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Bad Kissingen
Jobs in der Hitze: „Wir werden uns daran gewöhnen müssen“
Dr. Johannes Brath, Facharzt für Allgemeinmedizin aus Bad Kissingen, gibt Ratschläge zum Arbeiten in der Hitze. Herr Brath, was genau passiert im...
Philipp Dippl
 |  aktualisiert: 06.01.2024 01:05 Uhr

Dr. Johannes Brath, Facharzt für Allgemeinmedizin aus Bad Kissingen , gibt Ratschläge zum Arbeiten in der Hitze.

Herr Brath, was genau passiert im Körper, wenn ein Mensch bei großer Hitze unter Schwerlast arbeitet?

Johannes Brath: Im Körper findet immer eine Wärmeregulation statt. Eine stabile Körpertemperatur ist für alle Stoffwechselprozesse essenziell. Dies geschieht durch Wärmebildung beispielsweise in der Muskulatur, in den inneren Organen oder im Gehirn.

In Ruhe ist die Muskulatur nur zu 18 Prozent an der Wärmebildung beteiligt, bei körperlicher Arbeit steigt dieser Anteil auf 90 Prozent.

Die Wärmeabgabe besteht aus drei Komponenten: erstens Wärmestrahlung, zweitens Wärmeleitung, beziehungsweise Konvektion und drittens Verdunstung. Die ersten beiden Arten der Wärmeabgabe sind abhängig von der peripheren Durchblutung. Die dritte Art, die Verdunstung, findet durch Schwitzen statt. Bei hohen Außentemperaturen und/oder starker körperlicher Arbeit sinkt die Wärmeabgabe durch Strahlung und Konvektion deutlich und die Körpertemperatur würde ansteigen. Die Verdunstung, also das Schwitzen, muss es schließlich richten. Aber auch diese ist begrenzt. Bei Temperaturen über 30 Grad verringert sich auch bei trockener Luft die gesamte Wärmeabgabe des Körpers um ein Drittel. Voraussetzung für die Wärmeabgabe durch Verdunstung ist eine relativ trockene Umgebungsluft. Bei sehr hoher Luftfeuchtigkeit kann der Körper daher selbst in körperlicher Ruhe nur Temperaturen bis ca. 33 Grad ausgleichen.

Was kann einem Menschen bei schwerer Arbeit in der Sonne schlimmstenfalls passieren?

Durch die Erweiterung der peripheren Gefäße und Schwitzen sind Flüssigkeitsmangel und niedrigerer Blutdruck die Folge. Dies kann zu Schwäche, Schwindel, Übelkeit und Ohnmacht führen. Das nennt man Hitzekollaps. Dieser tritt schon bei Körperkerntemperaturen unter 39 Grad auf. Man sollte dann auf Ruhe, eine flache Liegeposition und Flüssigkeitszufuhr achten.

Wenn die Körperkerntemperatur über längere Zeit auf über 40,5 Grad steigt, dann kann das Gehirn auch über ein vermehrtes Schwitzen des Kopfes nicht mehr ausreichend gekühlt werden. Es kommt zum Hitzschlag, also Verwirrtheit, Bewusstlosigkeit. Was dann zu tun ist: raus aus der Sonne und langsam abkühlen. Aber nicht zu schnell, sonst werden bei zu kühler Haut die Gefäße wieder eng gestellt, der Wärmeaustausch wird eingeschränkt und der Körperkern bleibt länger warm.

Was kann man tun, damit der Körper Hitze besser verträgt?

Ich empfehle Cardiotraining, ausreichend Flüssigkeitszufuhr und regelmäßige Pausen. Die allgemeine körperliche Gesundheit sollte gefördert werden. Dies alles trägt dazu bei, die Widerstandsfähigkeit des Körpers gegen Hitze zu vergrößern.

Was raten Sie als Gesundheitsexperte jenen Menschen, die bei Hitze schwere körperliche Arbeit verrichten müssen?

Allgemein empfehle ich: Hitzeperioden vorausschauend einkalkulieren und Arbeiten wenn möglich in die Morgen- oder Abendstunden verlegen. Es sollten leichte Mahlzeiten zu sich genommen und ausreichend und gesteigert getrunken werden. Bei schwerer körperlicher Arbeit gilt: mindestens 3 Liter pro Tag. Getränke auf Zimmertemperatur sind bekömmlicher als eiskalte, da es zu Magenkrämpfen kommen kann. Im Büro hilft: durch morgendliches Lüften die Wärme reduzieren, die Rollläden schließen und wenn möglich Geräte ausschalten, die zusätzliche Wärme in den Raum abgeben.

Eventuell können Kleidervorschriften gelockert werden, aber: die Arbeitsschutzvorschriften in Bezug auf Schutzausrüstung, Sicherheitsschuhe, Helme etc. haben Vorrang. Bei Arbeiten unter der prallen Sonne sollte auf ausreichenden Sonnenschutz geachtet werden, um das Hautkrebsrisiko zu minimieren. Beim Eincremen vor allem die Ohren, den Nacken und die Nase nicht vergessen.

Was wirkt besser, kühles Wasser oder Heißgetränke , wie es beispielsweise in arabischen Wüstenstaaten Brauch ist?

Gernot Kuhnen von der Universität Giessen sagt hierzu: Beim Trinken an heißen Tagen geht es primär darum, den Flüssigkeitsverlust auszugleichen, damit es nicht zur Beeinträchtigung des Kreislaufsystems und des Schwitzens kommt. Kühle Getränke sind dabei vollkommen in Ordnung.

Dafür, dass in vielen heißen Ländern traditionell heißer Tee getrunken wird, gibt es mehrere Gründe: Geschmack, Gewohnheit, Tradition und Hygiene. In heißen Ländern besteht leicht die Gefahr einer Keimbelastung des Trinkwassers, so dass sich der Genuss von gekochten Getränken als gesundheitsförderlich herausgestellt hat.

In einigen afrikanischen und arabischen Gegenden wird übrigens gerne mentholhaltiger Tee getrunken. Menthol ist ein Stoff, der die Kaltrezeptoren des Körpers stimuliert und damit ein angenehmes Kälteempfinden auslöst.

Müssen wir uns in Zukunft an die Hitze gewöhnen? Wird der Arbeitsalltag bei 30 Grad und mehr in Deutschland zur Normalität?

Ja, das wird wahrscheinlich immer häufiger werden. Und wir werden uns daran gewöhnen müssen.

Das Gespräch führte Philipp Dippl.

 
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