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Großwenkheim
Kein Strom und Wasser: Ein Unterfranke über das Winterchaos in Texas
Es ist der härteste Wintereinbruch seit 120 Jahren in Texas: Wie der gebürtige Großwenkheimer Manfred Hornung und seine Familie die Eiszeit in den USA erleben.
An einem Zitrusbaum  bilden sich Eiszapfen, die von einer Sprinkleranlage stammen, die die Bäume vor den eisigen Temperaturen im US-Bundesstaat Texas schützen sollen. 
Foto: Delcia Lopez, dpa | An einem Zitrusbaum  bilden sich Eiszapfen, die von einer Sprinkleranlage stammen, die die Bäume vor den eisigen Temperaturen im US-Bundesstaat Texas schützen sollen. 
Julia Back
 |  aktualisiert: 15.07.2024 09:43 Uhr

Am Mittwoch bedeckt nur noch eine dünne Schicht Schnee die Blätter der Palme in Manfred Hornungs Vorgarten. Seit 25 Jahren lebt der gebürtige Großwenkheimer (Lkr. Bad Kissingen) nun in Clear Lake, einem Vorort südlich von Houston in Texas, aber einen solchen Winter hat er dort noch nie erlebt. Und während er auf dem Armand-Bayou-Fluss, der an den Häusern auf der anderen Straßenseite vorbei fließt, normalerweise seine Runden im Kanu dreht, schwimmen dort nun Eisbrocken.

Strom und Wasser sind für viele ausgefallen

In den USA tobt gerade ein heftiger Wintersturm, in sieben Bundesstaaten wurde der Notstand ausgerufen – Texas ist einer von ihnen. "Wir hatten noch sehr viel Glück in unserer Nachbarschaft, weil wir nahe am warmen Wasser wohnen", erklärt der 62-Jährige. Die Verwandtschaft seiner Frau in den nördlicher gelegenen Städten Dallas und Fort Worth habe es schlechter getroffen: "Dort gibt es schon seit längerem keinen Strom mehr und die Temperaturen lagen zeitweise bei Minus 17 Grad Celsius. Sie haben dann ein Zelt im Wohnzimmer aufgebaut und am Kaminfeuer gecampt."

In Clear Lake wurde in der Nacht von Montag auf Dienstag mit Minus neun Grad Celsius ein Temperaturrekord gezählt. Seit Dienstagabend haben auch die Hornungs keinen Strom mehr, seit Mittwochmorgen kommt nur noch ein dünner Rinnsal aus dem Wasserhahn. "Das kann auch noch ein paar Tage so bleiben", schätzt der Unterfranke die Lage ein. Und nicht nur den Vorort hat es getroffen. In Houston, der viertgrößten Stadt Amerikas, geht es vielen der über sieben Millionen Bewohner ähnlich.

Schnee im Sonnenstaat Texas: Der gebürtige Großwenkheimer Manfred Hornung lebt seit 25 Jahren in den USA. So einen Wintereinbruch wie momentan hat er dort noch nie erlebt.
Foto: Manfred Hornung | Schnee im Sonnenstaat Texas: Der gebürtige Großwenkheimer Manfred Hornung lebt seit 25 Jahren in den USA. So einen Wintereinbruch wie momentan hat er dort noch nie erlebt.

Bei den Hornungs steht nun der Campingkocher in der Küche, im Wohnzimmer lodert das gasbetriebene Kaminfeuer. Während seine beiden 19- und 20 Jahre alten Töchter auf dem Universitätscampus in der texanischen Hauptstadt Austin gut versorgt sind und mit ihren Freunden Schlitten fahren, wartet Manfred Hornung mit seiner Frau Stephanie und dem 16-jährigen Sohn Lucas nun zuhause weiter ab. Schulen und die meisten Betriebe sind geschlossen. Schnee und Eis haben alles lahmgelegt.

