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BAD KISSINGEN
Kaidels Feuertaufe am Feuerturm
Einen besseren Einstand hätte sich Peter Kaidel nicht wünschen können: Er, der diese Woche seinen 65. Geburtstag feiert und sich in zwei Wochen aus dem städtischen Bauamt verabschiedet, schlug am Tag des offenen Denkmals das erste Kapitel seines Rentnerdaseins auf.
So blickte auch der Kissinger Türmer auf die Stadt hinab, auf den Altenberg (links), das Alte Rathaus von hinten (mit kleinem Türmchen) und den Staffelsberg (rechts).
Foto: FOTO Roland Pleier | So blickte auch der Kissinger Türmer auf die Stadt hinab, auf den Altenberg (links), das Alte Rathaus von hinten (mit kleinem Türmchen) und den Staffelsberg (rechts).
Von unserem Redaktionsmitglied Roland Pleier
 |  aktualisiert: 14.09.2008 19:59 Uhr

Start und Ziel der Führung ist der Feuerturm. Das Haus Nummer 6 in der Turmgasse. Es ist das älteste noch genutzte Gebäude in der Stadt. Es ist der letzte noch bestehende von einst 14 Türmen, die Kissingen umgaben. Damals war Kissingen noch kein Bad. Denn Türme und Mauern entstanden im 13. Jahrhundert.

Fotoserie

Peter Kaidel hat mit der Stadt damals etwas gemeinsam: Er ist bescheiden, die Stadt war es damals auch. Kaidel verdeutlicht dies seinen Begleitern auf dem Marsch rund um die Stadt anhand einer alten Darstellung. Unter einem königlichen Hof könne man sich allenfalls eine königliche Scheune vorstellen, sagt Kaidel, gelegen zwischen Hammelburg und Salz. Sie stand da, wo später das Finanzamt gebaut wurde und demnächst das Amtsgericht einzieht.

Kleines Land-Städtchen

200x240 Meter nur waren die Außenmaße des Mauer-Gevierts, deren eine Ecke der Feuerturm markiert. Damals hieß er noch Viernkorn-Turm. Die Mauer war auch nicht so trutzig wie etwa die in Münnerstadt oder Schweinfurt. Fünf bis sechs Meter hoch nur, sagt Kaidel, „aber ausreichend für so ein Land-Städtchen“. Euerdorf, Aschach oder Münnerstadt seien damals „bedeutend wichtiger“ gewesen als das kleine Kissingen.

1818 beschloss der Magistrat die Abrüstung. Ein Turm nach dem andern wurde abgerissen. Mit den Steinen der Mauer wurde der Graben rings davor aufgeschüttet. Oder sie wurden anderweitig verbaut. Auf einem Flyer, den Kaidel entworfen hat, sind die wenigen Meter Mauerreste eingezeichnet, die heute noch vorhanden sind.

Nur der Viernkorn-Turm, auch Hauptturm genannt, blieb stehen. Er wurde umfunktioniert: Es muss eine Art Bürgerversammlung gewesen sein 1847, als die Bürger forderten, den Turm zum Wachturm umzubauen. Der Wächter sollte jede Stunde die Glocke schlagen, um seine Wachsamkeit anzuzeigen.

Umgebaut wurde er sieben Jahre später: 1854 zog ein gewisser Johann Melchior Lutz „von hier“ dort ein, ein Mann ohne Obdach und Kinder. Er war der erste Türmer.

Am Tag des offenen Denkmals spielt Eberhard Graef den Türmer. Der ehemalige Rechtsrat der Stadt ist Vorstandsmitglied im Rhönklub. Dieser hat die ehemalige Türmerwohnung, die bis Anfang der 1960-er Jahre bewohnt war, umgebaut und seit 20 Jahren von der Stadt gemietet. Ein schöner Ort für Vorstandssitzungen und kleine Feiern.

Graef und Krug spielen Türmer

Graefs Gattin versorgt die Gäste mit Angemachtem und einem Schluck Wein aus Ramsthal.

So um die 100 waren es, die im Laufe des Tages die 99 Stufen nach oben stiegen, erzählt stellvertretender Vorsitzender Peter Krug am Abend, nachdem er die immer noch funktionstüchtige Feuerglocke unterm Dach geschlagen hat.

Krug, der Schreinermeister und ehemalige Stadtrat, kannte noch den Urzustand des luftigen Einzimmer-Appartements mit Koch- und Schlafnische (mehr war es nicht) sowie Toilette unter der Treppe.

Den Kreuzberg im Blick

Und er kannte noch das Ehepaar, das bis Anfang der 1960-er Jahre dort mit zwei adoptierten Söhnen wohnte – mit freiem Blick zum majestätischen Buckel des Kreuzberges im Norden.

Peter Kaidel hat den Turm bald wieder verlassen. Weitere Termine zum Tag des offenen Denkmals stehen an, beispielsweise die Wüstung Bremersdorf. Die Schar der Interessenten war jeweils klein, aber fein, bringt er es abends auf einen Nenner.

 
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