Ein Squash-Spieler aus Bad Kissingen ist schon ungewöhnlich genug. Schließlich wird dieser Sport im Landkreis allenfalls auf Hobby-Ebene praktiziert. Im aktuellen Steilpass-Interview kommt mit Javier Rodriguez aber nicht nur ein richtig guter Vertreter dieser Zunft zu Wort. Sondern ein Mensch, der auf eine ganz besondere Vita verweisen kann. Wir klären nicht nur auf, wie der 49-Jährige aus dem fernen Kolumbien an die Fränkische Saale kam, sondern verraten auch, warum ein Wirtschafts-Ingenieur ins Schuh-Geschäft eingestiegen ist, dabei sogar Welt-Stars im Squash mit dem richtigen Schuhwerk versorgt.
Wer hat Sie angespielt?
Javier Rodriguez: Das war Luca Scheublein vom Golf-Club Maria Bildhausen. Ihn kenne ich, weil sein Vater Mitglied im Team „Squash Me Schweinfurt“ war, mit dem wir vor einiger Zeit die Liga gewonnen haben. Die Saale-Zeitung hatte Anfang 2016 darüber berichtet.
Wie sieht Ihr Laufweg aus?
Ich habe relativ spät mit 21 Jahren angefangen, Squash zu spielen, weil ich ein Turnier der Professional Squash Association (PSA) gesehen hatte, das jedes Jahr im Club El Nogal in Bogota stattfand. Von diesem Moment an war ich vom Squash fasziniert. Noch mehr von dem Moment, als ich zum ersten Mal einen Schläger in die Hand nahm. Ich weiß noch, wie ich den Turnierdirektor fragte, wie viel Zeit ich brauchen würde, um auf diesem Niveau zu spielen. Er fragte mich nach meinem Alter, und als ich antwortete, sagte er mir, dass ich niemals auf diesem Niveau spielen würde. Also begann ich zu trainieren, um zu beweisen, dass ich es schaffen kann. Ich studierte Wirtschaftsingenieurwesen an der Universität der Anden und hatte die Möglichkeit, im Metropolitan Club zu trainieren, wo ich Mittagspause machte, trainierte, um dann zur Universität zurückzukehren. Es dauerte drei Jahre, bis ich in Kolumbien die professionelle Ebene erreichte. Ich spielte nationale Turniere, aber auch Turniere in der Schweiz und in Lichtenstein, als ich in der Schweiz lebte. Dann zog ich mich für acht Jahre zurück, bis ich 2015 wieder in Deutschland anfing zu spielen. Hier spiele ich im Ligabetrieb in Bayern und Baden-Württemberg, nehme an der European Masters-Tour teil und zusätzlich an den World Masters-Championships, die von der World Squash Federation organisiert werden. Mein nächster Termin ist im Januar beim Grand Prix von Portugal in Porto.
Wie kommt ein Kolumbianer nach Bad Kissingen?
Meine Frau ist Deutsche, wir haben vier Jahre lang in Kolumbien gelebt. Ein Jahr nach der Geburt unseres ersten Kindes haben wir beschlossen, nach Deutschland zu ziehen, damit unser Sohn aufgrund der Sicherheitsrisiken in Kolumbien mit mehr Freiheit aufwachsen und ich mehr Zeit mit ihm verbringen kann, da meine Firma damals zu viel Zeit beanspruchte. Meine Frau, die Psychotherapeutin ist, erhielt nach ihrer Bewerbung einige Angebote und so entschieden wir uns ohne zu zögern für Bad Kissingen, da wir eine kleine, ruhige, sichere Stadt ohne Staus und natürlich mit Squashplätzen suchten. Als wir ankamen, stellte ich überrascht fest, dass die beiden Squashplätze vom Hotel Sonnenhügel für die Kinderbetreuung genutzt wurden. So spielte ich die ersten Jahre Golf, bis ich den Schweinfurter Club fand.
Kolumbien ist wie Deutschland ein Fußball-Land. Wie sehr interessieren Sie sich für Fußball?
Ein bisschen. Ich schaue mir die Spiele der deutschen Nationalmannschaft an und verfolge Real Madrid , den Verein, von dem ich ein Fan bin.
Haben Sie einen Lieblingsspieler in Kolumbien?
Da fallen mir kolumbianische Fußball-Legenden ein wie der Torwart Rene Higuita mit seinem Skorpion-Stopp und Carlos „el Pibe „Valderrama mit seinen blonden krausen Haaren. Von den neueren Spielern sind mir James Rodriguez , der für Real Madrid und Bayern München gespielt hat, und der Liverpooler Stürmer Luis Diaz aufgefallen.
Was fasziniert Sie so sehr am Squash?
Wenn ich einen Squash-Court betrete, schaffe ich es, vom Geschäft und den anderen Aspekten meines Lebens völlig abzuschalten. Squash ist eine körperlich sehr anstrengende Sportart, die nach der Leichtathletik als die anspruchsvollste gilt. Neben der körperlichen Anstrengung ist die Taktik von grundlegender Bedeutung. Den Körper zu dieser Leistung zu bringen, während der Puls auf Hochtouren läuft, und die mentale Klarheit zu haben, um die richtige Taktik anzuwenden, ist etwas, das mich fasziniert.
Es gibt in Bad Kissingen keinen Squash-Verein, nicht einmal im Landkreis . Sie sind dennoch regelmäßig noch auf dem Court zu finden. Wo und mit wem spielen Sie?
