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Bad Kissingen
Joachim Galuska im Interview: Der Arzt mit der Vinothek
Am Samstag öffnet die Regionalvinothek mit Heiligenfeld als Betreiber. Joachim Galuska über Wein, ungewöhnliche Wege und seine Verbundenheit zur Stadt.
Heiligenfeld Gründer Joachim Galuska vor dem Schauregal der neuen Regionalvinothek im Alten Rathaus. Foto: Benedikt Borst       -  Heiligenfeld Gründer Joachim Galuska vor dem Schauregal der neuen Regionalvinothek im Alten Rathaus. Foto: Benedikt Borst
| Heiligenfeld Gründer Joachim Galuska vor dem Schauregal der neuen Regionalvinothek im Alten Rathaus. Foto: Benedikt Borst
Benedikt Borst
 |  aktualisiert: 19.08.2022 04:10 Uhr
Nach längerem Leerstand und einem mehrmonatigem Umbau eröffnet am Samstag (11 Uhr, mit Vernissage) die Regionalvinothek im Alten Rathaus mit den Heiligenfeld Kliniken als Betreiber. Der Heiligenfeld Gründer, Geschäftsführer und Facharzt für Psychosomatische Medizin, Dr. Joachim Galuska, spricht im Interview darüber, warum Heiligenfeld ungewöhnliche Wege einschlägt, warum er nicht damit rechnet, mit der Vinothek viel Geld zu verdienen und welchen Aufgaben er sich als Nächstes stellt.

Heiligenfeld betreibt nicht nur mehrere Kliniken, eine Akademie und eine Stiftung, sondern ist auch am Kisspark beteiligt und hat seit heute eine Regionalvinothek im Portfolio. Herr Galuska, trinken Sie privat auch gerne Mal ein Glas Wein?
Galuska: Zur Vinothek und zum Wein bin ich mehr privat als beruflich gekommen. Ich trinke immer schon gerne Wein, früher mehr roten und aus Südeuropa. In den letzten Jahren bin ich zu den Frankenweinen gekommen. Das hatte auch mit einer Erkrankung zu tun, die ich hatte. Den regionalen Weißwein habe ich sehr gut vertragen, das hatte etwas linderndes und tröstendes. Auf diese Weise habe ich mich dann intensiv mit Weinen beschäftigt und festgestellt, dass es hier in unserem Saaletal wunderbare Weine und Winzer gibt. Ich kannte sie nicht alle, sondern nur ein paar, aber ich habe dadurch ein ganz anderes Verhältnis zum Wein entwickelt.

Und was sagt der Mediziner Galuska zum Weingenuss?
Die Studien sind so, dass Wein in geringen Mengen eine gesundheitsförderliche Wirkung haben soll, aber man muss natürlich sehen, dass Alkohol ein Toxin ist, das negative Nebenwirkungen hat. In geringen Mengen dürften die nicht so groß sein. Aber das Medizinische erschöpft sich ja nicht darin zu sagen, ob etwas schädlich ist. Es ist eine Frage der Lebensqualität und des Lebensgenusses. Lebensfreude und Lebensgenuss - sicher nicht Selbstvergiftung - sind gesundheitsförderlich. Wein ist ein Kulturgut und er hat, wenn man es vernünftig handhabt, etwas sehr Lebensqualität förderndes. Auch etwas sozial verbindendes. Man trifft sich etwa auf einen Wein oder ein Bier und tauscht sich aus. Das ist für die Menschen etwas Wichtiges im sozialen Miteinander.

Heißt das im Umkehrschluss, wer Wein richtig dosiert und in der Vinothek zu Gast ist, landet weniger wahrscheinlich als Patient in der Psychosomatik von Heiligenfeld?
Das ist schon sehr verkürzt ( lacht). Das eine und das andere hat nicht viel miteinander zu tun. Heiligenfeld betreibt die Vinothek bestimmt nicht, weil wir Patienten mit psychischen Erkrankungen behandeln, sondern weil es mal etwas ganz anderes ist. Es ist nicht im Kontext des Gesundheitssystems zu verstehen. Man muss sogar sagen, die Vinothek ist uns mehr über den Weg gelaufen, als dass wir auf die Idee kamen, die Vinothek zu übernehmen.

