
Das Omer Klein Trio aus Israel focht wacker gegen Luftfeuchtigkeit und Windböen an, bis sie, wie sie nach der Pause des Konzerts stolz verkündeten, den Regen vertrieben hatten. "Radio Mediteran" heißt die neue CD des Trios, das diese jetzt auf einer großen Deutschlandtour vorstellt. Und das war auch der Titel des Konzerts mit dem Untertitel "Eine musikalische Liebeserklärung an das Mittelmeer".
Die drei Musiker, die alle in der Nähe dieses Meeres aufgewachsen sind, auch wenn sie jetzt in Deutschland wohnen, wollen bewusst machen, dass für sie das Meer zwischen Europa, Asien und Afrika nicht nur ein Konflikt- und Krisenherd ist, sondern ein absolut faszinierender lebendiger Schmelztiegel unterschiedlichster Kulturen. Und dass sie es lieben in seiner Vielfalt.
So betonte Omer Klein schon mit dem Anfangstitel des Konzerts, der programmatischenEigenkomposition "Our Sea", dass für ihn und seine Kollegen das Verbindende in diesem Kulturraum dominiert. In seiner Musik bringt er das durch Einbeziehung unterschiedlichster musikalischer Einflüsse zum Ausdruck, immer wieder gibt es Anspielungen auf Klänge arabischen, türkischen, israelischen Ursprungs. "Our Sea" beginnt mit einem unbeschwerten kleinen Klaviersolo, swingend in der Tradition der Klassiker wie Thelonius Monk, zu dem sich Haggai Cohen-Milo mit seinem Bass und einem Synthesizer gesellt und Schlagzeuger Amir Bresler für den Abschluss eines wilden Schlusscrescendos sorgt.
"Tripoli" verweist auf einen wichtigen Ort am Mittelmeer und beginnt mit wuchtigen elektrischen Bassschlägen, einem hämmernden Klavier und einer kleinen elektrischen Trommel, worauf sich ein harter Funksound durchsetzt, bis der Synthesizer einen Verweis auf Folkloristisches bringt. Nach typisch swingendem Jazz Trio Sound mündet der Titelsong "Radio Mediteran" in ein raffiniertes wildes Klaviersolo von Omer Klein, das leise ausklingt und den Weg frei macht für ein wunderbar ruhiges, versonnenes Basssolo, das direkt übergeht in einen orientalisch angehauchten Sound, der durch immer lauter werdende Drums zu einem furiosen Schlussakkord geführt wird.
Nicht ganz am Mittelmeer
So ganz am Mittelmeer liegt Sofia ja nicht und "Sofia Baby" ist nach Kleins Ansage auch ein bulgarisches Volkslied, an dem sie alles verändert haben. Es begann mit einer sehr schönen langsamen Melodie, gefolgt von einer schnellen Variation, bevor das Ganze in eine ruhige Ballade mit einem ruhigen Basshintergrund mündete und in intimen kleinen Synkopen recht leise zu Ende ging.
In der Pause quälte sich die Sonne durch die Wolken über dem Hotelgarten; es wurde etwas weniger frisch und zum Beginn des zweiten Teils erzählte Omer Klein von einem Getränk, das alle Mittelmeerländer verbindet, dem Anisschnaps, der im Arabischen "Arak" heißt wie auch der nächste Titel. Er erinnerte in seiner Ruhe an coole Hintergrundmusik in Bars, bestach aber durch seine feinmaschig ziselierte Textur in Kleins Klavierpart. Auch "Solois" zeugte in seiner abwechslungsreich verdichteten Melodieführung von der pianistischen Klasse Kleins, während sich Amir Bresler in einem wilden Schlagzeugsolo so richtig virtuos und laut austoben konnte.
Allen Menschen in der Türkei sei der Titel "Protest" gewidmet, erläuterte Klein; der vom Synthesizer beigesteuerte Klang einer türkischen Flöte brachte viel Kolorit vom östlichen Mittelmeer in die Komposition. Der letzte Titel stammte nicht vom aktuellen Album, sondern von der zweiten CD des Trios, "Fearless Friday" und blieb mit seinem Thema "Yemen" im orientalischen Raum. Ein großes gezupftes Basssolo wurde von fast Bebop-artiger Hektik abgelöst, worauf sich Amir Bresler noch einmal an seinen Drums verausgaben konnte. Mit der Andeutung einer orientalischen Flöte vom Synthesizer wurde es überraschend leise, sodass man plötzlich die Zaungäste des Konzerts von den Balkonen hinter dem Garten hören konnte. Nach langsamem Neueinsatz am Klavier endete auch dieser Titel in markanten wilden Akkorden am Klavier, heftig unterstützt von Bass und Drums, was das Publikum zu großem Jubel und heftigem Applaus animierte.
Am Himmel zeigten sich zu diesem Begeisterungssturm die ersten blauen Lücken zwischen den Wolken, die weniger Wetterharten gaben die aus den umliegenden Hotels geholten Decken zurück und viele der Zuhörer begaben sich zum Brunch in die ehrwürdigen Speiseräume des Hotels Victoria.