Wer sich unter Hugo Wolfs „Italienisches Liederbuch nach Texten von Paul Heyse“ einen Ausflug klanglicher Natur in den Süden vorstellte, wurde enttäuscht. Überrascht wurde er hingegen von einer Miniaturoperndarbietung mit Mezzosopranistin Anke Vondung, Tenor und Echopreisträger 2012 Werner Güra sowie Christoph Berner am Flügel.
Keck und komisch, traurig und tragisch, schnippisch und schmollend präsentierten sie das nachmittägliche Konzert des Kissinger Sommers unter dem Motto „Liebeslieder im Kloster“. Beide Gesangssolisten sind mit überaus flexiblen und gestaltungsfähigen Stimmen gesegnet. Aufmerksam und mit sichtlichem Vergnügen begleitete Christoph Berner die Solisten. Zu bemängeln gab es nur, dass der geöffnete Flügel im ersten Konzertteil zu mächtig klang. Das klappte nach der Pause bedeutend besser.
Den Versreigen schuf Paul Heyse 1860 im Geburtsjahr von Hugo Wolf, der ihn ab 1890 vertonte. Die meist einstrophigen 46 Gedichte drehen sich fast immer um die Liebe, in überwiegend heiterer, neckender, tändelnder Natur.
Scheu und zurückhaltend waren die anfänglichen Blickkontakte zwischen Werner Güra und Anke Vondung. Doch die Dramaturgie nahm Fahrt auf und verlieh dem Liederspiel eine belebende Note. Tänzerisch setzte Werner Güra den Auftakt mit „Ein Ständchen will ich euch bringen“ – das einzige Stück mit anfangs südländischem Flair. Dramatischer gestrickt war „Und willst du deinen Liebsten sterben sehen“. Da nähert sich Wolf klanglich Richard Wagner, den der verarmte Musikkritiker und Komponist verehrte und Güra zeigte Heldentenorqualität.
Die ausgezeichnet temperierte Stimme Anke Vondungs und ihr komödiantisches Talent kamen nicht nur im ironischen „Ihr jungen Leute“ zur Geltung. Witzig, wie sie die schief und krumm spielende Militärkapelle beobachtete, die Pianist Berner zum Leben erweckte. Ebenso wie den vertrackt übenden Geigenspieler in „Wie lange schon war immer mein Verlangen“. Die Operndiva mit furiosen Tonsprüngen mit Leidenschaft ließ Vondung in „Wenn du, mein Liebster, steigst zum Himmel auf“ aufblitzen.
Viel Beifall und als Zugabe zwei Miniaturlieder im Stile von Heyses Vers „Auch kleine Dinge können uns entzücken“. Angelika Silberbach