„Sisi – neu entdecken“ – so lautete die Aufforderung von Kulturreferent Peter Weidisch bei der Eröffnung der Ausstellung „Kaiserlich & inkognito. Sisi in Bad Kissingen “. Neue Einsichten in die ambivalente Persönlichkeit der österreichischen Kaiserin stehen bis zum 28. April 2024 im Mittelpunkt einer Präsentation, deren Spektrum Weidisch als „Sisi-Dreiklang“ bezeichnete: die Ausstellung in der alten Kapelle mit persönlichen Gegenständen oder medizinischen Befunden, eine Begleitpublikation der bekannten Historikerin Dr. Cornelia Oelwein und eine begleitende Ausstellung in der Orangerie mit Werken von sieben Künstlerinnen und Künstlern der Gruppe ART97688, die Sisi als Rebellin im Blick haben.
„Sisi und Franzl, die Prototypen eines Habsburger Traumpaares“, so sei das Bild des österreichischen Kaiserpaares in der Öffentlichkeit. Geprägt wurde dieses Bild durch die „süßliche, überzeichnete Welt der Sisi-Film-Trilogie“. Für Peter Weidisch, der die zahlreichen Gäste auch im Namen von Oberbürgermeister Dirk Vogel im Museum Obere Saline begrüßte, war es an der Zeit, „Leben und Sein der österreichischen Kaiserin Elisabeth neu zu verorten“.
Der wahre Kern der Kaiserin
Mit der Ausstellung in der Oberen Saline soll ein Blick hinter die Kulissen gewährt und damit „ein Blick auf den wahren Kern einer historisch-privaten Persönlichkeit“ ermöglicht werden – im Besonderen vor dem Hintergrund des Weltbades Kissingen. Sein Dank galt neben dem Team rund um Museumsleiterin Annette Späth auch Dr. Cornelia Oelwein, die „475 Gramm geballtes Wissen“ in Buchform beisteuerte, sowie den Leihgebern der zahlreichen Exponate , der Gruppe ART97688 und allen, die zum Gelingen beigetragen haben – auch dem Querflötenduo Sophie Dietz und Ania Henz für die musikalische Umrahmung.
„125 Jahre nach der Ermordung von Kaiserin Elisabeth ist die Auseinandersetzung mit ihrer Person aktuell und facettenreich“, so Annette Späth im Rahmen der Ausstellungseröffnung. Nachprüfbares gebe es kaum und meist seien die Quellen von einer subjektiven Wahrnehmung beeinflusst. 1862 war Elisabeth erstmals in Bad Kissingen und zwar im Gegensatz zu anderen Gästen „aus gesundheitlichen Gründen“.
Persönliche Gegenstände
Und dieser gesundheitliche Aspekt spielt in der Ausstellung eine besondere Rolle, denn durch historische Dokumente des Brunnenarztes Dr. Alfred Sotier zur medizinischen Behandlung der Kaiserin während ihrer Kuraufenthalte offenbart sich ein neuer Blick auf deren widersprüchliches Wesen. Lieblingsorte und Ausflugsziele, Unterkünfte und Rakoczy-Wasser sind Themen, die durch persönliche Gegenstände, Gemälde, Grafiken – auch mithilfe von Medienstationen – illustriert werden. Rhöner Holzpferde, Kissinger Trinkgläser oder Stereoskopiefotos mit Kissinger Ansichten um 1864 sind ebenso zu bestaunen wie Sisi-Porträts von einst und heute.
Stefan Mundi freute sich als Sprecher der Gruppe ART97688, dass man in der Orangerie mit aktuellen Werken die „Widersprüchlichkeit von Sisi“ darstellen darf. Sieben Künstler*innen haben sich mit dem tragischen Leben der Kaiserin auseinandergesetzt. Entstanden seien unterschiedlichste Exponate der bildenden Kunst und er hoffe, dass die starken Emotionen, die die Auseinandersetzung mit Sisi hervorgerufen haben, auch in den Werken spürbar sei.
