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Untererthal
Skelette rund um die Untererthaler Kirche
Vermutlich bis in die 1810er Jahre lag der Untererthaler Friedhof mitten im Ort. Die Stadt hofft auf eine schnelle Lösung für die Neugestaltung.
Westlich der Untererthaler Kirche ist Archäologin Andrea Popp in nur 40 Zentimeter Tiefe auf Teile eines Skeletts gestoßen: Die untere Hälfte ist erhalten, der Oberkörper wurde vermutlich bei früheren Arbeiten zerstört. Ortsbeauftragter Bernd Hüfn...       -  Westlich der Untererthaler Kirche ist Archäologin Andrea Popp in nur 40 Zentimeter Tiefe auf Teile eines Skeletts gestoßen: Die untere Hälfte ist erhalten, der Oberkörper wurde vermutlich bei früheren Arbeiten zerstört. Ortsbeauftragter Bernd Hüfner (links) hofft, dass die archäologischen Funde die Neugestaltung des Platzes nicht weiter verzögern.
Foto: Ralf Ruppert | Westlich der Untererthaler Kirche ist Archäologin Andrea Popp in nur 40 Zentimeter Tiefe auf Teile eines Skeletts gestoßen: Die untere Hälfte ist erhalten, der Oberkörper wurde vermutlich bei früheren Arbeiten zerstört.
Ralf Ruppert
 |  aktualisiert: 29.05.2024 17:11 Uhr

Seit Jahren wird die Neugestaltung des Kirchenumfeldes im Hammelburger Stadtteil Untererthal geplant. Mittlerweile tut sich zwar einiges in der Ortsmitte, allerdings handelt es sich vorerst nur um archäologische Voruntersuchungen: An insgesamt acht Stellen haben Archäologin Andrea Popp und ihre Kollegen von der Bamberger Firma „Archäologische Dokumentation Scherbaum“ gegraben. Nur zwei sogenannte Schürfen blieben ohne Befund, an sechs Stellen haben die Experten Knochen oder Mauerreste gefunden.

Wie in den meisten Dörfern der Region wird auch der neue Untererthaler Friedhof bis heute als „Kirfich“, also Kirchhof, bezeichnet, berichtet Ortsbeauftragter Bernd Hüfner. Bis Anfang des 19. Jahrhunderts seien in Unterfranken die Toten im unmittelbaren Umfeld der Kirche begraben worden, berichtet Archäologin Andrea Popp.

Erst als die Region zu Bayern kam, seien in den 1810er Jahren Friedhöfe an den Ortsrand verlagert worden, zum einen aus hygienischen Gründen, zum anderen aus Platzmangel bei einer stark wachsenden Bevölkerung.

Keine Hinweise in den Archiven

Aufzeichnungen, wie die Änderung genau über die Bühne ging, also ob es ein sofortiges Verbot gab oder Familiengräber zunächst noch weitergeführt wurden, hat die Archäologin bisher keine gefunden. Auch Gräberlisten oder die Namen der Toten seien nicht überliefert.

Fest stehe nur, dass im Urkataster aus den 1840er Jahren kein Friedhof mehr rund um die Kirche verzeichnet ist.

Archäologin Andrea Popp sucht auch noch nach geschichtlichen Hinweisen aus den 1920er Jahren: 1925 erweiterten die Untererthaler ihre Kirche in Richtung Norden. Eine Seitenwand der früheren Kirche wurde abgerissen und ein neues Kirchenschiff mit deutlich mehr Plätzen angebaut.

Kirchenchor nach Norden hin ausgerichtet

Wegen der engen Bebauung ist deshalb der Chorraum nach Norden orientiert. In der Kirche ist die alte Ausrichtung mit Eingang im Westen unter dem Turm und Altar im Osten allerdings noch gut zu erkennen. Wie wurde 1925 mit Funden umgegangen? „Damals hat man auf so etwas nicht weiter Rücksicht genommen“, erzählt Andrea Popp.

Bei einer ersten Voruntersuchung gab es bereits vier Schürfen. Laut dem Ortsbeauftragten Bernd Hüfner wurden an einer Stelle Mauerreste, an zwei Stellen einzelne Knochen und an einer weiteren eine Knochengrube gefunden. Bei der vertiefenden Voruntersuchung gab es nun an zwei Stellen keine archäologischen Befunde, an zwei weiteren Stellen stieß das Team der Firma Scherbaum auf Skelette.

Östlich der Kirche liegen die obersten Gebeine 1,20 Meter tief, im Westen bereits rund 40 Zentimeter unterhalb der heutigen Oberfläche.

„Ganz normaler Dorffriedhof“

Sonstige Funde außer Knochen gab es bislang keine. „ Grabbeigaben sind auf christlichen Friedhöfen nicht üblich“, berichtet Andrea Popp. Es spreche alles dafür, dass es sich um einen „ganz normalen Dorffriedhof“ handle.

Mit Hilfe von Rammkernsondierungen haben die Archäologen zudem herausgefunden, dass der sogenannte Friedhofshorizont, also der von Menschen veränderte Bereich, bis rund 1,95 Meter unter die heutige Oberfläche reicht. Darunter sei der Boden unberührt.

Wie geht es nun weiter? Die Archäologen haben ihre Fundstellen sofort alle dokumentiert und wieder befüllt. „Wir suchen nach einer Lösung, wie wir nach den Regeln der Technik bauen und die Belange der Denkmalpflege berücksichtigen können“, fasst Stadtbaumeister Detlef Mohr die Aufgabe zusammen.

Geplant sei eigentlich gewesen, den kompletten Platz 60 Zentimeter tief auszugraben, um ihn von Grund auf neu anzulegen und das Pflaster so zu verlegen, dass es auch befahren werden kann.

Fläche wird vermutlich reduziert

„Wir müssen das technisch richtig machen“, sagt Mohr auch mit Blick auf zugesagte Fördermittel. Eine Möglichkeit wäre, vielleicht die ein oder andere Grünfläche zu streichen, aber auch das müsse mit Planern und Zuschussgebern abgestimmt werden.

Westlich der Kirche soll zudem möglicherweise ein Teil der Straße aus der Planung gestrichen und nicht neu gestaltet werden.

Ortsbeauftragter Bernd Hüfner hofft auch, dass insgesamt das Niveau des Platzes angehoben werden kann. In den vergangenen Jahrzehnten sei bereits der Fußboden der Kirche erhöht worden, aktuell gibt es am alten Kirchenportal noch eine Stufe nach oben.

Wenn der Platz von dort aus höher angelegt werde, könnten die archäologischen Funde möglicherweise unberührt im Boden bleiben. Zudem sollen bei sämtlichen Leitungen nach Möglichkeit bestehende Trassen und bereits früher aufgebaggerte Gräben genutzt werden. Auch entlang des in den 1920er Jahren neu gebauten Kirchenschiffes rechnet Hüfner mit keinen Funden im Boden.

Auf alle Fälle müsse die Gestaltung des Platzes archäologisch begleitet werden. „Wir müssen sehen, wie wir das auch finanziell gut hinbekommen“, kommentiert Bürgermeister Armin Warmuth das Projekt. Rund 600.000 Euro waren für die Neugestaltung vorgesehen. Die archäologischen Funde seien angesichts der langen Geschichte des Ortes keine große Überraschung. 

Viel mehr ärgert den Hammelburger Bürgermeister, dass die Diözese Würzburg ihre Beteiligung an der Neugestaltung  einfach gekündigt hat. Dadurch sei der Anteil der Stadt Hammelburg bereits jetzt größer als ursprünglich geplant.

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