Der Bundeswehr-Standort Hammelburg hat einen neuen Ansprechpartner: Oberst Andreas Reyer wechselt vom Kommando Spezialkräfte (KSK) in Calw nach Hammelburg . Als Standortältester und mit weiteren Aufgaben an der Infanterieschule laufen bei ihm viele Fäden zusammen.
Wie waren die ersten Wochen der Einarbeitung hier in Hammelburg ?
Die ersten Wochen in Hammelburg würde ich als vielfältig, interessant, ereignisreich und mit zahlreichen Informationen gespickt bezeichnen. Ich habe meine neuen Aufgaben kennengelernt und mich in alle Teilbereiche meines Verantwortungsbereichs eingearbeitet. Eine große Herausforderung, aber ich stelle mich dieser herausgehobenen neuen Verwendung sehr gerne und mit viel Dienstfreude.
Der Truppenübungsplatz Hammelburg hat eine mehr als 125-jährige Tradition, was bedeutet für Sie das Amt des Standortältesten gerade hier?
Alles ist aufeinander abgestimmt und eingespielt, die Truppenübungsplatzkommandantur und die Infanterieschule arbeiten Hand in Hand zusammen. Meine Funktion als Standortältester hier am Lagerberg ist sowohl geschichtsträchtig als auch zukunftsweisend, da in Hammelburg die zukünftigen Führer der Infanterie ausgebildet werden. Ich war auch bereits in Calw als Standortältester eingesetzt, somit ist mir diese Aufgabe grundsätzlich nicht neu, aber die Dimension am Großstandort Hammelburg ist schon eine andere. Aber auch in diesem Bereich habe ich ausgezeichnetes Personal, das mich in dieser umfänglichen Aufgabe hervorragend unterstützt.
Wann waren Sie zum ersten Mal selbst auf dem Lagerberg?
Mitte der 90er Jahre zur Ausbildung und Übung wie auch zur Einsatzvorbereitung. Seit damals blieb mir Hammelburg immer in Erinnerung, daher ist es umso schöner nach so langer Zeit wieder zurückzukehren.
Sie kommen vom krisengebeutelten KSK in Calw: Eine Vorgabe des Verteidigungsministeriums war 2021, dass die Infanterieschule Hammelburg die Ausbildung dort leitet: Was bedeutet das genau und hat sich die Neuerung bewährt?
Der Infanterieschule und damit mir als Leiter des Bereichs Lehre/ Ausbildung untersteht aktuell tatsächlich der Ausbildungsstützpunkt Spezialkräfte des Heeres in Calw. Die Infanterieschule leistet somit ihren Beitrag für Auswahl und Ausbildung der angehenden Kommandosoldaten. Ob sich diese Neuerung vor dem Hintergrund eines deutlich größeren Koordinierungsbedarfs bewährt hat, unterliegt aktuell einem Evaluierungsprozess. Eine abschließende Entscheidung dazu, ob der Ausbildungsstützpunkt wieder in das KSK integriert wird, liegt im Verteidigungsministerium. Die Wehrbeauftragte jedenfalls regt eine Rückverlagerung in das KSK an.
Stimmt es, dass Sie unter anderem den Sudan-Einsatz koordiniert haben?
Ich bitte Verständnis dafür aufzubringen, dass ich Ihnen gerne in diesem Interview Fragen zu meiner aktuellen Verwendung als stellvertretender Kommandeur der Infanterieschule, Leiter des Bereichs Lehre/Ausbildung und als Standortältester beantworte, nicht aber zu Tätigkeiten im Rahmen meiner Vorverwendung im KSK. Nur soviel: Durch meine Vorverwendungen und Einsatzerfahrungen fühle ich mich für mein neues Aufgabenfeld an der Infanterieschule gut vorbereitet.
Wie sieht es mit der Ausstattung der Infanterieschule und generell am Standort aus?
Mittlerweile sind nahezu alle Soldaten mit dem System „Kampfbekleidungssatz Streitkräfte“ ausgestattet, dieses umfasst neben einem neuen ballistischen Schutzhelm vor allem moderne Bekleidung für alle Arten von Witterung. Es ist ein sehr variables System, welches mir erlaubt mich genau so anzuziehen, dass es zweckmäßig für den jeweiligen Auftrag ist. Jedoch rückt auch die Ausstattung mit der „Modularen Ballistischen Schutz- und Trageausstattung“ näher, dieses System umfasst den persönlichen Schutz der Soldaten. Bisher wurde Schutzausrüstung immer „gepoolt“ und dann bedarfsmäßig ausgegeben. Bald hat jedoch jeder Soldat seine individuelle Schutzausstattung, das ist ein wahrer Meilenstein.
