
Das Smartphone ist aus unserem heutigen Alltag nicht mehr wegzudenken – kein Wunder, dass Kinder es auch nutzen wollen. Andererseits kommt Cyberkriminalität schon in der fünften Klasse vor.
Wir haben den Medienpädagogen Lambert Zumbrägel aus Würzburg, Sozialpädagogin Rabea Daniel von der Kommunalen Jugendarbeit des Landkreises Bad Kissingen und Polizeihauptmeister Florian Leimbach vom Polizeipräsidium Unterfranken gefragt, was Eltern beim Umgang ihrer Kinder mit Medien beachten sollten.
Wie alt sollten Kinder sein, wenn sie ihr erstes Handy bekommen?
Lambert Zumbrägel empfiehlt, Kindern unter zehn Jahren, nur wenn unbedingt nötig, ein Handy zu überlassen und wenn, dann allein zum Telefonieren. Kinder würden erst ab zwölf Jahren ein internetfähiges Gerät selbstständig überblicken können, „weil sich dann das abstrakte Vorstellungsvermögen entwickelt“.
Erst in diesem Alter können Kinder begreifen, wie viele Menschen ihren Beitrag im Internet sehen können, was also zum Beispiel der Begriff „Freunde von Freunden“ auf Facebook bedeutet.
Was sollten Eltern beim Einrichten des ersten Smartphones beachten?
Eltern sollten zusammen mit ihren Kindern das erste Handy einrichten, empfiehlt Rabea Daniel, denn hierbei können die Kinder viel über die Einstellungen lernen. Die Sozialpädagogin rät weiterhin:
- Gemeinsam mit dem Kind üben, bevor es ein eigenes Gerät bekommt und nicht ihm einfach das Gerät überlassen.
- Über Risiken sprechen, wie beispielsweise Fake News, Cybermobbing , Cybergrooming , Preisgeben von persönlichen Daten.
- Privatsphäre-Einstellungen erklären und über strafbare Inhalte wie Pornografie, Gewaltdarstellung und -verherrlichung, Bedrohung, Beleidigung reden.
- Kosten transparent machen und gegebenenfalls anfallende Kosten bei In-App-Käufen oder kostenpflichtige Apps besprechen.
- Eine Kinder-Suchmaschine für Recherchen nutzen.
Lambert Zumbrägel rät dringend dazu, eine Drittanbietersperre einzurichten, um sich über Werbeanzeigen keine kostspieligen Abos einzuhandeln. Eltern sollten das Passwort des eigenen WLAN-Routers nicht herausgeben und sich um den Virenschutz kümmern.
Auch Zumbrägel empfiehlt, mit den Kindern über alles zu reden: „Aber nicht kontrollierend, sondern wertschätzend, um eine Ahnung zu bekommen, wo sich das Kind online aufhält und wie es ihm damit ergeht.“
Welche Schutzeinrichtungen sind sinnvoll?
„Safety First: Jugendschutzprogramme sollten eine Ergänzung zur Medienerziehung sein“, sagt Rabea Daniel. Diese einzurichten koste Zeit und Geduld. Trotzdem solle darauf nicht verzichtet werden. „Mit zunehmendem Alter sollte die Kontrolle dem Vertrauen weichen. Denn Schutzmechanismen können auch schnell umgangen werden“, so Daniel.
Das sagt auch Lambert Zumbrägel: „Der beste Jugendschutz ist, die Kinder zu begleiten und zu signalisieren: Wenn dir irgendwas komisch vorkommt, kannst du zu mir kommen.“ Kinder sollten sich an ihre Eltern wenden können, ohne Angst zu haben, das Smartphone abgeben zu müssen.
Welche Regeln sollten zu Hause in Sachen Medien gelten?
Klare Regeln sollten nach Meinung der Experten gemeinsam aufgestellt werden und für die ganze Familie gelten. Welche das genau sind, ist sehr individuell und vom Familienalltag abhängig. Empfohlen wird:
- Kein Smartphone beim Essen und Spielen
- Handy nie neben das Bett legen; keine Anrufe nachts tätigen. Stattdessen lieber einen Wecker nutzen.
- Spiele und andere Inhalte nur nach der vorgegebenen Alterskennzeichnung nutzen.
- Respekt ist virtuell genauso wichtig wie real. Niemand darf beleidigt, belästigt oder bedroht werden.
- Neben der Mediennutzung sollte ausreichend Zeit für Schule, Hobbys und Familie bleiben.
