"Kunst darf nicht auf einen Raum begrenzt sein", sagte Georg Katsouris - Bratschist beim hr-Sinfonieorchester . Das sahen Intendant Alexander Steinbeis und das Team um den Kissinger Sommer ähnlich. Erstmals gab es heuer einen Symphonic-Mob. Dabei musizierten Profis mit Laien unter Leitung des Stardirigenten Alain Altinoglu, auch, um das 175. Jubiläum der Saale-Zeitung zu feiern. Ein gewagtes Experiment? Stimmt. Aber mit was für einem Ergebnis!
Spontaner Wechsel der Location
Das Organisationsteam des Klassik-Festivals hat mit Alexander Steinbeis quasi den Erfinder des Symphonic Mobs an Bord. In Berlin hatte Steinbeis jahrelang die künstlerische Leitung des Deutschen Symphonie-Orchesters Berlin inne, dort gibt es das Format seit etwa zehn Jahren. Was im Großen funktioniert, gelang auch in Bad Kissingen . Etwa 300 Musiker spielten im Kurgarten auf.
Ursprünglich war geplant, die Veranstaltung im Innenhof des Luitpoldbads stattfinden zu lassen. "Wir haben wegen des Wetters spontan umdisponiert", sagte Steinbeis. Der Kurpark mit seinen Bäumen bot mehr Schatten. Verloren ging kein Teilnehmer.
Laien und Klassik-Profis - ist das noch Klassik?
Das Team des Kissinger Sommers, das den Mob wunderbar organisierte, lotste Verirrte in den Kurgarten. Ein Stilbruch mit den typischen Konzerten im Littmann-Saal? Für Steinbeis ist klar: "Der Symphonic-Mob ist pure Klassik. Klassischer gehts nicht!" Das Repertoire: Brahms , Dvorák, Bizet und Verdi. Zu schwere Kost für die Rhöner Laien-Musiker? Die Zweifel zerstreute bereits die Probe um 13.30 Uhr.
Profis treffen auf Laien
Ein fulminanter Auftakt, als Verdis "va pensiero" durch den Park hallte. Meister Alain Altinoglu am Dirigentenstock gab hie und da Anweisungen. Währenddessen harrten sowohl Profis und Laien geduldig unter der heißen Sonne aus.
Noten für jedermann
Geprobt hatte jeder. "Wir haben verschiedene Partituren, je nach Können der Musiker", erzählte Altinoglu. Vom Anfänger bis zum Profi, wie etwa die Hälfte der Mitglieder der Staatsbad Philharmonie Bad Kissingen - war alles vertreten. "Wir mussten auch üben", sagt Staatsbad-Posaunist Roman Riedel. Das lag allerdings nicht an den Profi-Partituren. Katsouris vom hr-Sinfonie-Orchester erklärte: "Musiker sind Leistungssportler und Übung macht den Meister. Da muss man dran bleiben."
Erstes Mal - sowohl für Orchestermitglieder als auch den Dirigenten
Für den Bratschisten war es - wie auch für Altinoglu - der erste Symphonic-Mob. "Alexander Steinbeis hat mich gefragt, ob ich mir das vorstellen könnte. Ich war sofort dabei", sagte der französische Star-Dirigent. "Klassik ist nicht nur für Reiche, sondern für jeden." Steinbeis fügte an: "Es ist auch ein Begegnungsprojekt - Laien treffen auf Profis, musizieren, tauschen sich aus. Das hat einen menschlichen Aspekt."
Der Symphonic-Mob: Bereicherung des Klassik-Festivals
Bei den Musikern kam das an. Zwischen Probe und Auftritt bildeten sich bunt gemischte Gruppen und tauschten sich aus. "Es ist toll und zu unterstützen, dass die Kultur so in die Stadt geholt wird", sagte Riedel. Einen Bruch mit dem gewohnten Kissinger Sommer sah Steinbeis nicht. "Die Idee ist überall gut angenommen worden. Und wir schränken unser Festival damit nicht ein, sondern bereichern es."
Zaungäste und ihre Wünsche
Das Experiment um 15 Uhr gelang mit einem wunderschönen, einmaligen Konzert . Die Zaungäste forderten eine Zugabe, es ertönte unter großem Applaus nochmals Verdi. "Es war super", konstatierte Altinoglu, gleich nachdem er mit der Saale-Zeitungs-Jubiläums-Mütze das Dirigenten-Podest verlassen hatte. Ob das der letzte Symphonic-Mob in Bad Kissingen war? Wohl kaum.
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