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Bad Kissingen
Kissinger Sommer: Ein Abend mit viel Amore
Giuseppina Bridelli und Matteo Pais haben italienische Liebeslieder geboten. So lässt sich die Sopranistin mit Cecilia Bartoli vergleichen.
Sopranistin Giuseppina Bridelli ist am Klavier von Matteo Pais begleitet worden.       -  Sopranistin Giuseppina Bridelli ist am Klavier von Matteo Pais begleitet worden.
Foto: Gerhild Ahnert | Sopranistin Giuseppina Bridelli ist am Klavier von Matteo Pais begleitet worden.
Thomas Ahnert
 |  aktualisiert: 19.07.2024 15:45 Uhr

Man kann es eigentlich nicht anders sagen: Das dritte Wandelkonzert des Kissinger Sommers 2023 war das Motto des Festivals pur: „La dolce vita“. Warum? Weil die Sopranistin Giuseppina Bridelli und ihr Begleiter am Klavier, Matteo Pais, einen bunten Mix aus italienischen Liedern sangen und spielten, von himmelhoch jauchzend bis zu Tode betrübt, von staatstragend bis lästerlich oder albern – also ein typischer italienischer Liederabend.

Und damit ganz anders als ein deutscher Kunstliedabend, bei dem vor allem verlassen, gestorben oder vereinsamt wird. Obwohl das natürlich auch in Italien passieren kann – auch in Liedern. Aber hier dominiert die Liebe, die flammende genauso wie die enttäuschte.

Bridellis Gesang ist ein Vergnügen

Giuseppina Bridelli singen zu hören, bereitet von Anfang an größtes Vergnügen, denn sie erinnerte sofort an Cecilia Bartoli . Nicht, dass man ihre Stimmen vergleichen könnte, denn die eine singt Sopran und die andere Mezzosopran. Und je höher und offener eine Stimme wird und werden muss, desto direkter, weniger geheimnisvoll, ein bisschen schriller wird sie.

Aber vergleichen kann man die beiden in ihrer herausragenden Intonationssicherheit und in der Beweglichkeit ihrer Stimmen. Auch Giuseppina Bridelli singt mühelos die verzwicktesten Koloraturen und unbequemsten Intervallsprünge, ohne den geringsten Eindruck von Schwierigkeit zu erwecken oder irgendwann auch einmal Luft holen zu müssen. Geatmet wird hinterher.

Pais muss im Schatten bleiben

Und sie ähneln sich in ihrem Zugang zu den Texten, die sie spielerisch mit ihrer Stimme in allen Abschattierungen und agogischen Möglichkeiten erzählend singt und auch gestisch erzählend singt. Dazu kommt auch bei ihr eine für italienische Sängerinnen erstaunliche Textverständlichkeit.

Matteo Pais musste qua Amt im Schatten bleiben. Als Begleiter italienischer Lieder hat man nicht allzu viel zu tun. Die italienischen Komponisten haben nie dazu tendiert, Begleitungen zu schreiben, die auch als Lieder ohne Worte genügend Substanz haben. Bei ihnen geht es um die harmonische Unterstützung, meist in Akkorden oder Akkorden, und um einen tragenden Rhythmus, oft im Sechsachteltakt – der immer erscheint, wenn alles nicht ganz so ernst ist.

Aber Matteo Pais holte aus seinem Part doch eine Menge raus durch eine prägnante dynamische Gestaltung und variable Klangfarben, die er in den Vorspielen anlegte. Und manchmal hörte man auch während des Gesangs ganz gezielt auf ihn und seine Lösungen.

In Bad Kissingen vertont

Natürlich war es eine Reverenz an Bad Kissingen , dass die beiden ihr Konzert mit Gioachino Rossinis „Mi langnerò tacendo“ eröffneten. Das ist ein Text von Pietro Metastasio, den Rossini mehrfach vertont hat, einmal davon in Bad Kissingen . Drei Versionen waren in das Programm eingestreut, die Giuseppina Bridelli je nach Begleitung enttäuscht, schnippisch oder drohend sang.

Die „Regata veneziana“ durfte nicht fehlen mit ihrem etwas dunkeln Dialekt und mit der begeisterten Magd Anzoleta, die ihren Momolo beim Gondelrennen auf dem Canal Grande anfeuert und dann feiert.

Krähendes Kleinkind

Daraus machte Giuseppina Bridelli ein köstliches Kleindrama in drei Akten aus Zuversicht, Nervosität, Glück und Stolz. Und im Hintergrund der brodelnde Regattabetrieb des Klaviers – eine wunderbare, höchst expressive Angelegenheit.

Und selbstverständlich gab’s auch die „Canzonetta spagnuola“, die Rossini geschickt rhythmisch und harmonisch in die spanische Klangwelt gesetzt hat und deren „Ay!“-Rufe nach jeder Zeile Giuseppina Bridelli genussvoll bis zum Abwinken zelebrierte. Und im „Chanson du bébé“ wurde sie zum penetrant nörgelnden, krähenden Kleinkind.

Wie die Bartoli

Gaetano Donizettis „Lamento per la morte di Bellini“ wurde zu einem Zeugnis des bedrückten Klagegesangs, sehr nachdrücklich und eindrucksvoll interpretiert. Aber schon wegen des verschwurbelten neoklassizistischen Textes hätte man das nicht gebraucht. Andererseits: Warum soll man sich so etwas nicht auch mal anhören.

Francesco Paolo Tosti war mit seinen „Quattro canzoni d’Amaranta“ vertreten. Bridelli und Pais machten hier deutlich, warum Tosti bei den italienischen Sängerinnen und Sängern so beliebt ist: er schrieb in elegantem Stil seine Musik passgenau in die Stimme. Bei Maria Malibrans „Rataplan“, dem berühmten Trommlerlied, demonstrierte sie die Überlegenheit der Menschen, die ein „r“ stundenlang rollen können.

Und bei Rossinis abschließender „Tarantella“ („La danza“) war sie wieder wie Cecilia Bartoli : bei dieser stimmakrobatischen Glanznummer scheuchte sie ihren Pianisten. Als Zugabe gab es Francesco Tostis schönstes Lied: „A Vuchella“.

 
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