
Die Zahl der Menschen mit chronischen Lungen- oder Bronchialerkrankungen, die fortwährend beatmet werden müssen, steigt beständig. Ihnen einen dauerhaften Aufenthalt im Krankenhaus zu ersparen, ist das Ziel von Organisationen wie des Vereins Intensivpflege Nordbayern, der am Thoraxzentrum am Mittwoch den zweiten Intensivpflegetag veranstaltet hat.
Das große Interesse an der Veranstaltung im Thoraxzentrum wurde schon bei der Anfahrt deutlich. Kaum ein Parkplatz war rund um die Klinik zu bekommen. Gut 120 Fachkräfte nahmen an der Tagung teil, in der es um Themen wie multiresistente Keime, das Medizinproduktegesetz oder den Transport heimbeatmeter Menschen geht. Dazu stellten eine Reihe von Fachfirmen aus dem medizinischen Bereich an Informationsständen Produkte vor.
30 000 Fachkräfte fehlen
Die Pflege in ihrer gesamten Breite sei ihr als Gesundheitspolitikerin ein großes Anliegen, betonte Landtagsabgeordnete und Ärztin Sabine Dittmar, die Schirmherrin der Veranstaltung. Gesellschaft und Politik hätten noch nicht erkannt, welch gesellschaftlicher Sprengstoff in diesem Bereich liege, sagte sie, und forderte eine solide und nachhaltige Finanzierung der Pflegeversicherung. Nur wenn die Pflege gut bezahlt werde, gebe es auch eine Chance, junge Leute zu gewinnen. Schon jetzt würden mehr als 30 000 Fachkräfte fehlen.
Ein Umstand, der Vereinigungen wie die Intensivpflege Nordbayern mit Sitz in Bad Kissingen, zu der acht Firmen, juristische Personen und rund 100 weitere Mitglieder gehören, entstehen lässt. Vorsitzender Michael Wehner sieht für die Zukunft einen drastisch steigenden Bedarf in der ambulanten Beatmung, also der Betreuung der Patienten zuhause oder in Wohngruppen. Wegen des enormen Fachkräftebedarfs sei eine ständige Qualifizierung und Kooperation notwendig.
Fünfstellige Monatsbeträge
Die Intensivpflege bietet zum Beispiel Krankenschwestern oder Altenpflegerinnen nach einer intensiven Fortbildung ein Betätigungsfeld. Bis zu sechs Fachkräfte können notwendig sein, um einen Patienten, der rund um die Uhr versorgt werden muss, zu betreuen.
Natürlich ist das alles mit enormen Kosten verbunden. Monatliche Beträge im fünfstelligen Bereich sind durchaus realistisch. Viel Geld, aber in vielen Fällen immer noch weniger, als eine stationäre Versorgung kostet. Von dem Plus an Lebensqualität für die betroffenen Menschen gar nicht zu reden.„Ziel ist es, die Privatsphäre zu stärken“, betont Wehner gegenüber der Main-Post. Im Bereich der Intensivpflege Nordbayern werden derzeit etwa 40 bis 50 Personen versorgt. Grundsätzlich seien die Fälle aber sehr unterschiedlich gelagert.
Die ambulante Betreuung ist aber auch nicht der Weisheit letzter Schluss. Ziel ist die dauerhafte Entwöhnung der Patienten von der dauerhaften Beatmung, wie Chefarzt Dr. Bernd Seese bei der Tagung deutlich machte. Und das möglichst schnell, nicht nur der Kosten wegen. Birgt die Beatmung doch unter anderem das erhöhte Risiko einer Lungenentzündung.