Kam die Stadt auf Sie zu?
Die Stadt hat lange Zeit keinen Betreiber für das Alte Rathaus gefunden. Sie hat viele Jahre gesucht, auch nach einem Konzept. Wir waren zu dem Zeitpunkt in der Situation, uns zu fragen, was wir denn noch machen können. Da ist uns die Idee der Vinothek einfach über den Weg gelaufen. Das hat mich irgendwie angesprochen. Als ich gehört habe, dass wieder jemand abgesprungen ist, war das der Anlass, mir zu überlegen: Warum nicht. Wir haben ja auch den Kisspark. Dort haben wir damals gesagt, wir machen jetzt auch einmal etwas für junge Leute, für die Region und für die, die gerne etwas Fun haben wollen. Das war mehr aus der Identifikation mit meinen Kindern und der nächsten Generation heraus. So etwas ist sicher nicht das Kerngeschäft von Heiligenfeld, aber mit dieser offenen Haltung haben wir auch die Vinothek betrachtet. Ich hatte mich, wie bereits erwähnt, intensiv mit Wein beschäftigt und hatte eine Sympathie dafür. Wir haben die richtige Infrastruktur; wir haben eine riesige Küche, wir wissen aus der Versorgerseite, wie man Gastronomie anbietet, wir sind gut vernetzt in Bad Kissingen, wir haben eine Akademie und Veranstaltungskompetenz. All das kann man dann umsetzen.

Sind Sie der Stadt nicht vielleicht auch aus Pflichtgefühl beigesprungen, etwa weil Sie es nicht übers Herz gebracht hätten, das wunderschöne, historische Rathaus als Leerstand zu sehen?
Ich fand die Idee einer Vinothek einfach gut. Aber natürlich spielt es eine Rolle. Ich fühle mich Bad Kissingen verbunden und habe das Bedürfnis, etwas beizutragen zur weiteren Entwicklung. Wir haben hier 600 Mitarbeiter und die ganzen Familien drum herum. Das ist schon eine Verantwortung, die man fühlt. Als Familienunternehmen sind die Trägerfamilien nicht irgendeinem Aktionär verpflichtet. Wir sind frei, zu entscheiden, was wir machen. Wir müssen nicht immer dort investieren, wo wir hochprofitabel sind. Ich gehe nicht davon aus, dass wir mit der Vinothek viel Geld verdienen. Ich will eher versuchen, dass wir da keine Verluste machen.

Warum?
Das Problem ist das Personal. Wir haben jeden Tag offen und müssen über das ganze Jahr hinweg Personal stellen. Im Sommer glaube ich, dass wir profitabel sein werden. Im Winter ist aber nicht so viel los in Bad Kissingen. Da laufen nicht so viele Leute über den Marktplatz, da werden auch nicht viele in der Vinothek sein. Trotzdem müssen immer zwei Etagen mit Personal versorgt werden.

Wie glücklich sind Sie dann mit der Eröffnung jetzt, Ende November?
Sagen wir mal so, ich finde den Zeitpunkt nicht ideal. Wir hätten gerne im Sommer gestartet. Bis ein solches Vorhaben mit Förderantrag, den Planungen und Genehmigungen umsetzbar ist, braucht es seine Zeit. Außerdem haben nicht wir das Alte Rathaus umgebaut, sondern die Stadt. Ich wäre natürlich gerne früher reingegangen. Für uns ist der Start jetzt der späteste mögliche Zeitpunkt in diesem Jahr, weil wir so noch die Adventszeit haben. Durch den Weihnachtsmarkt ist Belebung auf dem Marktplatz und wir können einen Eindruck bekommen, wie die Vinothek angenommen wird. Aber natürlich ist es nicht die perfekte Jahreszeit. Und ohne unser Engagement hätte die Vinothek sicher erst im Frühjahr eröffnet.

