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Bad Kissingen
Kein Sauerstoff: Fischesterben am Windheimer Weiher
Kaum Regen, zu wenig Grundwasser: Die Angler werden sich umstellen müssen wie die Forstwirte.
Bernd Czelustek (links), Kommandant der Freiwilligen Feuerwehr in Hausen, sagte sofort zu, Christopher Wex und Uwe Kiesel (rechts) von den Bad Kissinger Sportanglern zu helfen. Die Angler halten jeweils einen toten Zander hoch, die die Sauerstoffarmut nicht überlebten. Foto: Susanne Will       -  Bernd Czelustek (links), Kommandant der Freiwilligen Feuerwehr in Hausen, sagte sofort zu, Christopher Wex und Uwe Kiesel (rechts) von den Bad Kissinger Sportanglern zu helfen. Die Angler halten jeweils einen toten Zander hoch, die die Sauerstoffarmut nicht überlebten. Foto: Susanne Will
| Bernd Czelustek (links), Kommandant der Freiwilligen Feuerwehr in Hausen, sagte sofort zu, Christopher Wex und Uwe Kiesel (rechts) von den Bad Kissinger Sportanglern zu helfen.
Susanne Will
 |  aktualisiert: 17.08.2022 16:15 Uhr

Das mit dem Niedlichkeitsfaktor von Fischen ist für manche so eine Sache. Kein weiches Fell, keine langen Wimpern, kein Kindchenschema. Während Kalb, Ferkel oder Lamm Empathieattacken hervorrufen, bleibt der Fisch, auch der noch kleine, für viele reiner Eiweißlieferant. Nicht für Anton Seufert. Er steht sichtlich bekümmert vor einem Haufen kalter, junger Zander, Barsche und Schleien. Die toten Tiere warten nun im hohen Gras neben dem Fischweiher bei Windheim auf die Putztruppe der Natur, auf hungrige Wildschweine oder Waschbären. Der Angler schiebt seine Schildmütze in den Nacken und sagt: "Es ist schlimm für uns. Den Fischen geht die Luft aus." Der Grund: Der niedrige Pegel des Grundwassers.

Seit mehreren Tagen beobachteten die Mitglieder der Kissinger Sportangler, dass immer mehr Fische mit dem Bauch nach oben auf der Wasseroberfläche trieben. Am Dienstag dann setzte Seufert einen Hilferuf bei Bernd Czelustek ab. Czelustek ist nicht nur Hausener wie er, sondern auch Kommandant der örtlichen Feuerwehr . Man kennt sich, die Wege sind kurz, die Hilfsbereitschaft groß. "Das Wasser muss dringend mit Sauerstoff angereichert werden, sonst kippt der ganze See", sagt Seufert.

Für Bernd Czelustek war das "kein Ding", wie er sagt. Per Whatsapp-Gruppe trommelte er seine Kameraden zusammen, ruckzuck waren etwa zehn bereit, den Feierabend am Weiher zu verbringen. Angerückt sind sie mit dem "LF 20 Kats", einem Fahrzeug, das auch für den Katastrophenschutz eingesetzt wird. An Bord: leistungsstarke Pumpen, die sie erst im November angeschafft haben. Sie schaffen 3500 Liter pro Minute. "Das ist ein guter Dauertest für die Technik", sagt Bernd Czelustek und sieht den Freundschaftsdienst als Übung an.

"Das Wasser hat drei Zonen", erklärt Uwe Kiesel, Chef der Bad Kissinger Sportangler. Oben ist es sehr sauerstoffhaltig, in der Mitte sinkt das lebenswichtige Element ab, und unten am Boden, wo auch im Sommer noch Sauerstoff zu finden sein sollte, wird die Brühe mittlerweile für Fische wie den Zander zur Todeszone.

Die Männer der Feuerwehr brachten einen Schlauch in die Mitte des Sees in Grundnähe. Von dort wurde das brackige Wasser abgesaugt und via Pumpe mit Sauerstoff angereichert wieder in den See gespritzt. Eine gehörige Plackerei für Feuerwehrmänner , die die schweren Schläuche etwa zwei Stunden am Ufer festhielten und den See so wässerten.

Warum droht der See im Sommer 2020 zu kippen, wo doch der Sommer 2019 bislang viel heißer gewesen ist? Anton Seuert: "Es liegt am Grundwasser. Das war letztes Jahr schon extrem niedrig, mittlerweile fließt dort kaum noch etwas." Das ist kein Gefühl, das ist belegt, wie die neuesten Messwerte des Bayerischen Landesamts für Umwelt zeigen. In ganz Unterfranken ist der Grundwasserspiegel auf ein Minimum gesunken. Von 17 Stellen, die in der Tiefe messen, liegen nur drei im grünen Bereich, wie auch der Bayerische Rundfunkt auf seiner Webseite meldet. Die Regenfälle im Juni haben nur die Oberfläche befeuchtet, versickert ist zum Teil nichts.

Was bei den Forstwirten in Unterfranken schon längst manifestiert ist, betrifft nun auch die Angler. Während der Forst nach Klimawandel-resistenten Bäumen sucht, um so den Wald zukunftssicher zu machen, müssen sich auch die Angler umstellen. Einen Zander, der sich gern in Bodennähe tummelt, wird es wohl auf lange Sicht nicht mehr in unterfränkischen Seen geben - ihm fehlt dort unten der Sauerstoff zum Überleben.

Der Karpfen, der ebenfalls in den Weiher gesetzt wurde, ist noch nicht in Gefahr , sagt Anton Seufert, denn Karpfen gedeihen gut im Grund von Seen. Auf rund 2000 Euro, so schätzt er den Wert der Tiere im etwa 15000 Kubikmeter großen See. Ein ausgewachsener Zander kostet im Verkauf25 Euro.

Gerettet sind die Tiere noch nicht. Bernd Czelustek und Uwe Kiesel schätzen, dass die Aktion vielleicht zwei oder drei Tage das Überleben der Fische sichert. Allerdings sagt ein Blick auf die Wetterkarte, dass ihnen das Wetter derzeit nicht in die Hände spielt: Es ist ein beständiges Hoch mit Temperaturen von über 30 Grad angesagt. Das Wasser erwärmt sich weiter, neues fließt oder regnet nicht nach, dazu kommt dann die Gefahr von Blaualgen.

Es herrscht Ratlosigkeit am Ufer, während die Feuerwehrmänner weiter die Spritzen halten. Ein solarbetriebener kleiner Springbrunnen in der Mitte des Sees, das könnte eine Lösung sein, denken die Männer laut nach. "Oder selbst ein Aggregat anschaffen, wenn die Sommer so weitergehen", sagt Uwe Zimmer. Wenn sich mehrere Vereine zusammenschließen würden, sei das zu packen.

 
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