Bad Kissingen
Interview mit Hans Markwalder vom "Sonnenhügel"
Gespräch über Internet-Verbindung, schlechte Straßen und die Chancen für Fünf- und Vier-Sterne-Hotels.
Der Schweizer Hotelier Hans Markwalder ist ein Mann der klaren Worte: "Sein lassen" lautet sein Ratschlag an den Freistaat für die Suche nach dem Betreiber eines Vier-Sterne-Hotels auf dem ehemaligen Steigenberger-Areal. Seit sechs Jahren leitet der 64-Jährige Hotelier das Hotel Sonnenhügel oberhalb von Reiterswiesen. Im Sommer-Interview spricht er über seine Sicht auf die Stadt, die Wirtschaftsförderung, die Staatsbad GmbH und die Branche.
Herr Markwalder, was bekommt man hier hoch oben eigentlich aus der Stadt mit?
Hans Markwalder: Wir bekommen hier oben alles mit und müssen das auch, weil wir Teil des Ganzen sind. Beispiel: Ein Teil unserer Gäste, nämlich die Busreisenden, sind absolut angewiesen auf den öffentlichen Personen-Nahverkehr. Was dieser zum Beispiel am Wochenende nicht leisten kann und - aus ökonomischen Gründen berechtigterweise auch nicht leistet - müssen wir durch hoteleigenen Shuttle ausgleichen. Kein Problem. Ein weniger attraktiver ÖPNV würde uns definitiv Belegung aus dem Busreise-Segment kosten und der Staatsbad GmbH entsprechend Kurtaxe.
Wie sehr profitieren Sie vom Marketing der Staatsbad GmbH und dem Image der Stadt?
Die Staatsbad ist nicht dazu da, Partikularinteressen zu bedienen, daher gehören Vertriebsmaßnahmen da auch nicht hin. Sie soll die Bekanntheit der Destination steigern und touristische Angebote von allgemeinem Interesse bereitstellen. Wir sind unter Maßgabe dessen, was wir erwarten, zufrieden mit der Arbeit der Staatsbad GmbH.
Welche und wie viele Gäste kommen eigentlich zu Ihnen?
Wir bedienen hauptsächlich die Marktsegmente Familien, Tagungen und Gruppenreisen. Familien machen mittlerweile rund 50 Prozent unserer Gesamtbelegung aus, in diesem Segment sind wir Marktführer in der Region und die Kooperation Familotel ist Marktführer in Europa für hochwertigen und spezialisierten Familienurlaub.
Und welcher Teil davon nutzt die Angebote, die durch die Kurtaxe finanziert werden?
Die durch Kurtaxe finanzierten Angebote werden hauptsächlich durch Busreisende genutzt, da sind sie wichtig, für Familien und Tagungen sind diese Angebote wenig relevant.
Der Freistaat bemüht sich seit Jahren um die Nachnutzung des Steigenberger-Areals: Wie sehen Sie dieses Engagement und welche Hotel-Kategorie halten Sie für realistisch?
Der Ruf nach einem 5-Sterne-Hotel ist absurd, nach privatwirtschaftlichen Kriterien hätte es keine Überlebenschance. Gute 4-Sterne-Hotels hat es genug in Bad Kissingen, daher: Sein lassen!
Wie gut fühlen Sie sich von der Stadt in Sachen Infrastruktur, vor allem Zufahrt und Internet, versorgt?
Ein wunder Punkt, hier muss ich ausholen: Es ist zu kritisieren, dass in Deutschland die Summe der Sozialtransfers beziehungsweise der Anteil der Sozialausgaben am Bundeshaushalt mittlerweile viel zu hoch ist. 2015 waren es 47 Prozent. Fehlentscheidungen in Berlin wirken sich letztlich bis in die kommunalen Haushalte aus mit dem Resultat, dass für Aufbau und Erhaltung der Infrastruktur zu wenig Geld übrigbleibt. Es kann nicht sein, dass fast die Hälfte unserer Steuern und Abgaben in Sozialtransfers fließen - übrigens mit weiterhin steigender Tendenz - und für die Erhaltung der Infrastruktur wird der Bürger/die Wirtschaft dann nochmals per Eigenbeteiligung zur Kasse gebeten.