Sisi war krank und Bad Kissingen ihr bevorzugtes Heilbad
„Sisi war krank. Was sie hatte, weiß man nicht genau“ – sagte Dr. Cornelia Oelwein. Sie suchte Genesung für Körper und Geist und dabei wurde Bad Kissingen das bevorzugte Heilbad , erläuterte die renommierte Historikerin. 1862 zum ersten Mal und sechsmal insgesamt unterwarf sie sich den strengen Regeln des Kurplans und mied das gesellschaftliche Leben der anderen hochwohlgeborenen Kurgäste. Domizil war das Haus von Carl von Hess (heute: Teil des Hotels Kaiserhof Victoria) und in den Kurlisten wurde sie als „Gräfin von Hohenembs“ geführt. Inkognito hieß damals, dass man anhand der Kurlisten zwar wusste, wer logierte, aber das gastgebende Land bzw. die Stadt war von protokollarischen Pflichten entbunden und es fanden weder offizielle Begrüßungen noch Ehrenwachen statt.
Herausragend war das Jahr 1864 mit einem hohen Adelsaufkommen, sodass der dritte Aufenthalt Sisis als „Kaiserkur“ in die Annalen einging. Nach 1865 dauerte es bis 1897, bevor Sisi „nun wirklich krank und depressiv durch verschiedene Schicksalsschläge und wegen ihres fortschreitenden Alters“ wieder nach Bad Kissingen kam, so Dr. Oelwein.
Schon damals im Fitnessstudio
Aus den beiden Kuraufenthalten von 1897 und 1898 stammt der Nachlass von Dr. Alfred Sotier, in dem sich nicht nur zahlreiche, für die Kaiserin ausgestellten Rezepte, sondern auch medizinische Analysen sowie Korrespondenz mit Ärztekollegen befindet und der dem Stadtarchiv von Bad Kissingen überlassen wurde. So ist erkennbar, dass die sportliche, schlanke Kaiserin regelmäßig das „medico-mechanische Zander-Institut“ aufsuchte, eine Frühform der heutigen Fitness-Studios; dass sie Solebäder nahm und die Trinkkur mit „Rakoczy-Wasser“ nutzte.
Auf einem 1898 von einem Paparazzo geschossen Foto sieht man im Luitpoldpark eine schlanke Kaiserin , deren gealtertes Gesicht von einem Sonnenschirm verdeckt wurde. Bad Kissingen sollte weiterhin ihr Kurort bleiben. Ihre Ermordung am 10. September 1898 in Genf wurde von einem ungeahnten Medieninteresse begleitet, das Dr. Oelwein mit dem Tod von Lady Diana 1997 verglich. Die Sisi-Manie der frühen Jahre, die sich etwas gelegt hatte, setzte mit ihrem Tod wieder ein – angetrieben durch die „Ansichtskarte“, die damals ihren Siegeszug startete und millionenfach das Bild einer jugendlich-schönen Kaiserin in die Welt trug. „Posthum wurde Sisi zur verehrten, volksnahen, selbstlosen Kaiserin stilisiert, ihre Egozentrik und Egomanie wurden ausgeklammert“, analysierte Dr. Oelwein.
Neuer Sisi-Hype nach 35 Jahren Pause
Bis 1920 konnte man diese Sisi-Welle beobachten und erst 1955, mit Beginn der Sisi-Trilogie und Romy Schneider in der Titelrolle begann einer bis heute andauernde „Sisi-Hype“, der nur wenig mit ihrem Leben zu tun hat und dessen Werbewirksamkeit durchaus genutzt wird: „ Kaiserin Sisi ist von Anfang an eine der bedeutenden Kurgäste beim alljährlichen Rakoczyfest .“
Die Ausstellung „Kaiserlich & inkognito. Sisi in Bad Kissingen “ im Museum Obere Saline geht bis zum 18. April 2024 und ist jeweils mittwochs bis sonntags von 14 bis 17 Uhr geöffnet. Der umfangreiche Begleitband von Dr. Ulrike Oelwein kostet 15 Euro. Die Begleitausstellung der Gruppe ART96788 in der Orangerie kann während der Öffnungszeiten des Museums besucht werden. Sonntags stehen Künstler*innen bereit.
Das könnte Sie auch interessieren: