Mit mehr als 200 Gästen hatte man beim "Jazz-Breakfast" sicherlich eine Schall- und Schmerzgrenze erreicht, denn aus einem gemächlichen Brunch wurde für manche Gäste ein leicht stressiger Morgen, wenn man das Zeitraster für das Sonntags-Event nicht erfasst hat. Ab 10 Uhr stand das Buffet bereit und rechtzeitig zum Konzertbeginn um 11 Uhr sollten die Reste von Platten und Tellern wieder in der Küche des Kurgarten-Cafés verschwinden. Danach waren Kaltgetränke angesagt und auch so mancher Fächer wurde zur manuellen Erfrischungstherapie gezückt.
Im letzten Geklapper von Geschirr und Behältnissen betraten Charlene "Couchy" Jean (Vocals, Gitarre), Hannes "Hank" Schindler (Vocals, Violine, Mandoline) und Robert "Colt" Brendler (Vocals, Bass) die Bühne, die anstatt mit Stühlen und Notenständer mit - wen wundert´s - einer Couch und Kissen dekoriert war. Das fade Cord-Beige des Sofas, in das die Drei hineinsanken, versprühte den biederen Charme des vergangenen Jahrhunderts, der jedoch mit den ersten Klängen zu "Them there eyes" aus dem Raum vertrieben wurde. Die Drei entpuppten sich als virtuose Entertainer, die mit spontaner Moderation -"Mal witzig, mal möchte man im Boden versinken", so das Eingeständnis von Hank Schindler - und eigenwilliger, aber unterhaltsamer Interpretation von bekannten und unbekannten Lieder aus der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts sowie eigenen Werken die Mittagshitze (fast) vergessen ließen.
"Die Couchies" genossen sichtlich das Ambiente im Kurgarten-Café und diese Wohlfühl-Atmosphäre spiegelte sich auch in ihrem Programm und ihrer Spielfreude wider. Mal ließen sie den kalten Wind aus Nordpolen durch den Raum wehen, wobei sie musikalisch passend, aber witterungsbedingt ungünstig Pelzmützen trugen, mal trällerte Charlene Jean mit kindlicher Aufgewecktheit das Stück "Sweet Sue" ins amüsierte Publikum, mal überraschten die schlichten Texte aus "Automobil", die um lautmalerisches Stimmengewirr ergänzt wurde. Verswingt kam "Ich bin von Kopf bis Fuß auf Liebe eingestellt" als Hommage an Marlene Dietrich daher, dagegen erhielt Zarah Leanders Evergreen "Nur nicht aus Liebe weinen" einen melancholischen Touch, der sich jedoch in schweißtreibenden Rhythmus verwandelte - und viel Applaus der begeisterten Gäste erhielt.
Auf den Spuren von Swing- und Blues-Größen des letzten Jahrhunderts bewegten sich die Drei z. B. mit "Deed I Do" oder "Lose my Blues " oder mit der Ballade "Under The Moon" - mal mit Mandoline aufbereitet, mal mit jazziger Klangfülle präsentiert, mal mit augenzwinkernden Lautmalereien ausgeschmückt. Die Comedian Harmonists klangen durch bei "Sie will nicht Blumen, sie will nicht Schokolade" und die exzellent gespielte Violine durfte dabei den flotten Rhythmus vorgeben. Großen Wert auf Wiedererkennung legte das Trio auch bei "Die Julischka, die Julischka aus Buda-Budapest" - ein Evergreen aus der Operette "Maske in Blau" -, bei der Charlene Jean, Hannes Schindler und Robert Brendler zur Höchstform aufliefen und für ihr Können und Spielfreude den verdienten Applaus erhielten - jedenfalls so viel, dass es für eine Zugabe reichte: das romantische Stück "Sing Nachtigall sing" von Evelyn Künneke verabschiedete die begeisterten Gäste hinaus in einen Sommersonntag mit erhöhten Temperaturen.