Laut Rabea Daniel ist es sinnvoll, am Anfang die Smartphone-Nutzung und die Chats der Kinder zu kontrollieren. „Kinder sollten auch dazu ermutigt werden, nicht ständig erreichbar zu sein oder sofort antworten zu müssen. Manchmal ist es zudem hilfreich, wenn Kinder aus einer WhatsApp-Gruppe austreten.“
Zumbrägel empfiehlt Eltern , ihren Kindern zu erklären, worüber sie sich Sorgen bei der Mediennutzung machen und diese so zu formulieren, dass das Kind sie versteht. „Es ist eher die Frage, was mit dem Handy gemacht wird, als wie lange. Also ob das Kind daddelt oder etwas für die Schule macht. Ob es Schach spielt oder Online-Gemetzel.“
Wie viel Medienzeit wird pro Tag in welchem Alter empfohlen?
- Kinder unter zwei Jahren: kein Zugang zu Bildschirmmedien – auch keine audiovisuelle
- Anfangs die Bildschirmzeit sehr kurz halten und immer begleiten.
- Grundschulalter: maximal eine Stunde pro Tag als Richtwert. Nicht täglich Zeit am Bildschirm verbringen.
- Je älter die Kinder werden, desto länger darf die Nutzungszeit sein. Eine exzessive Nutzung sollte auch bei Jugendlichen nicht vorkommen.
- Allgemein sollte auf altersgerechte Inhalte geachtet werden. „Wichtiger als die exakte Einhaltung von Minutenangaben ist ein ausgewogener Tagesablauf“, sagt Rabea Daniel.
Was sollten Kinder beim Fotografieren oder Filmen beachten?
„Kindern sollte möglichst früh beigebracht werden, Personen vorher zu fragen, ob sie fotografiert werden wollen, auch im Privaten“, sagt Lambert Zumbrägel. „Erst recht, wenn das Foto veröffentlicht wird. Veröffentlichen heißt immer auch, Verantwortung zu übernehmen.“
Rabea Daniel: „Jeder hat das Recht auf Privatsphäre und Selbstbestimmung. Außerdem hat jede Person das Recht am eigenen Bild. Das bedeutet, dass jeder selbst entscheiden kann, ob ein Bild von ihm in irgendeiner Art und Weise veröffentlicht werden darf.“
Das bestätigt Florian Leimbach vom Polizeipräsidium Unterfranken : „Sollten auf dem Foto Personen zu sehen sein, die dieser Veröffentlichung nicht zugestimmt haben, so darf dieses nicht veröffentlicht werden.“ Des Weiteren können veröffentlichte Bilder, auf dem das Kind selbst zu sehen ist, von anderen verwendet werden und so möglicherweise für das Kind nachteilig sein.
Was tun, wenn dem Kind ein Nacktbild geschickt wurden?
Florian Leimbach: „Sollte ein Kind durch eine andere Person, egal ob Kind oder Erwachsener, ein Nacktbild zugesandt bekommen, so gilt als erste Regel: nicht weiterschicken!“ Der Versender eines Nacktbildes mache sich strafbar, auch wenn das Bild keine bekannte Person zeige. „Das Verbreiten von Bildern mit pornografischem Inhalt ist strafbar“, so Leimbach weiter.
„Wenn einem Kind ein solches Bild zugesandt wurde, gehen Sie zusammen mit dem Kind zu der für Sie zuständigen Polizeiinspektion und bringen dies zur Anzeige. So kann eine weitere Verbreitung des Bildes, vor allem in Klassen-WhatsApp-Gruppen, möglicherweise schnellstmöglich unterbunden werden.“
Auch Eltern sind in der Pflicht
Eltern sollten auch das eigene Medienverhalten reflektieren, empfiehlt Rabea Daniel. Viele seien sich nicht bewusst, wie viel Zeit sie täglich Internet, Fernsehen oder Smartphone benutzen.
„Medienerziehung ist eine herausfordernde Daueraufgabe, denn Dienste und Games entwickeln sich stetig weiter. Eltern sollten ehrliches Interesse und Verständnis zeigen“, betont die Sozialpädagogin.
Hilfreiche Links:
- Auf mediennutzungvertrag.de können Regeln zwischen Eltern und Kindern festgelegt werden.
- Klicksafe.de gibt Eltern Tipps und Infos zur Medienerziehung.
- Beim Elternratgeber „Schau Hin! Was Dein Kind mit Medien macht“ gibt es eine kostenfreie Möglichkeit für Eltern , sich medienfit zu machen .
- Kinder-Suchmaschinen sind zum Beispiel: fragFINN , Helles Köpfchen , Seitenstark , Blinde Kuh und das Online-Lexikon für Kinder KiwiThek .
- Bei medien-kindersicher.de gibt es Schritt-für-Schritt-Anleitungen für Schutzmaßnahmen.
- Die Seite der Polizeiberatung gibt Tipps zum Umgang mit Gefahren im Internet.