Sie kommen aus Hamburg und Trossingen, aus Graz und Seoul, die vier begabten Musiker , die im Rahmen ihres Studiums für einige Wochen neue musikalische Erfahrungen sammeln wollen. Ganz anders als zuhause, geht es bei der Staatsbad Philharmonie in Bad Kissingen nicht darum, schwierige Stellen wieder und wieder zu proben und zu besprechen, sondern bis zu drei Mal am Tag auf der Bühne zu stehen, permanent neue Konzertsituationen zu meistern und mit ungewohntem Notenmaterial zurecht zu kommen. "Die Möglichkeit, realen Konzertbetrieb und damit weitere Facetten des Berufsbildes Orchestermusiker kennenzulernen, ist hier bei der Staatsbad Philharmonie so intensiv zu erleben, wie kaum sonst wo", meint Orchesterleiter Burghard Toelke.
Roman Riedel, Posaunist und Manager der Staatsbad Philharmonie fasst es so zusammen: "Geht es darum, nach dem Studium auch eine Anstellung als Musiker zu finden, dann können solche herausfordernden Erfahrungen, wie bei den vielseitigen Kurkonzerten, in die Waagschale geworfen werden. Da musst du nämlich auch schon mal vom Blatt spielen können".
Alle profitieren
Viele große Orchester unterhalten Akademien. Ihre Kontakte zu Professoren und Orchesterleitern haben Burghard Toelke und Roman Riedel genutzt und so diesen Austausch ermöglicht. Auch das Orchester profitiert von der Situation, erhält durch die Ideen der jungen Leute vielfältige Impulse und so ganz nebenbei kann der Orchestermanager für die Staatsbad GmbH dabei auch das Vertretungsproblem bei Urlaub und Krankheit entschärfen. Mit entsprechenden Netzwerken lässt sich manches umsetzen.
Die jungen Musiker ihrerseits sind überzeugt, einen nicht zu unterschätzenden Schritt auf der Karriereleiter zu tun. Stephan Mayrhuber schwärmt geradezu von der Vielfalt der Stücke. "Jeden Tag was Neues, das fordert", bekennt der 21-jährige Klarinettist, der an der "Universität für Musik und darstellende Kunst" im österreichischen Graz studiert. Vor allem das Nebeneinander von Klassikern und neuen Kompositionen wie "Western Town" von Kurt Rehfeld macht Spaß.
Die herzliche Aufnahme im Orchester und das dankbare Publikum beeindrucken Johannes Benz. Auch er ist erst 21 und studiert Trompete an der " Hochschule für Musik und Theater" in Hamburg. Der Beifall in der Wandelhalle beim Klassikmix "Der unsterbliche Verdi", wo er den Triumphmarsch aus Aida als Trompetensolo spielen durfte, macht ihn stolz.
"Es ist richtig schön hier", schwärmt auch der 24-jährige Posaunist Quinn Parker, der an der "Musikhochschule Trossingen" studiert. Die drei bilden in einer Kissinger Pension eine funktionierende Koch- und Wohngemeinschaft auf Zeit und hoffen, sich auch später nicht aus den Augen zu verlieren. Die Violinistin Jee-Hyang-Sin ist bereits Orchestermitglied, spielt im "Ars Nova Chamber Orchestra" in Seoul. Auch sie will ihr musikalisches Spektrum erweitern. Der Flug nach Kissingen, um mit Burghard Thoelke zu musizieren, war ihr nicht zu weit.
Aufbruchstimmung im Orchester
Vieles hat sich im Orchester geändert. Längst überfällig waren neue Stühle. Mit schmalem Rücken und veränderter Sitzposition eigens für Musiker konstruiert, sorgen sie für mehr Luft bei den Bläsern und für mehr Bewegungsfreiheit bei den Streichern. Das hält die Konzentration hoch und man ermüdet nicht so schnell, bestätigt Roman Riedel und umreißt eine sehr erfreuliche Situation rund um die Kurmusik. Mit Burghard Toelke ist neuer Schwung eingekehrt: "Der Chef ist ein toller Musiker , ein kreativer Orchesterleiter und ein Macher". Und: "Der neue Name beflügelt, das Harmonium bereichert den Klang, wir sitzen entspannter und jetzt bringen sogar die Akademisten neue Impulse." Der Orchestermanager freut sich: "Es läuft gut, Thoelke macht's möglich".
Zuhörer schwärmen
Den Gästen und dem Kissinger Publikum ist das nicht verborgen geblieben. "Schön, dass man jetzt auch mal junge Gesichter im Kurorchester sieht", meint Kurgast Martin Kanz aus Berlin, der zwar den neuen Namen des Orchesters nicht sofort parat hat, aber für das Niveau der "verjüngten" Staatsphilharmonie beim Morgenkonzert stürmischen Applaus spendet. Bravos vom restlichen Publikum gibt's obendrein.