Zu einem literarischen Gespräch trafen sich kürzlich 30 süddeutsche Führungskräfte aus Wirtschaft und Wissenschaft, Gesundheit und Forschung auf Einladung von Professor Peter Deeg in der Deegenbergklinik. Seinen Gästen bot der Klinikchef die Gelegenheit, mit den Topmanagern Andreas Krebs (61) und Paul Williams (58) über ihr im Januar veröffentlichtes Sachbuch "Die Illusion der Unbesiegbarkeit" zu sprechen. Die provokanteste These daraus ist, dass "heutige Manager nicht klüger sind als die Inkas vor 500 Jahren".
Was Manager mit Inkas verbindet
Das Buch basiert auf dreißigjähriger Erfahrung beider Autoren im Topmanagement internationaler Konzerne sowie auf intensiver Beschäftigung mit Geschichte und Kultur der Inkas. Diese schufen über Jahrhunderte ein mehr als eine Million Quadratkilometer großes Herrschaftsgebiet zwischen Ecuador entlang der Anden-Gebirgskette bis nach Chile und führten einen Verbund aus 200 Völkern in eine damals einzigartige Hochkultur. Doch es brauchte nur wenige Jahre, bis 1533 das Inka-Reich durch Bruderkrieg und spanische Eroberer zerschlagen war. "Es gibt keinen Aufschwung ohne Abstieg", vergleichen die beiden Autoren jenes Schicksal des historischen Andenvolks mit dem globaler Konzerne, die scheinbar unangreifbar ganz plötzlich zusammenbrechen. "Wir wollen mit unserem Buch nicht als Besserwisser erscheinen", betont Andreas Krebs. "Wir entschlüsseln Gründe für unternehmerischen Erfolg und Misserfolg, wie man sie schon im 'Inka-Management' im 16. Jahrhundert erkennen kann."
"Im Erfolg steckt der Keim des Scheiterns", ist auch Paul Williams überzeugt. "Man berauscht sich am eigenen Erfolg und wird blind für mögliche Risiken." Deutlich wird dies, bringt Williams als Beispiel, im Fußball kurz nach einem Tor.
Das eigene Handeln hinterfragen
Während die Torschützen noch in Siegerlaune ihren Erfolg auskosten und unkonzentriert sind, hat sich die andere Mannschaft längst formiert und schießt das Gegentor. Die gern zitierte Floskel "Never change a winning team" sei deshalb falsch. Gerade nach dem Erfolg sei die Auswechlung von Spielern richtig, um den frischem Erfolgshunger neuer Spieler zu nutzen. Gerade der Moment des größten Erfolgs ist der richtige Zeitpunkt, das eigene Handeln zu hinterfragen. Vergleichbar den Inkas, die unangreifbar schienen und sich selbst für unbesiegbar hielten, dann aber doch verloren, braucht nach Meinung der Autoren ein heutiger Konzernlenker "interne und externe Impulsgeber, die im richtigen Moment unbequeme Fragen stellen und das Undenkbare denken: Welche Geschäftsmodelle können meines außer Kraft setzen?"
Andreas Krebs nennt als Beispiele Nokia, einst weltweit führend in Mobiltelefonen, dann unerwartet von Apple und asiatischen Herstellern überholt, oder die deutsche Automobil-Industrie, die vor 20 Jahren die Entwicklung des Elektromotors verschlief, sowie die Firma Agfa, die einst die Entwicklung der Digitalfotografie unterschätzt hatte, oder IBM, die die Entwicklung der Heimcomputer und Laptops missachtete.
Mit Kritik umgehen
Der größte Fehler von Untergebenen sei, so folgert Krebs aus langjähriger Erfahrung, ihren Vorgesetzten nur gefällige Informationen zu liefern und nicht auf denkbare Gefahren hinzuweisen. Der Fehler vieler Vorgesetzter sei, nicht mit Kritik umgehen zu können. Krebs: "Als Firmenchef muss man mit anderen Meinungen souverän umgehen können."
Nach nur zwei Monaten erscheint das Sachbuch "Die Illusion der Unbesiegbarkeit" bereits in dritter Auflage.
Ihren Vertrag mit einem amerikanischen Verlag über die Herausgabe einer englischsprachigen, für den globalen Markt etwas geänderten Version haben die Autoren Andreas Krebs und Paul Williams gerade unterschrieben.
Das Buch Andreas Krebs, Paul Williams: "Die Illusion der Unbesiegbarkeit", Gabal-Verlag, gebunden, 240 Seiten, Preis: 29,90 Euro, ISBN 978-3869368221.