Seit dem 1. April gilt das Cannabisgesetz (CanG). Dies hatte sich erst am 27. März entschieden, als die Bundesratspräsidentin Manuela Schwesig (SPD) in Vertretung des Bundespräsidenten das Gesetz unterschrieben hatte. Die Öffentlichkeitsarbeit zu diesem Thema ließ sich leider nicht bei der Polizei vor Ort erfragen – dies hat die Pressestelle der Polizei Unterfranken übernommen.
Sie klärt Fragen, die manche vielleicht noch im Kopf haben.
- Wie kann die Polizei sich in so kurzer Zeit auf ein neues Gesetz vorbereiten?
- Wo darf nicht gekifft werden?
- Wie kontrolliert die Polizei außerhalb des Straßenverkehrs?
- Wie genau nimmt es die Polizei?
- Was gilt beim Autofahren?
- Das sagt die Staatsanwaltschaft Schweinfurt
Wie kann die Polizei sich in so kurzer Zeit auf ein neues Gesetz vorbereiten?
Die Antwort von Pressesprecher der Polizei Unterfranken, Maximilian Basser, fasst zusammen: eigentlich gar nicht.
„Aufgrund der Kurzfristigkeit der Gesetzesumsetzung wird sich die Art und Weise der zukünftigen Kontrolltätigkeit jedoch in diesem speziellen Fall im täglichen Dienstgeschehen entwickeln“, sagt er. Schulungen und Fortbildungen zählten hier dazu.
Für eine Bilanz zum Start des Gesetzes fühlt die Polizei Unterfranken sich bisher noch nicht bereit, auch ein Stimmungsbild möchte sie nicht abgeben.
Wo darf nicht gekifft werden?
Basser betont, dass der Schutz von Kindern und Jugendlichen für die Polizei hohe Priorität hat. „Präventive Kontrollen sind auch im Interesse des Wohlergehens junger Menschen weiterhin notwendig“, sagt er.
In Sichtweite (100 Meter) von Schulen, Spielplätzen, Kinder- und Jugendeinrichtungen sowie öffentlich zugänglichen Sportstätten, darf nicht gekifft werden. Wer näher als 100 Meter dran ist, muss also um die Ecke gehen, um zu kiffen. Auch in Anbauvereinigungen und in Sichtweite von Anbauvereinigungen darf kein Gras konsumiert werden. In Fußgängerzonen ist es zwischen sieben und 20 Uhrverboten. Einen Eindruck, wo Konsumenten aus dem Landkreis Bad Kissingen aufpassen sollten, findet sich auf der Website bubatzkarte.de.
Wie kontrolliert die Polizei außerhalb des Straßenverkehrs?
Bei den Kontrollen arbeitet die Polizei eng mit den benachbarten Behörden zusammen. "Die bewährte Zusammenarbeit wird auch im Bereich des Cannabisgesetzes fortgesetzt werden", heißt es.
Die Kontrolle der gesetzlich einzuhaltenden Radien würden durch die Polizei Unterfranken stets im Einzelfall geprüft. "Dies ergibt sich aus dem Erkennen von konkreten Gefahrensituationen, ob ein Verstoß vorliegen könnte." Im Zweifelsfall müssten auch Messungen vorgenommen werden.
Wie genau nimmt es die Polizei?
Der Besitz von 25 Gramm Cannabis im öffentlichen Raum ist nun straffrei, insgesamt sind es 50 Gramm. Man darf also 25 Gramm mit sich tragen und 25 Gramm zu Hause haben. Doch kann es sein, dass die Polizei diese Regelung streng auslegt und bei jedem Fund gleich überprüft, ob nicht auch zu Hause noch mehr Gras versteckt ist, das über die 25 Gramm hinausgeht? Das scheint unwahrscheinlich, wie Basser erklärt: Bei „einschlägigen Feststellungen“ werde nicht ohne weiteres ein Ermittlungsverfahren eingeleitet.
Ein anderer Punkt ist dieser: Alle, die seit dem 1. April Gras rauchen, haben dieses weder von Cannabisclubs, die erst ab Juli anbauen dürfen, noch haben sie selbst innerhalb eines Tages eine Pflanze legal erworben und geerntet. Das Gras kommt also vom Schwarzmarkt. Hier scheint die Polizei ebenfalls keinen strengen Kurs fahren zu können: Es gibt eine Amnestie auf vergangene Straftaten, etwa den Kauf auf dem Schwarzmarkt. Hier kann die Polizei nicht vorgehen.
Was gilt beim Autofahren?
Derzeit gibt es einen Grenzwert von einem Nanogramm THC pro einem Milliliter Blut. Eine unabhängige Expertengruppe schlug nun den neuen Grenzwert von 3,5 Nanogramm vor (=0,2 Promille Alkohol). Bei häufigerem Konsum können die THC-Konzentrationen jedoch trotz zeitlichem Abstand über dem Grenzwert liegen, ohne jedoch nachweislich beeinträchtigt zu sein.
Daher wird vorgeschlagen, dass Speicheltests mit hoher Empfindlichkeit als Vorscreening zum Nachweis des aktuellen Konsums erforderlich sind.
Das sagt die Staatsanwaltschaft Schweinfurt
Die Cannabis-Teillegalisierung bietet auch für die Staatsanwaltschaften neue Herausforderungen. Dies hängt damit zusammen, dass Personen, die nach altem Recht noch bestraft wurden, jetzt rückwirkend nicht mehr beziehungsweise weniger bestraft werden.
Auf Anfrage an die Staatsanwaltschaft Schweinfurt beschreibt es Oberstaatsanwalt Reinhold Emmert wie folgt: „Die Rückwirkung der Teillegalisierung begründet einen immensen Aufwand. So mussten circa 1.300 Verfahren händisch über die EDV beziehungsweise anhand der Akten dahin überprüft werden, ob von Amts wegen Änderungen veranlasst sind.“ Diese Verfahren habe man zuerst identifizieren müssen.
560 Fälle neu bewerten
Doch wie viele Fälle in Vollstreckung mussten neu bewertet werden? „Nach dem Ergebnis der Überprüfung sind die Neuregelungen in circa 560 Fällen von Bedeutung.ׅ“ Dies führe zum Beispiel dazu, dass eine rechtskräftige Verurteilung nicht (weiter) vollstreckt werden dürfe.
Die Prüfung habe die Staatsanwaltschaft bereits zu großen Teilen abgeschlossen. Emmert gibt zu jedoch zu bedenken: „Allerdings gibt es sogenannte Mischfälle, in denen Personen wegen jetzt legalem Verhalten und gleichzeitig wegen nach wie vor strafbarer Taten (z.B. Betrug) verurteilt worden sind. In solchen Fällen müssen die seinerzeit verhängten Strafen in gesonderten Verfahren ermäßigt werden.“ Dieses Verfahren werde sich aus seiner Sicht über viele Monate hinziehen. Welche genauen Kosten dadurch entstehen? Dazu gebe es keine belastbaren Zahlen.