Bei den Prognosen zur Bevölkerungsentwicklung der nächsten 20 Jahre gehört der Kreis Kissingen in Bayern regelmäßig zu den Verlierern. Dabei hat er zuletzt sogar zugelegt.
Auch bei der aktuellen Fortschreibung der regionalisierten Bevölkerungsvorausberechnung bis 2036 zählt der Kreis Kissingen zu jenem Viertel der insgesamt 96 Landkreise und kreisfreien Städte Bayerns, denen negative Tendenz attestiert wird. Dabei reiht sich der Bäderlandkreis wenigstens bei den Gebieten ein, denen eine „abnehmende“ Entwicklung vorhergesagt wird, was minus 2,5 bis minus 7,5 Prozent entspricht.
„Stark abnehmend“, also minus 7,6 Prozent oder schlechter, lautet die Prognose für fünf Kreise und die Stadt Hof im Nordosten Oberfrankens. Allerdings stellt sich selbst dort die Lage inzwischen längst nicht mehr so düster dar wie einst. Den größten Zuwachs, wie sollte es anders sein, setzt die Prognose für das Umland der Landeshauptstadt an. Die Bevölkerungszahl im Landkreis Dachau werde 15,5 Prozent steigen.
Minus von 5,9 Prozent erwartet
Von 103 100 Einwohnern Ende 2016 auf 97 000 Ende 2036 könnte die Bevölkerungszahl in Bad Kissingen und Umgebung zurückgehen, schätzt das Bayerische Landesamt für Statistik in seiner Prognose. Das entspräche einem Minus von 5,9 Prozent. Im Unterfrankenvergleich ist das ein mittlerer Wert. Für Rhön-Grabfeld (minus 6,8 Prozent), die Stadt Schweinfurt (minus 6,9) und den Landkreis Main-Spessart (minus 7,1) fällt die Prognose ungünstiger aus. Am besten, aber immer noch leicht im Minus, sind die Erwartungen der Statistiker für die Kreise Würzburg (minus 0,3) und Kitzingen (minus 0,4) sowie die Stadt Würzburg (minus 0,9).
Spannend wird die Vorhersage aus Bad Kissinger Sicht beim Blick auf Details. Wenn nämlich für die Entwicklung nur die „natürlichen Bevölkerungsbewegungen“, also Sterbefälle und Geburten, von Bedeutung wären, nähme der Bäderkreis in Unterfranken mit einem Minus von 12,3 Prozent den letzten Platz ein. Weil die Region aber mit 6,4 Prozent plus beim Vergleich von Zuzügen und Wegzügen Unterfrankenzweiter ist, stellt sich die Lage unterm Strich nicht so problematisch dar.
Die Stadt wächst durch Zuzüge
Zu verdanken hat der Landkreis das nicht zuletzt der Stadt Bad Kissingen. Die Große Kreisstadt legte nach eigenen Angaben beim Jahreswechsel im Vergleich zum Vorjahr um 367 auf 22 586 Einwohner zu. Das verhalf auch dem Kreis zu einem kleinen Zuwachs um 169 auf insgesamt 104 213 Einwohner.
Oberbürgermeister Kay Blankenburg führt für das Bevölkerungswachstum in der Stadt mehrere Gründe ins Feld. „Für eine Stadt dieser Größenordnung“ biete Bad Kissingen einfach „enorm viel“. Sicherheit, Kultur- und Freizeitmöglichkeiten sowie die ärztliche Versorgung sind aus seiner Sicht Faktoren, die da eine Rolle spielen. Angelockt werden dadurch fast schon traditionell Menschen, für die das ehemalige Weltbad ein attraktiver Altersruhesitz ist.
Für junge Familien interessant
Dass auch das Interesse junger Familien gestiegen ist, nach Bad Kissingen zu ziehen, bemerkt die Stadt nach Blankenburgs Worten zum Beispiel am Bedarf an Kindertagsstätten. Zurückzuführen sei diese Entwicklung auf interessante, zusätzliche Angebote auf dem Wohnungsmarkt, unter anderem in der ehemaligen Housing Area. Eine Rolle spiele vielleicht auch, dass der große Trend vom flachen Land hin zu den Zentren auch vor Ort im Kleinen eine Entsprechung finde.
Landrat Thomas Bold beobachtet Prognosen wie die aktuelle Fortschreibung der regionalisierten Bevölkerungsvorausberechnung nach eigenen Worten „sehr genau“. Der Landkreis nehme die Hochrechnungen ernst, sei sich aber gleichzeitig bewusst, dass sie lediglich „eine Momentaufnahme darstellen“. Dennoch sei der Kreis bemüht, Einfluss zu nehmen, damit „die Prognosen in dieser Form nicht eintreten“.
Dem Trend gegensteuern
Ziel des Landkreises sei, erklärt Bold, „der demografischen Entwicklung und dem bundes- und weltweiten Trend, dass ländliche Gebiete durch Wegzüge Einwohner verlieren, aktiv gegenzusteuern“. Der Kreis bemühe sich auf verschiedenen Ebenen darum, „die Attraktivität unserer Heimat zu steigern und diese zu vermarkten“. Als Beispiele nennt der Landrat die Standortkampagne des Kreises „oder, ganz aktuell, unsere JobBloggerin“.
Dass der Landkreis viel tut, um die Region so attraktiv zu machen, dass Menschen nicht wegziehen oder herziehen, bestätigt auch Thomas Hack, der Bürgermeister der kleinen Gemeinde Aura. Er berichtet, dass junge Leute zum Teil sogar wieder zurück kämen. Sie müssten aber auch gute Voraussetzungen vorfinden, um sich niederlassen zu können. Bauplätze würden dafür schon gebraucht.
Der Altersdurchschnitt steigt
Der bekannte Effekt, dass Stadt und Landkreis Bad Kissingen vom Altersdurchschnitt ihrer Bevölkerung her älter werden, ändert sich übrigens auch durch die Fortschreibung der Prognose nicht. Der Durchschnittskissinger war mit 46,3 Jahren schon Ende 2016 im Vergleich der Unterfranken der älteste. Nach den Prognosen des Landesamts für Statistik wird er es auch 2036 noch sein. Mit einem Durchschnittsalter von dann 49,6 Jahren. Der Anteil der Menschen mit 65 Jahren und mehr auf dem Buckel wird im selben Zeitraum noch einmal deutlich steigen.