Wer ein Behandlungszimmer der internistischen Praxis Dr. Drost in der Bahnhofstraße betritt, erlebt unter Umständen ein kleines Schauspiel: Gleich zwei erfahrene Fachärzte warten auf einen Patienten. Den einen, Dr. Dieter Drost, kennen die meisten seit Jahren. Der andere, Dr. Tamer Mahmoud, ist neu. Und Drosts Nachfolger. Beide organisieren eine Praxisübergabe, von der andere Ärzte nur träumen können.
Eigentlich hat diese Übergabe längst stattgefunden, fließend zum 1. April dieses Jahres. Vorher hatte Mahmoud zwei Monate in der Praxis als angestellter Arzt mitgearbeitet.
Ehemaliger angestellter Arzt ist nun Chef
Vor wenigen Tagen drehte sich das Blatt. Nun ist der 45-jährige Ägypter der Chef; Dieter Drost sein Angestellter. Aber nur bis Ende Juni; dann geht der 71-Jährige in den Ruhestand.
In Bad Brückenau praktiziert hatte der gebürtige Mittelfranke seit 1990. Seine erste Stelle trat Drost nach dem Studium in Würzburg in der Hartwaldklinik im Staatsbad an. Nach drei Jahren dort und je drei weiteren an der Uniklinik Würzburg und in Marktredwitz zogen der Mittelgebirgscharakter und die Mischwälder sowie seine aus Wildflecken stammende damalige Frau den Fachinternisten wieder in die Rhön.
Werten auf den richtigen Kandidaten
Wie andere Brückenauer Ärzte verzweifelt nach einem Nachfolger gesucht hat Dieter Drost nicht. „So richtig geplant aufzuhören habe ich nicht. Ich habe gesagt: Solange ich mich gut fühle und körperlich in der Lage bin, mache ich weiter. Aber wenn jemand kommt, übergebe ich die Praxis gerne.“
Es kamen gleich drei Kandidaten. Dr. Tamer Mahmoud erschien ihm als der geeignetste. Der Ägypter hat in der Hauptstadt Kairo studiert. Da sein Vater Diplomat war, lebte er auch in viele Ländern: China, Türkei, Deutschland. In den Jahren 2005 und 2006 war Mahmoud als Gastarzt an der Berliner Charité tätig.
Ägypter lebt in Fulda
Nach einer kurzzeitigen Rückkehr in seine Heimat begann der heute 45-Jährige 2008 eine Weiterbildung am Klinikum Fulda. Schwerpunkte: Innere Medizin, Gastroenterologie und Infektionskrankheiten. Dr. Mahmouds Lebensmittelpunkt ist Fulda, auch wenn er zwischenzeitlich als Leitender Oberarzt in Baden Württemberg und zuletzt als Chefarzt in den Haßberg-Kliniken Haßfurt arbeitete.
„2021 habe ich die Entscheidung getroffen, eine ambulanter Praxis übernehmen zu wollen“, sagt der Ägypter. Auf Dr. Drost sei er gekommen, weil dessen Betrieb ein guter Ruf vorausgeeilt sei. Und sicher hat auch die räumliche Nähe zu Fulda eine Rolle gespielt.
Patienten und Arzt lernen sich kennen
Dass die beiden Fachinternisten oft gemeinsam Patienten empfangen, hat praktische Gründe. Drost kann dem Menschen seinen Nachfolger präsentieren. Und diese ihn persönlich kennenlernen. Und Mahmoud lernt bereits seit Februar, wie der Praxisalltag so läuft. „Dr. Mahmoud kann schauen, wie wir hier arbeiten, mit den Patienten umgehen und wie wir sie behandeln“, sagt Drost.
Ungefähr 1000 Patienten besuchen nach seinen Angaben pro Quartal die internistische Sprechstunde, mal mehr, mal weniger oft. Sie kämen beileibe nicht nur aus dem Altlandkreis Brückenau. Das Einzugsgebiet erstrecke sich südlich bis nach Hammelburg und Bad Kissingen, nördlich bis weit nach Osthessen hinein, bis Fulda, Steinau und Gelnhausen.
Mahmoud mit neuer Spezialisierung
Tamer Mahmoud möchte das bewährte Konzept fortführen, mit einer gewissen Erweiterung. Der 45-Jährige hat sich in Richtung Endoskopie, Lebererkrankungen ( Hepatologie ) spezialisiert. Er hofft, dass das ein weiteres Patientenspektrum anzieht. Beide Ärzte sind froh, dass der Zulassungsausschuss der Kassenärztlichen Vereinigung diesen Plan über eine Sonderregelung möglich gemacht hat.
Dr. Mahmoud wird weitere Änderungen in den Praxisabläufen vornehmen, die der immer digitaler werdenden Zeit Rechnung tragen. So wird die Praxis einen eigenen Internetauftritt bekommen. Darüber sollen Online-Terminvereinbarungen sowie Aufklärung und Behandlung per Video-Sprechstunde möglich werden. Ab 2024 ist die elektronische Patientenakte gesetzlich vorgeschrieben. Auch der digitale Impfausweis wird für den neuen Inhaber Thema sein.
Digitalisierung in der Arztpraxis
Stand jetzt bleibt Mahmoud sein Praxisteam erhalten. Lediglich Dieter Drosts Frau arbeitet nicht mehr in der Bahnhofstraße. Die Beziehung zur benachbarten Franz-von-Prümmer-Klinik (jetzt Hescuro-Klinik Bad Brückenau ) war stets keine so leichte; Belegbetten unterhielt Dr. Drost dort nicht. Sein Nachfolger will schauen, welche Richtung das Krankenhaus einschlägt – und dann eine Zusammenarbeit ausloten.
Neue Beschäftigung: Bücher, Musik, Enkel
Ab Juli wird der 71-Jährige sicher die Entwicklung seines dann ehemaligen Betätigungsfeldes interessiert beobachten. Er wohnt ja auch nicht weit entfernt. Drost, der übrigens auch Psychoanalytiker ist, wird die vielen, daheim angesammelten Bücher lesen, Musik hören, sich dem Fliegenfischen widmen. Und dann sind da die zwei Enkel im Baby- beziehungsweise Kleinkindalter, die bespielt werden wollen.
Ein wenig Wehmut ob des baldigen Abschieds empfindet Drost, allerdings nicht zu arg. „Ich weiß: Die Praxis kommt in gute Hände. Da fällt es leichter, in den Ruhestand zu gehen.“
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