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BAD BOCKLET
Jubiläum mit langer Vorgeschichte
Von unserem Mitarbeiter Sigismund von Dobschütz
 |  aktualisiert: 28.08.2012 12:02 Uhr

Gleich zwei Jubiläen feiert in diesem Jahr das Bayerische Staatsbad Bad Bocklet. Die Errichtung des Brunnenbaues vor 225 Jahren und die offizielle Ernennung zum Bad vor 75 Jahren. Und obwohl 75 Jahre in der langen Geschichte einer Gemeinde wie Bad Bocklet kein besonderes Jubiläum sind: Es steckt eine interessante Geschichte dahinter.

Immerhin wird das kleine Dorf schon 1122 in einer Stiftsurkunde des ehemaligen Klosters Aura an der Saale erwähnt. Damals kaufte das Kloster einen Gutshof in „Bockleth“ für 15 Talente. Seiner Lage mitten im Wald verdankt der Ort wohl seinen Namen, zumindest lässt die alte Schreibweise „bouchlete“ (Buchenleite) dies vermuten. Erst seit 1551 ist der heutige Name Bocklet bekannt. Doch Besonderes ist aus jener Zeit nicht überliefert.

Aus einer päpstlichen Urkunde des Jahres 1372 geht immerhin hervor, dass das Dorf damals eine Pfarrei war und über mehrere Eigentümerwechsel schließlich 1618 zum Hochstift Würzburg und damit zur Amtei und Pfarrei Aschach kam. Doch erst die Wiederentdeckung der Heilquelle, heute Balthasar-Neumann-Quelle genannt, brachte ab 1724 den unbedeutenden Ort ins Blickfeld der Würzburger Fürstbischöfe.

Dreißig Jahre später ließ Fürstbischof Karl Philipp von Greiffenclau (1690–1754) kurz vor seinem Tod ein erstes, hölzernes Badehaus errichten. Dies war die eigentliche Geburtsstunde des künftigen Heilbades und Staatsbades.

Doch erst 1760 ließ Fürstbischof Adam Friedrich von Seinsheim (1708-1779) die erste Herberge für Gäste bauen, den so genannten Altbau. Ab 1785 ließ sein Nachfolger Franz Ludwig von Erthal (1730-1795) den kleinen Kurgarten in Form einer bischöflichen Mitra anlegen und ab 1787 den Fürstenbau sowie den Brunnentempel mit angeschlossenem Saalbau (heute Lesesaal) und Badehaus bauen.

Der Speisesaal und der Neubau folgten erst zehn Jahre später, 1797, unter dem letzten Fürstbischof Georg Karl von Fechenbach (1749-1808).

Damals hatte Bocklet seine erste Blütezeit als anerkanntes Heilbad mit einer stark eisenhaltigen Mineralquelle, die noch heute als „stärkste Stahlquelle Deutschlands“ gilt. Es war ein beliebter Aufenthaltsort zur Sommerfrische der Würzburger Domherren und Prälate. Was für den Papst Castel Gandolfo war, bedeutete für die Würzburger Geistlichkeit das Dörfchen an der Saale.

Nach der Säkularisation im Jahr 1803 fiel Bocklet über den Umweg des Großherzogtums Würzburg schließlich 1814 ans Königreich Bayern und erlebte in der Zeit des Biedermeiers den Besuch höchster Persönlichkeiten. Das war auch dem Einsatz des Kissinger Badpächters Peter Bolzano (1794-1839) zu verdanken. Der hatte 1825 die staatlichen Einrichtungen in Bocklet als Pächter übernommen.

Mehr Gäste als in anderen Bädern

Schon zur folgenden Kursaison 1826 ließ er die dortigen Einrichtungen auf einen „den Erwartungen eines jeden Kurgastes vollkommen entsprechenden Stand“ bringen, wie es im Würzburger Intelligenzblatt vom 9. Juni 1826 zu lesen ist. Bolzanos modernes Marketing sorgte dafür, dass in der ersten Hälfte des 19. Jahrhundert in Bocklet sogar mehr Kurgäste als in Kissingen und Brückenau gezählt wurden.

Es war nicht nur gesellschaftlich angesagt, nach Bocklet zur Sommerfrische zu kommen. Viele adelige Damen kamen in das als „Bubenbad“ bekannte Heilbad wegen ihrer „Unterleibsprobleme“. Der Grund: Kronprinzessin Marie von Bayern (1825-1889) gebar nach ihrer 1844 erfolgten Kur mit Moor- und Mutterlaugenbädern im folgenden Jahr den ersehnten Thronfolger, den späteren Märchenkönig Ludwig II.