Was heißt das konkret für Sie?
Die Burgstraße ist eine Schlaglochpiste, die mittlerweile als Teststrecke für Offroad-Fahrzeuge dienen könnte. Um eine schnelle Internetanbindung mussten wir uns privatwirtschaftlich kümmern, weil uns die Telekom nicht versorgen kann und will, schon gar nicht in der erforderlichen Bandbreite, also mindestens 200 Megabit in der Sekunde Download. Ich akzeptiere, dass es sich für die Telekom nicht rechnet, aber da ist dann eben wirklich mal der Staat gefragt, dafür zahlen wir auch Steuern und Abgaben, nicht nur für Sozialtransfers.
Was würden Sie sich da vom Wirtschaftsförderer konkret wünschen?
Gerade Infrastruktur wäre eine Aufgabe, in die er sich richtig "reinbeißen" könnte.
Was halten Sie speziell von Chrono-City?
Chrono-City halte ich für einen Nebenkriegsschauplatz mit viel Marketing-Pulverdampf, der den Blick auf das wirklich Wichtige vernebelt. Wem nützt dieser Hype eigentlich?
Zu Ihrer Branche: Wie schwierig ist es, Fachkräfte zu finden?
Ich nehme das Beispiel der Köche, die Alarmposition Nummer eins der Branche: Mein jüngerer Sohn hatte das Privileg, in der Sterne-Küche des Parkhotel Laudensack eine harte, fordernde und fördernde Ausbildung zum Koch absolvieren zu dürfen, davon wird er ein Leben lang profitieren. Wenn wir die Forderung nach "Anstrengung - Leidenschaft - Einsatz" wieder verbinden mit dem Versprechen für "gute Ausbildung - gutes Einkommen - gute Karrierechancen", finden wir auch Leute. Der größte Ärger für gute Nachwuchsleute ist aktuell, dass sie zu wenig Nettoeinkommen vom Bruttogehalt übrig haben, womit wir wieder bei den Sozialtransfers wären.
Wie steht ihr Haus da, was ist an Investitionen geplant?
Wir haben im Sonnenhügel immer noch einen großen Nachholbedarf, ich bin ja hier, weil man mir auf Grund meiner Vita zugetraut hat, ein Neupositionierungs- und Sanierungskonzept zu erstellen und dann auch durchzuziehen. Das gelingt mir mit großer Unterstützung von engen Mitarbeitern und dem Beirat auch, aus finanziellen Gründen eben nicht von jetzt auf sofort. Wir investieren im Moment viel in den Erlebnisfaktor der Gäste, aber auch in den Erhalt der vorhandenen Infrastruktur. Über zwei Millionen Euro mussten in teilweise übertriebene Brandschutzmaßnahmen gesteckt werden, wohlgemerkt ohne staatliche Förderung.
Was ist aus Ihrer Sicht Ihr bestes Argument, um die Menschen bis hier hoch zur Botenlaube zu locken?
Wir sind im Umkreis von 60 Kilometern das einzige Hotel mit einer echten und kompetenten Spezialisierung auf die Bedürfnisse von Familien.
Und wie läuft die Saison 2016?
Das Jahr entwickelt sich gut, aber nicht so gut, wie wir dachten, ein Bruch war nach dem Amoklauf in München zu spüren, das ging schlagartig. Mittlerweile haben die Buchungen wieder angezogen, allerdings war insbesondere das Rakoczy-Wochenende in den Vorjahren kurzfristig noch besser nachgefragt.
Person Hans Markwalder stammt aus der Schweiz, ist 64 Jahre alt, verheiratet und hat zwei Söhne im Alter von 24 und 27 Jahren. Der diplomierte Hotelier SHV arbeitet seit dem Jahr 2010 im Bad Kissinger Hotel Sonnenhügel.
