Jetzt also die Bamberger zum zweiten. Nach dem fulminanten Konzert mit Herbert Blomstedt am erste Wochenende des Festivals stand am Donnerstagabend Manfred Honeck am Pult des Orchesters.
Auch er ist beim Festival kein Unbekannter. Seit er 1987 seine Bratsche – bei den Wiener Philharmonikern – in den Schrank stellte und als Assistent von Claudio Abbado seine Dirigentenlaufbahn begann, war er schon bald zu Gast im Regentenbau und kehrte etwa alle drei Jahre zurück – mit den verschiedensten Orchestern.
Allerdings nie mit seinem Pittsburgh Symphony Orchestra , wo er seit 2008 Music Director ist – und es bis (mindestens) 2028 bleiben wird.
Lachen geht trotzdem
Im Max-Littmann-Saal begann er sein Konzert mit einem lauten Knall. Rossinis Oper „La gazza ladra“ („Die diebische Elster“) hält man ja gerne, schon des Titels wegen, für eine Opera buffa.
Aber das kann sie nicht sein, wenn ein Dienstmädchen wegen des Diebstahls eines silbernen Löffels zum Tode verurteilt und ihr Vater wegen Fahnenflucht steckbrieflich gesucht wird.
Aber man kann halt trotzdem auch lachen, und dafür gibt es den wunderbaren Kompromissbegriff „Opera semiseria. So wie „halbtrocken“ beim Wein.
Schlagartig senkrecht
Und so begann auch die Ouvertüre, die schon längst ein konzertantes Eigenleben führt. Mit einem derart krachenden, schneidenden Trommelwirbel, dass auch der Letzte im Saal schlagartig senkrecht auf seinem Stuhl saß. Und dann wurde erst einmal sehr zackig losmarschiert.
Aber Manfred Honeck ist ein Freund der starken Kontraste, und schließlich bediente Rossini nicht nur den seria-Aspekt, sondern auch den buffa-Aspekt in einem kontrastreichen Wechselspiel zwischen dem bedrohlichen, dröhnenden Tutti und leisen Kleingruppen.
Vor allem für die Bläser war das eine wunderbare Gelegenheit, sich zu zeigen und gute Laune zu verbreiten. Keine Musik mit größerem Tiefgang, aber ein lockernder Einstieg in ein Konzert .
Hornung hören lohnt sich
Maximilian Hornung war der Solist bei Joseph Haydns Berühmten Cellokonzert D-Dur. Er ist ja in gewisser Weise ein Bruder im Geiste von Manfred Honeck.
Denn er wurde mit 23 Jahren Solocellist im Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks , kündigte vier Jahre später aber wieder zugunsten einer solistischen und kammermusikalischen Karriere. Eine gute Entscheidung auch für das Publikum, denn so kann man ihn besser hören. Und das lohnt sich.
Er ist kein Darsteller großer Gesten, wenn er spielt, sondern ist ganz bei sich. Und er ist technisch derart souverän, dass er auch die schnellsten virtuosen Passagen nicht verhetzt oder verunklärt.
Dass er auch im schnellen Spiel nicht Töne wegreißt, um nur ja rechtzeitig bei den nächsten zu sein. Bei Maximilian Hornung hört man 100 Prozent des Konzert .
Nicht-Hektik beim Kissinger Sommer Konzert
Diese Nicht-Hektik ermöglicht Sanglichkeit und damit, auch und sogar in den Kadenzen, ein gutes Gegengewicht zur reinen Virtuosität – und damit ein wunderbares Gesamtergebnis.
Konnte man in den Ecksätzen das Virtuose genießen, war es im langsamen Mittelsatz, dem Adagio, die schönen, farbigen emotionalen Kantilenen.
Manfred Honeck machte ihm das Glänzen allerdings auch nicht schwer. Konzeptionell waren sich die beiden einig, aber das Orchester war sehr stark auf Begleitung eingestellt, war eher Weggefährte im Hintergrund als fordernder Partner.
Erst ganz zum Schluss verschwand das Cello als Klangfarbe im Orchester. Als Zugabe spielte Maximilian Hornung das Prélude aus Bachs Cellosuite Nr. 1 BWV 1007.
Neues entdeckt in Schuberts 8. Sinfonie
Und nach der Pause eine Stunde Franz Schubert mit seiner 8. Sinfone, die nicht ohne Grund die „Große C-Dur“ heißt. Nicht nur, weil es auch eine „kleine C-Dur“ gibt, sondern weil sie in hohem Maße das bietet, was Robert Schumann Schuberts „himmlische Längen“ nannte: also ziemlich viele Wiederholungen.
Das wäre nicht weiter schlimm gewesen, denn die Bamberger spielen gerne sehr konturenscharf, sodass sich nicht nur emotionale Aspekte, die es in Schuberts Themen in hohem Maße gibt, sondern auch kompositorische Linien sehr gut verfolgen ließen, dass die Impulse, die die Musik vorwärts treiben, erkennbar wurden.
Dass sich in dieser wirklich bekannten Sinfonie auch wieder Neues entdecken ließ und man sich auf viele Passagen freuen konnte.
Da gibt es ein Problem
Aber das Problem war, dass es Manfred Honeck hier in allen Sätzen mit den dynamischen Kontrasten ein wenig übertrieben hat, dass er sehr oft sehr laut wurde nach schnellen Crescendi. Was wollte er damit beweisen? Dass er noch zu den „Jungen Wilden“ gehört?
Außerdem ließ sich nicht jede seiner Entscheidungen aus der Partitur begründen wie etwa überraschende Zäsuren im Fluss des 3. Satzes. Und mitunter sank auch mit der Lautstärke die Spannung etwas ab, musste wieder befeuert werden. Trotzdem ein Erlebnis.
Die Sensation der Bamberger Symphoniker
Die große Sensation kam zum Schluss: Die Bamberger spielten eine Zugabe!!! Und zwar zum 60. Geburtstag von Anne-Sophie Mutter : das ein bisschen tüdelige Menuett aus Luigi Boccherinis Streichquintett E-Dur op. 11/5. Wer den Film „Ladykillers“ kennt, kennt auch diesen Ohrwurm.
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