Das deutsch-deutsche Zusammenleben begleitete den Würzburger Journalisten Eberhard Schellenberger, Jahrgang 1957, privat und als langjährigen Reporter des Bayerischen Rundfunks (BR) ein ganzes Leben lang und wurde zu seinem journalistischen Lebensthema. Schon bei seiner ersten, privaten Einreise in die DDR 1984 legte die Stasi eine Akte von am Ende 400 Seiten über ihn an. Eng überwacht wurde er vor allem im Zuge der Verhandlungen zur Städtepartnerschaft Würzburg- Suhl. Daraus hat der Journalist das Buch „Deckname Antenne“ gemacht, das im Würzburger Echter Verlag erschienen ist.
Zum 35. Jahrestag des Mauerfalls berichtet Eberhard Schellenberger am Mittwoch, 20. November, im Bücher Pavillon multivisuell über all das, was damals passiert ist. Dafür hat er Geschichten, Bilder, Töne und Videos mitgebracht. Beginn ist um 19 Uhr.
Als Eberhard Schellenberger 1984 mit seiner Frau das erste Mal privat eine Brieffreundschaft besuchte, heftete sich die Staatssicherheit an die Fersen des damaligen BR-Jungjournalisten. Nach dem Mauerfall tauchten zwei Akten der Staatssicherheit über Schellenberger auf. Die Akte „ Journalist “ in Cottbus zu den privaten Reisen und die Akte „Antenne“ in Würzburgs Partnerstadt Suhl.
Auf 400 Seiten fanden sich neben fast schon Skurrilem auch Nichtigkeiten und Belangloses, aber auch viel Perfides, und es wird ihm klar, dass er in der DDR oft wie ein Staatsfeind behandelt wurde, heißt es in einer Pressemitteilung aus dem Bücher Pavillon. Die Stasi hörte Telefonate von ihm zwischen Suhl und Würzburg ab und dokumentierte sie ebenso wie mitgeschnittene Radiosendungen.
Bei Besuchen in Suhl im Zuge der Partnerschaftsverhandlungen wurde Eberhard Schellenberger lückenlos überwacht, es entstanden minutengenaue Protokolle, die beispielhaft im Buch dokumentiert werden. Die Stasi unterstellte ihm, er arbeite mit „imperialistischen Geheimkräften“ zusammen und ließ ihn bis zum Mauerfall bei jedem DDR-Besuch nicht mehr aus den Augen.
Aber auch im Westen hatte die Staatssicherheit Spitzel. So warb sie drei Würzburger Studenten am Plattensee in Ungarn für ihre Zwecke an.
Mit Tränen in den Augen
Ausführlich geschildert wird auch die Nacht des Mauerfalls vor 35 Jahren am 9./10. November 1989 am Beispiel des Grenzübergangs Eußenhausen-Meiningen. In der Nacht der Wiedervereinigung am 3. Oktober 1990 lieferte der BR-Reporter Schellenberger mit Tränen in den Augen an diesem ehemaligen Grenzübergang inmitten feiernder Menschen die emotionalste Livereportage seines Reporterlebens.
Eberhard Schellenberger: „Ich habe dieses Buch auch für die inzwischen nachgewachsene Generation geschrieben, denn auf diese wirken diese Geschichten und Erlebnisse aus der Mitte Deutschlands völlig unwirklich und unbegreiflich“. Eberhard Schellenberger berichtet als westlicher Zeitzeuge über den Kampf um Demokratie, Meinungs- und Reisefreiheit. Zur Lesung gibt es begleitend eine Präsentation von Bildern, Ausschnitten von Stasiakten, Originaltöne und Videos aus dem BR- Archiv. red/Foto: Thomas Berberich