Einrichtung Das Hotel Sonnenhügel verfügt über 760 Betten in 380 Zimmern und verzeichnete im vergangenen Jahr rund 130 000 Übernachtungen, davon 32 000 Kinder-Übernachtungen. In dem nicht-klassifizierten Drei-Sterne-Hotel mit drei "Familotel-Kronen" sind je nach Saison 100 bis 120 Mitarbeiter fest beschäftigt. Hinzu kommen rund 60 Aushilfskräfte. Der hauseigene Indoor-Spielplatz hat zusätzlich zu den Hausgästen zwischen 6000 und 7000 junge Gäste pro Jahr aus der Region.
Herr Markwalder, was bekommt man hier hoch oben eigentlich aus der Stadt mit?
Hans Markwalder: Wir bekommen hier oben alles mit und müssen das auch, weil wir Teil des Ganzen sind. Beispiel: Ein Teil unserer Gäste, nämlich die Busreisenden, sind absolut angewiesen auf den öffentlichen Personen-Nahverkehr. Was dieser zum Beispiel am Wochenende nicht leisten kann und - aus ökonomischen Gründen berechtigterweise auch nicht leistet - müssen wir durch hoteleigenen Shuttle ausgleichen. Kein Problem. Ein weniger attraktiver ÖPNV würde uns definitiv Belegung aus dem Busreise-Segment kosten und der Staatsbad GmbH entsprechend Kurtaxe.
Wie sehr profitieren Sie vom Marketing der Staatsbad GmbH und dem Image der Stadt?
Die Staatsbad ist nicht dazu da, Partikularinteressen zu bedienen, daher gehören Vertriebsmaßnahmen da auch nicht hin. Sie soll die Bekanntheit der Destination steigern und touristische Angebote von allgemeinem Interesse bereitstellen. Wir sind unter Maßgabe dessen, was wir erwarten, zufrieden mit der Arbeit der Staatsbad GmbH.
Welche und wie viele Gäste kommen eigentlich zu Ihnen?
Wir bedienen hauptsächlich die Marktsegmente Familien, Tagungen und Gruppenreisen. Familien machen mittlerweile rund 50 Prozent unserer Gesamtbelegung aus, in diesem Segment sind wir Marktführer in der Region und die Kooperation Familotel ist Marktführer in Europa für hochwertigen und spezialisierten Familienurlaub.
Und welcher Teil davon nutzt die Angebote, die durch die Kurtaxe finanziert werden?
Die durch Kurtaxe finanzierten Angebote werden hauptsächlich durch Busreisende genutzt, da sind sie wichtig, für Familien und Tagungen sind diese Angebote wenig relevant.
Der Freistaat bemüht sich seit Jahren um die Nachnutzung des Steigenberger-Areals: Wie sehen Sie dieses Engagement und welche Hotel-Kategorie halten Sie für realistisch?
Der Ruf nach einem 5-Sterne-Hotel ist absurd, nach privatwirtschaftlichen Kriterien hätte es keine Überlebenschance. Gute 4-Sterne-Hotels hat es genug in Bad Kissingen, daher: Sein lassen!
Wie gut fühlen Sie sich von der Stadt in Sachen Infrastruktur, vor allem Zufahrt und Internet, versorgt?
Ein wunder Punkt, hier muss ich ausholen: Es ist zu kritisieren, dass in Deutschland die Summe der Sozialtransfers beziehungsweise der Anteil der Sozialausgaben am Bundeshaushalt mittlerweile viel zu hoch ist. 2015 waren es 47 Prozent. Fehlentscheidungen in Berlin wirken sich letztlich bis in die kommunalen Haushalte aus mit dem Resultat, dass für Aufbau und Erhaltung der Infrastruktur zu wenig Geld übrigbleibt. Es kann nicht sein, dass fast die Hälfte unserer Steuern und Abgaben in Sozialtransfers fließen - übrigens mit weiterhin steigender Tendenz - und für die Erhaltung der Infrastruktur wird der Bürger/die Wirtschaft dann nochmals per Eigenbeteiligung zur Kasse gebeten.
Was heißt das konkret für Sie?