Zur Warnung sei allerdings angemerkt: Nicht allen Damen konnte in Bad Bocklet geholfen werden, wofür die persische Kaiserin Soraya - sie war 1956 zu Gast – als ein Beispiel genannt sei.

Nach dem Tod des umtriebigen Badpächters Bolzano 1839 fiel das Heilbad in seiner Entwicklung wieder zurück. Erst nach dem Bau des neuen Badehauses (1876) und dank der unermüdlichen Tätigkeit des Badearztes Hofrat Franz Michael Werner (1838-1921) aus Aschach erwachte der Kurbetrieb wieder neu – bis der Erste Weltkrieg dem ein vorläufiges Ende setzte.

Jahre später wurde der Badebetrieb 1925 an den Würzburger Diözesan-Caritasverband verpachtet und kam so nach etlichen Pächterwechseln zu einem geordneten Wiederaufbau. Nach umfassender Renovierung der herunter gekommenen Kurgebäudes ging es langsam wieder aufwärts, was auch dem neuen Badearzt Ludwig Trümbach zu verdanken war, der sich 1919 im Ort angesiedelt hatte.

Wasserleitung für den Kurtitel

Während die Einwohner sich zuvor kaum um das Kurgeschehen gekümmert hatten, begannen sie 1928 mit der Gründung eines Kurvereins ihren Ort zu modernisieren. Eine Wasserleitung wurde gelegt, 1934 der Ort teilweise kanalisiert und endlich 1937 eine hochwasserfreie Straße nach Großenbrach gebaut. Mit dieser verbesserten Infrastruktur schufen die Bockleter mehr als zwei Jahrhunderte nach Wiederentdeckung der Heilquelle und 150 Jahre nach Errichtung des Brunnenbaues die nötigen Voraussetzungen zur Verleihung des staatlichen Prädikats „Bad“.

Ernennung zum Bad 1937

Der von 1933 bis 1945 amtierende Reichsstatthalter in Bayern, Franz Ritter von Epp (1868-1846), unterschrieb am 12. November 1937 die Urkunde, die heute im Büro des Kurdirektors hängt und nur einen einzigen Satz zum Inhalt hat: „Im Namen des Volkes: Ich verleihe der Gemeinde Bocklet das Recht, künftig die Bezeichnung Bad zu führen.“ Diese Ernennung wurde am 29. November 1937 durch den offiziellen Erlass des Ministeriums des Innern Nr. 3008b 190 nachträglich amtlich bestätigt.

Die moderne Kurgeschichte Bad Bocklets geht auf die Quellenbohrung von 1948 zurück, 15 Meter nördlich des Brunnentempels. Waren es zehn Jahre später gerade einmal 4 500 Kurgäste, die bei den Übernachtungen zum Durchbruch der 100 000er-Marke sorgten, konnte Bad Bocklet vier Jahrzehnte später seine bisher unerreichten Rekordwerte von 12 000 Gästen und 291 000 Übernachtungen im Jahr 1994 verbuchen. Trotz der einschneidenden Gesundheitsreform von 1996 stieg die Gästezahl seitdem zwar auf 15 000, doch die Zahl der Übernachtungen liegt im kleinsten bayerischen Staatsbad noch immer unter 200 000 pro Jahr und damit bei etwa fünf Prozent der Gesamtzahl aller fünf Staatsbäder.

Das Staatsbad Bad Bocklet ist heute Ortsteil und Verwaltungssitz der Marktgemeinde Bad Bocklet. Vor 40 Jahren wurde das Staatsbad am 1. Januar 1972 mit den Ortschaften Aschach und Großenbrach zur neuen Gemeinde Bocklet zusammengeschlossen – damals noch ohne den Bad-Titel.

Erst am 16. Februar 1972 erhielt auch das neue Bocklet den Namenszusatz „Bad“. Schließlich wurde 1978 die bislang selbstständige Marktgemeinde Steinach mit ihren Ortsteilen Steinach, Hohn, Roth und Nickersfelden in die Marktgemeinde Bad Bocklet eingegliedert.

Der Bockleter Brunnentempel: So schön zeigt sich das 1787 erbaute Gebäude mit Badehaus (rechts) von der Rückansicht. Die kann jeder aus dem Park bewundern.
Foto: Sigismund von Dobschütz | Der Bockleter Brunnentempel: So schön zeigt sich das 1787 erbaute Gebäude mit Badehaus (rechts) von der Rückansicht. Die kann jeder aus dem Park bewundern.
Urkunde: Bad Ernennung 1937, unterschrieben von Reichsstatthalter Franz Ritter von Epp.
| Urkunde: Bad Ernennung 1937, unterschrieben von Reichsstatthalter Franz Ritter von Epp.
 
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