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Garitz
Keine Leiche ist auch nicht lustig
Eine ziemlich durchgeknallte Gesellschaft sorgt für Bombenstimmung auf dem Garitzer Kreuzfahrtschiff.
Wer könnte das gewesen sein? Unser Bild zeigt von links Gertrud Kessler, Christian Rüth, Thomas Leiner, Monika Koch, Steffi Wegmann und Katharina Bauer. Fotos: Werner Vogel       -  Wer könnte das gewesen sein? Unser Bild zeigt von links Gertrud Kessler, Christian Rüth, Thomas Leiner, Monika Koch, Steffi Wegmann und Katharina Bauer. Fotos: Werner Vogel
| Wer könnte das gewesen sein? Unser Bild zeigt von links Gertrud Kessler, Christian Rüth, Thomas Leiner, Monika Koch, Steffi Wegmann und Katharina Bauer. Fotos: Werner Vogel
Werner Vogel
 |  aktualisiert: 19.08.2022 19:35 Uhr
Das gibt so wohl nur in Garitz. Offensichtlich besteht im Stadtteil am See ein schier unstillbarer Hunger nach leichter Unterhaltung, nach niveauvoller leichter Unterhaltung um es zu präzisieren.
Das ist beim Fasching so und das lässt auch den Theaterabend des SV Garitz zu einem Riesenerfolg werden. Dabei greift man gerne auf die Tradition oberbayerischer Theatergasthöfe zurück, wo gutes Essen einfach zum Gesamterlebnis Theaterbesuch dazu gehört. So sitzt man auch in Garitz an Tischen. Der Schoppen ist günstig, die Speisekarte beachtlich, die Bedienungen sind flott, und die Küche schafft es, die meisten Wünsche zu erfüllen, bis der Gong ertönt.
Man ist schon hochgestimmt als sich der Vorhang öffnet. Erster anerkennender Beifall für den mondänen kleinen Schiffssalon, den Kulissenbauer Reinhold Dörschmidt stilsicher aufgebaut hat. Und wenn dann so nach und nach der Vorsitzende, die Nachbarin von nebenan, oder die Cracks vom BTC erscheinen, ist ihnen schon mal Auftrittsapplaus sicher.


Restlos ausverkauft

Die Schiffsbar ist gut bestückt und am Tresen tummelt sich ein illustres Völkchen mit allerlei Macken. Möchtegern-Playboys sind darunter, Wichtigtuer und Machos, aber auch Emanzen, Zicken und Schrullen. Durchwegs sonderbare Käuze. Wie im richtigen Leben halt, nur leicht überzeichnet, wie es das Theater machen darf.


Bewährtes Rezept

Das Rezept für "Eine Leiche für Margarete", ist nicht neu. Autor Hans Schimmel weiß, dass Krimis immer ziehen. Er mischt dazu flotte Sprüche, schon mal unter der Gürtellinie, ausgefallene Typen und eine gehörige Portion Klamaukm, schon ist sie fertig, die Kriminalkomödie. Hintersinniges à la Professor Boerne und Kommissar Thiel vom Tatort aus Münster darf man da freilich nicht erwarten. Aber was die Garitzer auf der Phoenix, so heißt das irre Schiff, an Witz rübergebracht und an schrägen Typen auf die schwankenden Bretter geschickt haben, das hat den rund 400 Zuschauern im restlos ausverkauften Saal Riesenspaß gemacht.
Besucherin Ingeborg Reuß findet in der Pause die Atmosphäre familiär und die Typen einfach getroffen und Anita Klauda formuliert es so: "Wenn eine Katharina Bauer im schrillen Fummel auf die Bühne kommt, da schmeißt du dich einfach weg".


Traumschiff als Alptraumreise

Die Theatergruppe des SV Garitz spielt ja nur bei besonderen Gelegenheiten. Das 120-jährige Bestehen des Sportvereins ist so ein Anlass, aber wer aus einem Fundus von Mimen schöpfen kann, die im Fasching ihre Eignung als Komödianten auf der Bühne bewiesen haben, der kann das schon mal wagen. Vorsitzender Thomas Leiner hat sich mit Reinhold Dörschmidt einen bewährten Theaterfreund und mit David Rybak einen schon von Berufswegen mit vielen öffentlichkeitswirksamen Wassern gewaschenen Macher an seine Seite geholt. Was die Drei und ihre Truppe - Flo Keßler als Souffleur, Manfred und Tobias Alles für Ton und Licht,
Barbara Götz und Silvia Schäfer für gutes Aussehen - aus der lustigen Seefahrt gemacht haben, das strapaziert,wenn man sich an die Headset-Mikros mal gewöhnt hat, die Lachmuskeln und sorgt für Heiterkeitsausbrüche.


Dramatische Seefahrt

Eine Seefahrt ist lustig? Dass sich Passagiere hier, wo die Feinen und Reichen unter sich sind, wo miteinander gekämpft, gesoffen und gestritten wird, schon mal in die Haare geraten, kommt zwar vor, mit einem Mord konnte Kapitän Hacker (Thomas Leiner als elegante Erscheinung im Stil eines Sascha Hehn vom Traumschiff) allerdings nicht rechnen. Dass die Leiche kurz darauf auch noch verschwindet, ist genau das richtige Szenario für Bordköchin, Margarete, Paraderolle für das Garitzer Urgestein Monika Koch, die der mit bescheidenen Kochkünsten ausgestatteten, aber pfiffigen "Ermittlerin" unverwechselbares Profil gibt.


Köstliche Momente

Als geübte Krimileserin, mit Faible für Massenmörder fühlt sie sich geradezu berufen, diesen Fall zu lösen. Assistiert von der Schiffsärztin (Ingrid Baier), die mit beachtlichen Mengen von Alkohol leicht schwankend ihre Instrumente desinfizieren muss. Szenenapplaus auch für Gertrud Kessler, wenn sie als resolute Hiltrud mit einem Arm voller Flaschen die Schnapsvorräte in ihrem kleinen Salon wieder auffüllt. Köstlich auch die Auftritte der Metzgermeisterswitwe (Katharina Bauer) aus der Kategorie der Möchtegern-Adeligen mit Frau von Maierstein (stilvoll galant Maria Schönlein), die eher verarmtem Adel zuzurechnen ist. Christian Rüth als überkandidelter Rübenich will jedoch von beiden nichts wissen: Seinen Traum hat er auf der Queen Mary gefunden.
Das Bordleben gleicht einem Kriegsschauplatz, wenn die temperamentvolle Steffi Wegmann als streitbare Feministin Beate Ohse auf den Erfolgsautor Rocky Ricks trifft, der "ohne Sex und Alkohol, die längste halbe Stunde seines Lebens" nur knapp überstanden hat. Matthias Scheit als blasierter Macho im Geschlechterkrieg ist die Entdeckung des Abends. Zum Schluss verdächtigt jeder jeden, bis feststeht dass es gar keine Leiche gibt, und Margarete den Tatort Garitz aufgeklärt hat.
 
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