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Bad Kissingen
"Und morgen seid ihr tot": Ghostwriter aus Franken schrieb Buch über Taliban-Geiseln - jetzt auch als Film
Der Bestseller "Und morgen seid ihr tot", in dem Daniela Widmer und David Och von der schrecklichen Zeit ihrer Geiselhaft der Taliban berichten, wurde verfilmt und eröffnet jetzt das 17. Zürich Film Festival . Der Ghostwriter dieses Buches, Christian Försch, ist in Bad Kissingen aufgewachsen.
Autor Christian Försch mit dem 2013 veröffentlichten Buch 'Und morgen seid ihr tot'.       -  Autor Christian Försch mit dem 2013 veröffentlichten Buch 'Und morgen seid ihr tot'.
Foto: Sigismund von Dobschütz | Autor Christian Försch mit dem 2013 veröffentlichten Buch "Und morgen seid ihr tot".
Sigismund von Dobschütz
 |  aktualisiert: 17.08.2022 03:55 Uhr

Schon vor acht Jahren erschien der Bestseller "Und morgen seid ihr tot" von Daniela Widmer und David Och. Auf dem Titel ungenannter Autor war der aus Bad Kissingen stammende, seit Jahren in Berlin und Italien lebende Schriftsteller Christian Försch (53). Ein Jahr lang hatte er als Ghostwriter die Erinnerungen der beiden jungen Schweizer an ihre 259-tägige Geiselhaft bei den Taliban literarisch aufbereitet. Im vergangenen Jahr wurde das Buch verfilmt und wird am 23. September das 17. Zurich Film Festival eröffnen. Ab 28. Oktober wird der Film "Und morgen seid ihr tot" von Regisseur Michael Steiner auch in deutschen Kinos laufen.

Wer die im Handel nur noch als Taschenbuch vorrätige Ausgabe von "Und morgen seid ihr tot" in die Hand nimmt, wird den Namen des gebürtigen Kissingers Christian Försch auf dem Cover vergeblich suchen. Lediglich auf der Innenseite findet man die Zeile "Aufgezeichnet von Christian Försch". Doch gerade dieses Projekt hat bei Försch, der seit 1998 als freier Schriftsteller sowohl unter richtigem Namen als auch unter italienischem Pseudonym erfolgreich Romane , Krimis und mehr veröffentlicht, einen unvergesslichen Eindruck hinterlassen. "Dieses Buch ist mein faszinierendstes Projekt, eine kleine Insel in meinem literarischen Schaffen."

Ghostwriter aus Franken schrieb Bestseller über Taliban-Geiseln - jetzt auch als Film

Dabei begann alles ganz unspektakulär: 2011 war sein Mafia-Krimi "Acqua mortale" im Aufbau-Verlag erschienen. Ein Jahr später suchte Tanja Rauch, Lektorin im Dumont-Verlag, einen geeigneten Ghostwriter für ein aktuelles Projekt: Ihr Verlag wollte die Erlebnisse der gerade im März aus mehrmonatiger Taliban-Geiselhaft entkommenen Schweizer Daniela Widmer und David Och als Buch herausbringen. Da das Netzwerk in der Verlagsbranche gut funktioniert, schlug Rauchs Kollege beim Aufbau-Verlag seinen Autor Christian Försch als geeignet vor.

Zunächst zögerte Försch: "Ich war schließlich noch nie Opfer von Entführern ." Dies sei doch eine sehr intime Geschichte. Er müsse die beiden erst einmal kennenlernen, beide Seiten müssten Vertrauen zu einander finden. Um einen ersten Eindruck zu bekommen, schickte ihm Daniela Widmer ihre während der Geiselhaft geführten Tagebücher zur Einsicht.

Nach einem ersten Treffen in der Schweiz und intensiven Gesprächen mit Widmer und Och waren sie sich einig. Die Arbeit am Buch begann. Wochenweise besuchte man sich gegenseitig, arbeitete sich kapitelweise durch die Geschichte: Die beiden Kantonspolizisten Widmer (damals 28) und Och (damals 31) waren im Sommer 2011 mit einem zum Wohnmobil umgebauten VW-Kleintransporter entlang der Seidenstraße unterwegs. Am 1. Juli wurden sie in Belutschistan (Pakistan) von einem Kommando bewaffneter Paschtunen, Kämpfer der islamistischen Taliban , aus ihrem Reisebus gezerrt und 500 Kilometer Richtung Norden verschleppt. Man forderte mit ihnen als Geiseln die Freilassung gefangener Mujaheddin und Lösegeld. Doch die Verhandlungen zogen sich dahin, und die Taliban-Bewachung der beiden Geiseln wurde nachlässiger. Am 15. März 2012 gelang den beiden nach 259 Tagen die Flucht.

"Und morgen seid ihr tot": Buch entstand aus Tagebüchern und Interviews

So abenteuerlich dieses Geschehen erscheinen mag, ergab sich für Ghostwriter Försch eine Schwierigkeit: "Wie beschriebt man achteinhalb Monate Warten?" Es passierte kaum etwas, jeder Tag war wie der andere, sieht man von Verlegungen des Lagers ab, um möglichen Verfolgern des pakistanischen Militärs oder den Raketen-Angriffen der US-Drohnen zu entkommen. "Es gab keine Dramatik im Ablauf." Also suchte Försch in Widmers Tagebüchern nach "kleinen Wendepunkten". Erst im Laufe seiner Interviews habe er "nach und nach begriffen, welche extreme Bedrohung der Drohnenkrieg der Amerikaner für die beiden bedeutete".

Nach einjähriger Zusammenarbeit war das Werk gelungen. Die beiden Schweizer, mit denen Försch seitdem befreundet blieb, würdigen die Zusammenarbeit im Buch mit diesen Worten: "Auch danken wir Christian Försch, Prinz unserer Herzen, der uns unermüdlich Mut gemacht und unsere Erinnerungsarbeit unterstützt hat, der alles noch einmal gemeinsam mit uns durchlebt und durchlitten und uns am Ende unsere Selbstachtung zurückgegeben hat. Er ist Teil dieser Geschichte geworden."

Mit diesem Wissen um die Erlebnisse und Erfahrungen der beiden Schweizer mit den Taliban war die aktuelle Entwicklung in Afghanistan für Försch überhaupt keine Überraschung: "Dieses Desaster war unausweichlich und hätte von den Westmächten schon vor acht Jahren erkannt werden müssen."

Von den anstehenden Filmaufnahmen erfuhr Ghostwriter Försch schon 2018 von Daniela Widmer, die ihm die erste Drehbuchfassung schickte. "Die war dramaturgisch mangelhaft." Erst die letzte, eng an das Buch angelehnte Version, gefiel auch ihm. Für die Festivalpremiere am 23. September in Zürich in Anwesenheit des Schweizer Bundespräsidenten und der Züricher Staatspräsidentin hat Försch schon die Einladung und ist auf den Film gespannt. "Jetzt brauche ich nur noch einen Smoking."

Informationen zum Buch : Daniela Widmer, David Och: "Und morgen seid ihr tot", Dumont Verlag , Taschenbuch, 320 Seiten, Preis: 9,99, ISBN 978-3-8321-6304-4

 
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