Das Schwaneneck gilt nicht als Bad Brückenaus gemütlichste Wohnadresse. Viel Verkehr zwängt sich durch die Engstelle; Lkw bremsen quietschend davor, beschleunigen dahinter wieder. Genau hier, neben der Schwan-Apotheke, hat Rudolf Pastovic seine neue Heimat gefunden. Der 63-Jährige investiert Hunderttausende Euro in ein historisches Anwesen. Und bekennt sich nicht nur so zur Stadt.
Mit Doktortitel in der Putzkolonne
Als Pastovic vor zehn Jahren auf den Gebäudekomplex am Schwaneneck stieß, kannte er die Rhön und Bad Brückenau erst ein paar Monate. Im Februar 2012 hatte der Kroate als Oberarzt in der My-way-Betty-Ford-Klinik im Staatsbad angefangen; im September stieg er zu deren Chefarzt auf. 21 Jahre zuvor war er nur mit einem Koffer vor dem Krieg auf dem Balkan geflohen. Sein erstes in Deutschland verdiente der Mann mit kroatischem Doktortitel auf einer Baustelle und in einer Putzkolonne.
In Deutschland gründete der Kroate mit ungarischen Wurzeln eine Familie mit zwei Kindern. 2010 erlangte er den Titel als Facharzt für psychosomatische Medizin und Psychotherapie und die deutsche Approbation.
Suche nach eigenem Domizil
In Bad Brückenau bezog Pastovic zunächst eine Klinikwohnung. Da er davon ausging, länger zu bleiben, suchte er bald ein eigenes Häuschen.
An die 20 Objekte hatte sich der Mediziner gemeinsam mit einem Makler angeschaut, ehe er am Schwaneneck etwas Passendes fand. Das Anwesen war günstig zu haben; der vordere Teil stammt laut Pastovics Nachforschungen von 1787, blieb wie die Umgebung vom großen Stadtbrand von 1876 verschont.
Zwei Jahre Chefarzt an der Betty-Ford-Klinik
Das Hinterhaus wurde hingegen erst 1962 angebaut. Ein gewisser Erwin Müller und Nachfolger betrieben im Untergeschoss ein Friseurgeschäft.
Zwar endete das Engagement des Arztes an der Betty-Ford-Klinik nach zwei Jahren. Bad Brückenau und dem Schwaneneck blieb Pastovic aber treu. Seit September 2015 arbeitet der 63-Jährige an einer Rehaklinik in Bad Soden-Salmünster – wo er seine aus dem bosnischen Sarajevo stammende Frau kennenlernte.
Frau kannte Landleben nicht
Damals war sie sehr auf die Großstadt Frankfurt bezogen, kannte die Vorzüge des Landlebens nicht. Im April 2022 heiratete das Paar; Pastovics Frau absolviert eine Facharztausbildung in Fulda. „Wir wussten: Wenn wir hier bleiben und leben wollen, müssen wir etwas am Gebäude tun“, sagt ihr Mann. So fiel der Entschluss, in eine Sanierung zu investieren.
Rudolf Pastovic sah sich einer besonderen Aufgabe gegenüber: Das Anwesen liegt im „Sanierungsgebiet West“; der vordere Teil steht unter Ensembleschutz. Wer dort renovieren will, bekommt zwar einige staatliche Zuschüsse, muss sich aber Vorgaben unterwerfen. Denn moderne Umbauten und Baustoffe sollen das Bild der Altstadt nicht verfremden.
Strenge Vorgaben zum Ensembleschutz
So erhielt Pastovic von Stadt und Denkmalbehörde Vorgaben zu Form, Abstand und Material der Fenster und Holzschindeln an der Fassade; ähnlich war es bei den Dachziegeln . Auch Außenmörtel und – farben müssen Vorschriften entsprechen. Die Wärmedämmung erfolgt von innen über spezielle Holzmatten.
Weniger streng waren die Vorgaben der Ämter für den hinteren, jüngeren Teil des Hauses. Dort entsteht unter anderem eine Dachterrasse mit herrlichem Blick über Stadt und Rhön. Das Dach des angrenzenden Wintergartens ziert eine Fotovoltaikanlage zur Stromerzeugung. Beheizt wird das Gebäude künftig über eine Kombination aus Gasbrenner und Wärmepumpe.
Im Erdgeschoss des Anwesens hat der Facharzt eine Praxis für psychosomatische Medizin und Psychotherapie eingerichtet.
Investitionskosten verdoppeln sich
Dies alles, aber auch allgemein steigende Preise am Bau haben die geplante sechsstellige Investitionssumme auf das Doppelte anschwellen lassen. Rudolf Pastovic stört das nicht – wegen der staatlichen Förderung, steuerlicher Vorzüge und der Wertsteigerung des Gebäudes.
Er freut sich auf den Moment in zwei bis drei Monaten, wo Gerüst und Schutzplanen fallen. „Es wird ein wunderschönes Haus sein, wo man toll lebt und an dem sich viele andere erfreuen. Wo in der Großstadt könnten wir so gut wohnen?“
Der starke Verkehr am Schwaneneck stört ihn nicht. Fenster und Fassade seien bald bestens isoliert, das Schlafzimmer nach hinten raus.
Tolle Menschen in Bad Brückenau kennengelernt
In Bad Brückenau hat Pastovic „ganz tolle Menschen kennengelernt, die ich auch Freunde nennen kann“. Fulda, Bad Kissingen und Würzburg seien nicht weit, ebenso nicht Frankfurt mit seinem Flughafen . Der Lieblingsblick gehe zur Himmelsleiter; rund um Römershag, Volkers und am Kreuzberg sei es schön.
Besonders freut sich der Kroate, dass das Gasthaus „Stern“ wieder läuft – mit ungarischer Küche, die er von der Mutter kennt. „Es ist immer wieder schön, nach Bad Brückenau zurückzukommen“, sagt der 63-Jährige. Und ergänzt: „Ich habe keinen Bock mehr auf Umziehen.“
Lesen Sie mehr über Bad Brückenau und seine Altstadt: