
Der erste Jazzabend des neuen Jahres und der Spielzeit 2025 im Bismarck’s Basement war der US-amerikanischen Jazz- und Bluessängerin , Pianistin und nicht zuletzt Bürgerrechtsaktivistin Nina Simone gewidmet. Der aus Bad Hersfeld stammende Pianist Jan Luley und die auf der Atlantikinsel Bermuda geborene und aufgewachsene Sängerin Ginea Adi Wolf boten gemeinsam einen ganzen Tribute-Abend im Stile und mit Werken der berühmten Nina Simone .
Und bereits nach den ersten Klängen im wieder einmal voll besetzten Keller des Bismarck-Museums wurde klar, dass hier zwei Künstler zusammengefunden haben, die besser nicht hätten zusammenpassen können. Pianist Luley hat seine Leidenschaft in der Blues- und Dixieszene der amerikanischen Südstaaten , insbesondere dem Sehnsuchtsort New Orleans, gefunden. Ginea Adi Wolf ist mit der Gospelmusik ihrer Heimat Barbados groß geworden, die ihr unbestritten im Blut steckt.
Erste Auftritte in der Kirche
Nina Simone wurde am 21. Februar 1933 in Tryon, North Carolina, geboren und lernte seit frühester Kindheit Klavier. Ihre Mutter war Methodistenpredigerin, und ihre ersten musikalischen Auftritte gab sie in ihrer örtlichen Kirche. Ebenfalls seit jungen Jahren sah sie sich mit dem seinerseits noch allgegenwärtigen Rassismus in den USA und den Alltagsdiskriminierungen der schwarzen Bevölkerung konfrontiert. Diese Erfahrungen sollten sie ein Leben lang prägen, auch musikalisch.
Ab den 1960er Jahren thematisierte sie Rassenungleichheit und alltägliche Gewalt gegen Schwarze in ihren Stücken, trat gleichzeitig bei Bürgerrechtsversammlungen auf und sprach auf Demonstrationen. Während Simones musikalisches Schaffen vom Gospel über Blues, Jazz, Soul und Folk sowie ihre Bühnenpräsenz ihr den Titel „Hohepriesterin des Soul“ einbrachte, waren ihr privates Leben und ihre Ehen mehr und mehr von Krisen geprägt.
Facettenreiche Soulstimme
In ihren späten Jahren unternahm sie Europatourneen, suchte ihre Bestimmung in Afrika und entfernte sich langsam aber kontinuierlich vom politischen Kampf. Nina Simone hatte eine Affäre mit dem Premierminister von Barbados, Errol Barrow, und war in den 1980er Jahren regelmäßiger Gast in der Jazzszene Londons. Ihre letzten Jahre verbrachte Nina Simone in Südfrankreich, wo sie 2003 nach langem Krebsleiden starb.
Und so schließt sich der Kreis für Ginea Adi Wolf, die in der Gospel- und Kirchenkultur ihrer Heimat Barbados aufgewachsen ist und freimütig erzählte, wie ihre Familie und sie früher stunden- und tagelang Gospels in der Kirche gesungen hätten. Ihre facettenreiche und tiefgründige Soulstimme füllt jeden der Songs mit Wärme und Charakter. Ihre temperamentvolle und spontane Art macht aus jeder Nummer ein Erlebnis. Ihr Erweckungserlebnis hatte Wolf bei einem Konzert von Nina Simone , die sie live sah, und sich zu Tränen gerührt, nichts sehnlicher wünschte, als in diesem Moment mit ihr auf der Bühne zu stehen.
Direkter Draht zu jedem Gast
Ginea Adi Wolf sammelte ebenfalls musikalische Erfahrung in London, bevor sie nach Hamburg kam und seitdem als Sängerin, Songwriterin , Schauspielerin und Malerin aktiv ist. Sie hat die Traditionen des Gospels völlig verinnerlicht, wo der Pfarrer seiner Gemeinde zuruft und diese ihm mit voller Stimmkraft antwortet. Ginea Adi Wolf weiß ihr Publikum gleichermaßen für sich zu gewinnen und nutzt jede Chance, die Zuhörer zum Mitklatschen und Mitsingen zu animieren. Sie sucht jedes Mal aufs Neue den direkten Draht zu jedem einzelnen Gast im Publikum und liebt es, direkt auf die Menschen zuzugehen und mit ihnen zu kommunizieren.
Ein ebensolcher Tausendsassa ist Jan Luley, der an diesem Abend die Begleitung am Klavier übernahm. Erst interessierte er sich für Boogie-Woogie, Swing und Mainstream-Jazz, wandte sich musikalisch aber immer mehr dem Soul und der Gospel-Musik zu. Dabei wurde die Musik der Südstaaten-Metropole New Orleans immer mehr zum Kern seines musikalischen Schaffens. Seit 2006 organisiert er Gruppenreisen in die Stadt am Mississippi und lässt seine Gäste in die musikalische Seele der Stadt eintauchen.
Einer der besten in Europa
Im Duett mit seiner musikalischen Partnerin Ginea Adi Wolf bleibt sein Klavierspiel dezent im Hintergrund und setzt sich leichtfüßig unter den kraftvollen Gesang. Diese Zurückhaltung lässt einen schnell vergessen, dass hier einer der besten und vielseitigsten europäischen Jazzpianisten am Werk ist. Doch Starallüren sind bei ihm fehl am Platz, gentlemanlike bietet seine feinfühlige Art der kraftvollen Stimme von Wolf die Bühne, die sie verdient. Nichtsdestotrotz, oder vielleicht genau deswegen, spürte man, dass man an diesem Abend zwei absolute Top-Künstler ihres Genres in völliger Harmonie musizierend vor sich hatte.
Selbstredend endete auch dieser erste Jazzabend des Jahres im Bismarck’s Basement nicht ohne den wohlverdienten, anhaltenden Applaus des begeisterten Publikums, und natürlich wurden die Musiker nicht ohne Zugabe von der Bühne gelassen. Bei einem solch gelungenen Start in die neue Jazz-Saison freut man sich jetzt bereits auf das, was bald noch kommen mag. Am Samstag, 1. März, geht es weiter mit der Roberto Bossard New Group.