"Das Wetter, das hier herrscht, hast du in Deutschland drei Monate lang."
Manfred Hornung aus Großwenkheim über den Wintereinbruch in Texas

Auch im Johnson Space Center der NASA, wo der Ingenieur für Boeing an der Internationalen Raumstation ISS arbeitet, ist momentan der Betrieb eingestellt. "Sie haben im ganzen Gebäude den Strom abgestellt, weil der noch funktionierende Strom für die kritische Infrastruktur, wie beispielsweise die Krankenhäuser gebraucht wird", erklärt er. Nur eine kleine Einsatztruppe hält im Mission Control Center mit Notfallaggregaten ausgestattet die Stellung – schließlich muss die Internationale Raumstation weiter überwacht werden.

Minusgrade kennt man in Texas nicht

"Texas erlebt den härtesten Winter seit 120 Jahren", erklärt seine Frau Stephanie Hornung. Minusgrade? Das sei man dort einfach nicht gewohnt. Februar ist auch in Texas mit der kälteste Monat im Jahr, aber normalerweise hätte es dort nun an die 15 Grad Celsius. "Für mich sind diese Temperaturen ja ok. Das Wetter, das hier herrscht, hast du in Deutschland drei Monate lang", sagt der 62-Jährige. "Ich wundere mich nur, dass hier alles zusammenbricht."

Die Windräder sind eingefroren, Erdgaspumpen ausgefallen, es gibt weder Frostschutz noch Schneeräummaschinen, sagt der gebürtige Unterfranke. Während andere Bundesstaaten mit dem Wintereinbruch zurecht kämen, sei man im warmen Texas damit überfordert.

Und nachdem es gerade mit zwei Grad Celsius etwas wärmer geworden war, soll es in den nächsten Tagen weiter schneien. Ohne Strom müssen dann vielleicht auch die Hornungs ihre Betten vor dem Kaminfeuer im Wohnzimmer aufschlagen. "Für einen Tag habe ich den Schnee ja genossen, aber jetzt reicht es", so der Deutsche. "Beim Segeln in der warmen Galveston Bay fühle ich mich dann doch wohler."

 
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  • M. H.
    Is ja'n Ding. Ich bin also nicht der Einzige in Houston der die Main Post liest! Kleine Welt. Herzliche Gruesse an meinen Landsmann aus Oberlauringen!
    Manfred 281-309-6901
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  • C. G.
    Lese die Mainpost, dank Online- Abo meiner Mutter, von Killeen aus. Grüße aus Kleinwekheim/Killeen.

    Wie haben 24 Stunden keinen Strom gehabt, dann noch ein paar mehrstündige Stromausfälle , und zu 5. Im Wohnzimmer geschlafen, da Kamin. Dass die Häuser wesentlich weniger insuliert sind als in Gefilden die planmäßig Winter haben hilft natürlich Null.
    "Luftschleuße" mit Duschvorhangstange & dicken Vorhängen im Eingangsflur fabriziert, da die Tür nicht gscheit dicht ist ( Hat 12C Unterschied ausgemacht). Im Kamin zu kochen war auch spannend, zum Glück war ich noch am Küchenherd "gelernt". Meinetwegen darf das gern ein Jahrundertereignis gewesen sein / bleiben, nochmal brauch ich den Spaß nicht.
    Für mich ist nach wie vor unbegreiflich, wie viele Leute nicht umrissen haben, dass das heftig wird.
    Grüße, Katrin aus K.
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  • I. H.
    Naja was soll ich dazu sagen - sitze im gleichen Boot wie Landsmann aus Grosswenkheim. Wir hatten in Katy (40 km westlich von Houston) von Montag 8 Uhr morgens bis gestern 6 Uhr Abend keinen Strom. Bin vor 4 Jahren von Michigan (Detroit) wegen der Kälte nach Houston TX umgezogen. Zum Glück war es bei mir nicht so dramatisch, da ich einen Generator zur Stromerzeugung habe. Heizung, Essen im Kühlschrank und Gefriertruhe sind damit gesichert. Im Sommer funktioniert die Klimaanlage. Aber vor allem hatte ich Internet um Nachrichten zu empfangen.
    Noch ein kleiner Tipp von einem Oberlauringer an einen Grosswenkheimer. Investiere in ein Stromaggregat - es lohnt sich.
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