Früher habe ich in Schweinfurt zwei- bis dreimal die Woche trainiert. Vor einiger Zeit hat es für mich keinen Sinn mehr gemacht, weil es dort keine Spieler auf ähnlichem oder besserem Niveau gibt. Deshalb spiele ich jetzt für den TSC Heuchelhof in Würzburg. Aber aufgrund der Entfernung gehe ich nur einmal pro Woche hin und ergänze mein Training mit Fitnessstudio sowie Tennis- und Pickleballspielen.
Sie sind Inhaber der Firma Teuton-Sports. Was hat es damit auf sich?
Als ich in Deutschland wieder anfing, Squash zu spielen, fand ich keinen Schuh, mit dem ich mich auf dem Court wohlfühlte. Ich probierte mehrere Marken und Modelle aus, aber keiner gefiel mir. Sie schienen instabil, die Dämpfung war nicht ausreichend, ich bekam Krämpfe. Genau zu dieser Zeit wollte ich ein neues Geschäftsprojekt in Deutschland starten, nachdem ich die Sprache gelernt hatte. Also setzte ich mir die Aufgabe, die besten Squashschuhe zu entwickeln.
Wie kommt es, dass Sie Ihren Firmensitz in Euerdorf haben?
Meine Frau hat ihre Praxis in Euerdorf und da wir im oberen Teil von Garitz wohnen, ist der Standort dort sehr praktisch für uns.
Wie viele Angestellte/Mitarbeiter haben Sie dort? Wird dort auch produziert oder ist dort nur der Vertrieb?
In Euerdorf arbeite ich mit einem Festangestellten, einem Praktikanten und bin gerade dabei, einen Geschäftsführer für das Projekt zu rekrutieren. Der Betrieb ist dezentralisiert, das heißt, ich habe ein paar Leute, die in Kolumbien für Marketing und Design zuständig sind. Die Lager in China, den USA und Deutschland werden von drei Partnern verwaltet und in China habe ich eine Person, die für die Logistik zuständig ist. Es ist ein Projekt, das nicht nur im Betrieb, sondern auch in der Kostenstruktur eine große Herausforderung darstellt. Es wächst zufriedenstellend, aber nach all der Zeit bin ich immer noch in der Investitionsphase.
Kann man dort direkt Schuhe beziehen?
Wir haben kein Geschäft in Euerdorf oder Bad Kissingen, sondern nur Büros, aber die Schuhe können ganz einfach über unseren Internetshop www.teutonsports.com gekauft werden.
Wie wird man zum Schuh-Spezialisten?
Als ich anfing, hatte ich keine Vorkenntnisse in der Schuhentwicklung, aber als Wirtschaftsingenieur kannte ich mich mit Produktion aus - und ich liebe Materialien. Während ich internationale Messen besuchte, lernte ich an einem Institut in Pirmasens alles über Schuhdesign und -produktion. Aber das Wichtigste ist, dass ich als Sportler genau wusste, was in einem Schuh gebraucht wird.
Woher kommt der Markenname?
Das ursprüngliche Ziel des Unternehmens war es, die besten Squash-Schuhe zu entwickeln und mit einer deutschen Marke in der Squash-Welt präsent zu sein. Nachdem ich mehrere Optionen für den Markennamen in Betracht gezogen hatte, entschied ich mich schließlich für den Namen Teuton als Symbol für das germanische Kulturerbe, zu Ehren des germanischen Stammes, der um 2000 vor Christus einer von mehreren germanischen Völkern war.
Was macht Ihren Schuh denn so besonders?
Jedes Detail des Schuhs hat einen Grund, sowohl im Obermaterial als auch in der gesamten Sohle. Ich würde sagen, dass der speziellste Teil des Schuhs die Sohle ist, ihre Konstruktion und die Technik der Materialien, aus denen sie besteht, ist fantastisch. In die Zwischensohle habe ich drei Schichten aus verschiedenen Materialien eingearbeitet, die dem Schuh die nötige Leistung verleihen, um ein gutes Gefühl für den Untergrund zu haben, den richtigen Grip und eine hervorragende Dämpfung. Das Design sorgt für ausgezeichnete Stabilität und all das bedeutet am Ende nicht nur Leistung, sondern auch Verletzungsprävention.
Welche berühmten Squash-Spieler haben Sie schon ausgerüstet?
Teuton ist eine Marke, die alle einbezieht. In unserem Pool professioneller Squashspieler haben wir Spieler aus verschiedenen Ländern, Ethnien, Geschlechtern und Religionen, darunter einige der besten Spieler der Welt, wie Mostafa Asal aus Ägypten, die Nummer 1 der Welt; Georgina Kennedy, Englands Nummer 1 und amtierende Commonwealth-Games-Meisterin; oder Victor Crouin, Frankreichs Nummer 1 und amtierender World-Games-Meister.
Sind die Schuhe auch für andere Sportarten geeignet?
Ja, die Sohlen meiner ersten beiden Schuhmodelle waren für Hallensportarten geeignet, vor allem für Squash. Die ganze Covid-Quarantänezeit war ein Albtraum für das Geschäft, weil kein einziges Paar Schuhe verkauft wurde. Das brachte mich auf die Idee, sogenannte All Court-Sohlen zu entwickeln, die für verschiedene Bodenbeläge geeignet sind. Teuton-Schuhe bieten eine sehr hohe Leistung für Sportarten wie Tennis, Padel-Tennis, Pickleball, Tennis, Volleyball und Handball auf harten Oberflächen, Sand oder granulierten Kunststoffmatten.
An wen spielen Sie weiter?
An meinen Sohn, Maximiliano Rodriguez, er ist Junioren-Tennisspieler des TC Rot Weiß Bad Kissingen.