Zur Vinothek gehört eine Galerie mit wechselnden Ausstellungen. Wie kommt die Verbindung zur Kunst zustande?
Wir hatten in der Stadt mit Art und Soul bereits einen Shop. Da hat meine Ehefrau Uta Kunst und Kalligraphie angeboten, zusammen mit Heiligenfeldartikeln. Der Shop war in der Spargasse, die sehr abgelegen ist. Da hatten wir sowieso überlegt, ob wir etwas anderes finden. Und so haben sich die Dinge alle ineinander gewoben. Im Alten Rathaus ist ja auch immer schon Kunst gewesen. Wir haben gedacht, vielleicht lassen sich diese Themen zusammenführen. Das ist nicht ungewöhnlich, weil Wein und Kunst ohnehin oft zusammengebracht werden. Im Alten Rathaus passt das gut zusammen. So ging es los. In vielen Gesprächen haben wir uns intensiver mit dem Konzept auseinandergesetzt, Winzer kennengelernt und uns mit Stadt und Landkreis darüber abgestimmt.

Was war das für eine Erfahrung für sie als Arzt?
Ich bereue es nicht, diese Entscheidung getroffen zu haben, weil ich Einblicke in eine Branche bekommen habe, die so ganz anders ist, als das Gesundheitswesen. Die Gesundheitsbranche ist total reguliert, überall gibt es Richtlinien, Regelungen, Zulassungen und Beschränkungen. Natürlich gibt es beim Weinbau Regeln, aber man ist freier. Der Winzer steht im Weinberg, ist der Natur ausgeliefert, jedes Jahr wird der Wein ein bisschen anders. Der Winzer lebt damit, weiß aber nie genau: Wie wird es heuer? Das heißt, Winzer sind bodenständig und zugleich kleine Künstler. Das war eine sehr beeindruckende Erfahrung für mich.

Erwartet die Kissinger auf dem Marktplatz ein neues Highlight?
Ich bin mit der Umsetzung unseres Konzeptes im Großen und Ganzen zufrieden. Ich denke, dass es ein Highlight wird. Es ist eine Belebung des Alten Rathauses, das eine andere Funktion bekommt als früher.

Dass Heiligenfeld Bad Kissingen belebt, ist ja nicht zuletzt in der Bismarckstraße zu sehen, wo viele ehemalige Kurhäuser übernommen und zu Klinikgebäuden umgenutzt wurden. Es gibt aber noch einige Leerstände: Wird Heiligenfeld sich in Zukunft in Bad Kissingen wieder erweitern?
Wir haben bis vor ein paar Jahren die Strategie gehabt: Wir wollen wachsen. Wir wollten eine gewisse Größe erreichen, die uns stark genug macht, um im Gesundheitswesen zu überleben. Das brauchen Sie, um allein die Fachkompetenz einzukaufen, die sie benötigen, um die immer komplexeren Anforderungen zu bewältigen. Diese Größe haben wir jetzt erreicht, indem wir in Bad Kissingen, aber auch außerhalb gewachsen sind. Das letzte, was wir erreichen wollten, war die Klinik in Berlin. Ansonsten ist es so, dass wir offen sind für Entwicklungen. Wir verfolgen aktuell keine Wachstumsstrategie mehr, würden es aber auch nicht verhindern, wenn ein gutes Angebot kommt. Wir sind im Moment damit beschäftigt, die neuen Kliniken aufzubauen und zu führen und wir müssen intern den Übergang von der Gründergeneration, also von Fritz Lang und mir, zur nächsten bewältigen. Das erfordert Energie und Zeit.

Stichwort Generationenübergang: Gibt es einen Zeitpunkt, ab dem Sie sich aus der Klinik zurückziehen?
Die ärztliche Direktion liegt inzwischen bei Dr. Jörg Ziegler. Und in der Geschäftsführung liegt das Medizinische jetzt bei Birgit Winzek. Ich habe die Verantwortung für den medizinischen Bereich abgegeben und bin innerhalb der Geschäftsführung für strategische Fragen und Strategieentwicklung zuständig. Das bedeutet, Heiligenfeld zu Innovation und Selbstorganisation noch fähiger zu machen. Da sehe ich meine Aufgabe für die nächsten Jahre.

Das Gespräch führte unser Redaktionsmitglied Benedikt Borst.
 
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