Auch die Ausstattung und Ausrüstung der Infanterieschule querschnittlich ist als gut zu bezeichnen. Wir bilden die zukünftigen Führer der Infanterie und zahlreiche Spezialisten in ihren Fachgebieten aus, daher ist es wichtig, dass wir diese mit modernsten Ausbildungsmitteln und modernster Ausrüstung ausbilden, denn nur was man beherrscht, kann man im Einsatz auch anwenden.
Ein weiterer Aspekt Ihrer Arbeit ist die Leitung des Bereichs Lehre: Was ist hier die größte Herausforderung?
Die größte Herausforderung ist und bleibt die Sicherstellung einer qualitativ hochwertigen Ausbildung unseres Führungsnachwuchses der Truppengattungen Jäger, Gebirgsjäger und Fallschirmjäger. Vergessen werden darf hierbei selbstverständlich nicht, dass gleiches für die von uns auszubildenden Anteile der Luftwaffe und Marine gilt. Insgesamt bilden wir in über 150 unterschiedlichen Lehrgängen Infanteriespezialisten und angehende militärische Führer aus. Diese Ausbildung erfolgt vor dem Hintergrund des gesamten Aufgabenspektrums und aller Einsatzszenare, das heißt von der Landes- und Bündnisverteidigung, über Einsätze im Rahmen des internationalen Krisenmanagements und der nationalen Krisenvorsorge.
Sind die Folgen, Einschränkungen und Auflagen der Pandemie an der Infanterieschule alle abgearbeitet? Arbeiten Sie im Regelbetrieb?
Wir arbeiten schon seit Längerem wieder ohne coronabedingte Einschränkungen im Regelbetrieb. Wir haben die Pandemie insgesamt gut überstanden, weil sich jeder und jede Einzelne gut an die Vorgaben gehalten hat.
Haben Sie sich schon einen Überblick verschafft bei all den anstehenden Projekten?
Meine Einarbeitung durch die einzelnen Sachgebiete wurde sehr gut vorbereitet, so dass ich schnell und präzise eingewiesen werden konnte. Hier und da bedarf es natürlich immer mal einer weiterführenden Information, diese liefert mir aber mein nachgeordneter Bereich, so dass ich immer „up to date“ bin und auf dieser Basis fundierte Entscheidungen treffen kann.
Was geht Ihnen durch den Kopf, wenn Sie jenseits der Alltagsaufgaben auf Ihre neue Position schauen?
Ich bin froh und gleichzeitig stolz, Hammelburg als meine neue militärische Heimat zu wissen. Die Bundeswehr ist hier so gut in die Gesellschaft und regionale Umfeld integriert wie an wenigen anderen Standorten. Hier ist die Welt eben noch in Ordnung. Ich freue mich auf die gemeinsame Zusammenarbeit!
Zur Person: Andreas Reyer
Oberst Andreas Reyer ist 56 Jahre alt, verheiratet und Vater zweier erwachsener Kinder. Er wohnt mit seiner Familie in Hessen, wegen der neuen Aufgabe hat er einen Zweitwohnsitz in Hammelburg .
Werdegang
Reyer ist am 1. Juli 1988 in die Bundeswehr eingetreten. Unterfranken kennt er bereits von anderen Verwendungen: Anfang und Mitte der 1990er Jahre bis Ende 2000 war er als Zugführer und Batteriechef in Wildflecken eingesetzt. Danach war er vor der Generalstabsausbildung kurz im Stab der Panzerbrigade 36 in Veitsöchheim.
Auslandseinsätze
Oberst Reyer war bereits mehrfach im Ausland im Einsatz. Als „besonders prägend“ bezeichnet er den Einsatz 2012 im Rahmen des International-Security-Assistance-Force- (ISAF)-Mandats in Afghanistan als Kommandeur eines Einsatzverbandes Spezialkräfte.
Zuständigkeit
Als Leiter Lehre/ Ausbildung ist Reyer hauptverantwortlich für die Ausbildung an der Infanterieschule, der Luftlande-/ Lufttransportschule in Altenstadt und der Gebirgs- und Winterkampfschule in Mittenwald.
Als stellvertretender Kommandeur ist er engster Berater von Brigadegeneral und Dienststellenleiter Michael Matz . Und als Standortältester ist er verantwortlich für die militärische Sicherheit und Infrastruktur am Standort und fungiert als Ansprechpartner für Behörden in der Region.
Vorgänger
Vorgänger von Oberst Andreas Reyer als Standortältester, Leiter des Bereichs Lehre/ Ausbildung und stellvertretender Kommandeur der Infanterieschule, war Oberst Stefan Leonhard. Der 63-Jährige hatte den Dienstposten auf dem Lagerberg 2019 angetreten und wurde Ende September nach 42 Dienstjahren bei der Bundeswehr in den Ruhestand verabschiedet.
Weiterer Bericht vom Standort Hammelburg: