aber auch Steigbügelhalter für die Stars von morgen. Tilman Schlömp: „Ich glaube, dass wir jungen Künstlern eine ganz große Chance bieten, weil wir als Festival die Möglichkeit haben, die Aufmerksamkeit auf diese vier Wochen zu fokussieren.“Außerdem gibt es viele Termine für die Jugend.
Tilman Schlömp dazu: „Education meint bei uns nicht Erziehung oder Erklärung von Musik, sondern Mitmachen, ohne sich groß Gedanken über die Lebensdaten von Beethoven oder die richtige Konzertkleidung machen zu müssen.“ Und dazu gibt es im Kissinger Sommer unterschiedliche Projekte,wie das Schülerkonzert des Jack-Steinberger-Gymnasiums mit den Musikern des BBC Symphony Orchestras.
Als Dank verordnen die Stadträte Herrn Schlömp und seinem Team Einsparungen in Höhe von 400. 000 Euro vorzunehmen . Was mir fehlt sind die Proteste der Unterstützer des Kissinger Sommers. Ich habe Herrn Seehofer aufgefordert der Stadt Bad Kissingen seinen Unmut über die Sparmaßnahmen auszusprechen.