Die Burgstraße ist eine Schlaglochpiste, die mittlerweile als Teststrecke für Offroad-Fahrzeuge dienen könnte. Um eine schnelle Internetanbindung mussten wir uns privatwirtschaftlich kümmern, weil uns die Telekom nicht versorgen kann und will, schon gar nicht in der erforderlichen Bandbreite, also mindestens 200 Megabit in der Sekunde Download. Ich akzeptiere, dass es sich für die Telekom nicht rechnet, aber da ist dann eben wirklich mal der Staat gefragt, dafür zahlen wir auch Steuern und Abgaben, nicht nur für Sozialtransfers.
Was würden Sie sich da vom Wirtschaftsförderer konkret wünschen?
Gerade Infrastruktur wäre eine Aufgabe, in die er sich richtig "reinbeißen" könnte.
Was halten Sie speziell von Chrono-City?
Chrono-City halte ich für einen Nebenkriegsschauplatz mit viel Marketing-Pulverdampf, der den Blick auf das wirklich Wichtige vernebelt. Wem nützt dieser Hype eigentlich?
Zu Ihrer Branche: Wie schwierig ist es, Fachkräfte zu finden?
Ich nehme das Beispiel der Köche, die Alarmposition Nummer eins der Branche: Mein jüngerer Sohn hatte das Privileg, in der Sterne-Küche des Parkhotel Laudensack eine harte, fordernde und fördernde Ausbildung zum Koch absolvieren zu dürfen, davon wird er ein Leben lang profitieren. Wenn wir die Forderung nach "Anstrengung - Leidenschaft - Einsatz" wieder verbinden mit dem Versprechen für "gute Ausbildung - gutes Einkommen - gute Karrierechancen", finden wir auch Leute. Der größte Ärger für gute Nachwuchsleute ist aktuell, dass sie zu wenig Nettoeinkommen vom Bruttogehalt übrig haben, womit wir wieder bei den Sozialtransfers wären.
Wie steht ihr Haus da, was ist an Investitionen geplant?
Wir haben im Sonnenhügel immer noch einen großen Nachholbedarf, ich bin ja hier, weil man mir auf Grund meiner Vita zugetraut hat, ein Neupositionierungs- und Sanierungskonzept zu erstellen und dann auch durchzuziehen. Das gelingt mir mit großer Unterstützung von engen Mitarbeitern und dem Beirat auch, aus finanziellen Gründen eben nicht von jetzt auf sofort. Wir investieren im Moment viel in den Erlebnisfaktor der Gäste, aber auch in den Erhalt der vorhandenen Infrastruktur. Über zwei Millionen Euro mussten in teilweise übertriebene Brandschutzmaßnahmen gesteckt werden, wohlgemerkt ohne staatliche Förderung.
Was ist aus Ihrer Sicht Ihr bestes Argument, um die Menschen bis hier hoch zur Botenlaube zu locken?
Wir sind im Umkreis von 60 Kilometern das einzige Hotel mit einer echten und kompetenten Spezialisierung auf die Bedürfnisse von Familien.
Und wie läuft die Saison 2016?
Das Jahr entwickelt sich gut, aber nicht so gut, wie wir dachten, ein Bruch war nach dem Amoklauf in München zu spüren, das ging schlagartig. Mittlerweile haben die Buchungen wieder angezogen, allerdings war insbesondere das Rakoczy-Wochenende in den Vorjahren kurzfristig noch besser nachgefragt.
Person Hans Markwalder stammt aus der Schweiz, ist 64 Jahre alt, verheiratet und hat zwei Söhne im Alter von 24 und 27 Jahren. Der diplomierte Hotelier SHV arbeitet seit dem Jahr 2010 im Bad Kissinger Hotel Sonnenhügel.
Einrichtung Das Hotel Sonnenhügel verfügt über 760 Betten in 380 Zimmern und verzeichnete im vergangenen Jahr rund 130 000 Übernachtungen, davon 32 000 Kinder-Übernachtungen. In dem nicht-klassifizierten Drei-Sterne-Hotel mit drei "Familotel-Kronen" sind je nach Saison 100 bis 120 Mitarbeiter fest beschäftigt. Hinzu kommen rund 60 Aushilfskräfte. Der hauseigene Indoor-Spielplatz hat zusätzlich zu den Hausgästen zwischen 6000 und 7000 junge Gäste pro Jahr aus der Region.
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