Für die Hammelburgerin Ulrike Weihrauch gehört der „Bunte Buchladen “ in der Kissinger Straße untrennbar zur Hammelburger Innenstadt: „Das ist für mich der Hauptanlass, jede Woche ein- bis zweimal in die Stadt zu gehen“, erzählt sie, und: „Ich muss ein Buch in der Hand halten, ich muss das riechen.“
Sie habe deshalb noch nie ein Buch online gekauft. Der liebevoll gestaltete Buchladen sei auch immer eine Anlaufstelle für Geschenke: „Es gibt hier immer was zu schauen.“ Umso trauriger sei sie gewesen, als sie erfuhr, dass der Buchladen ab Mitte Februar sein Sortiment zurückfährt und am 17. März endgültig schließt.
Neuen Reiseführer gekauft
Auch Weltenbummler Wolfgang Klinger kauft sich seine Reiseführer immer im Bunten Buchladen . Er schaue sich zwar auch mal im Internet um, bestelle aber immer vor Ort, sagt der Hammelburger, während er seinen neuesten Reiseführer bei Andrea Teltz bezahlt.
Leider gebe es zu wenige Kunden, die nicht den bequemen Weg über den Online-Versand wählen, bedauert Andrea Teltz: „Wir schließen aus betriebswirtschaftlichen Gründen“, betont die 61-Jährige.
Damit widerspricht sie auch Gerüchten, dass den Mietern gekündigt worden sei: „Der Umgang mit dem Vermieter war immer fair, es liegt nicht an der Miete , sondern am sinkenden Umsatz“, sagt Andrea Teltz.
Gründung im Februar 1994
Die Lage in Hammelburg sei schwierig: Das Einkaufszentrum zwischen Kissinger Straße und Friedhof habe bereits Kunden abgezogen, Baustellen am Viehmarkt und in der Bahnhofstraße hätten viele Bürger verärgert und auch vom Bürgerhaus erwarte sie keine wesentliche Besserung: „Die Stadtbibliothek wird flächenmäßig ja verkleinert.“
Das Ehepaar Teltz hatte den Laden im Februar 1994 in der Kissinger Straße 7 eröffnet, später zogen sie ins ehemalige Rauschmann-Gebäude gegenüber um. Sie organisierten immer wieder Lesungen, bildeten zwei Buchhändlerinnen aus und verkauften Bücher lokaler Autoren und Karten für Veranstaltungen.
Matthias Teltz (66) ist seit kurzem Rentner, seine Frau Andrea (61) ist nach eigenen Worten gerade auf der Suche „nach einem neuen Betätigungsfeld“.
Laden in desolatem Zustand
Nicht ganz freiwillig zieht Monika Vogt im benachbarten Second-Hand-Laden aus, aber: „Es war langfristig angekündigt, dass die beiden Mietverträge zusammenhängen“, spricht auch die 64-Jährige von einem guten Verhältnis mit den Vermietern.
Bei der Suche nach Alternativen habe sie erst wieder gemerkt, wie niedrig ihre Miete im ehemaligen Rauschmann-Haus ist: „Ich müsste das Dreifache für einen kleineren Laden zahlen“, fasst Monika Vogt die Suche zusammen. In der Hammelburger Innenstadt sind die Mietforderungen aus ihrer Sicht übertrieben hoch, deshalb schaue sie sich schon in Gemünden und Karlstadt um.
Allerdings würde ihr der Abschied aus Hammelburg schwer fallen: „Ich bin ja auch Seelsorgerin“, kommentiert Vogt das Verhältnis zu ihren vielen Stammkunden. Vor 29 Jahren habe sie den Laden gegründet, Stationen waren die Weihertorstraße und das ehemalige Schilling-Geschäft. „Ich hätte gerne die 30 Jahre voll gemacht“, sagt Monika Vogt wehmütig.
Laden in schlechtem Zustand
Eigentümer des Gebäudes sind Joachim Schaupp aus Fuchsstadt und Patrick Bindrum aus Hammelburg . „Wir haben das vor gut acht Jahren gekauft und die Mietverträge übernommen“, berichtet Bindrum.
Einzige Bedingung sei gewesen, dass beide Läden gleich lange in der Immobilie bleiben, denn: Der hintere Laden sei in einem desolaten Zustand, verfüge über keinen eigenen Wasseranschluss. Der Laden sei also nicht einzeln vermietbar.
Bindrum geht sogar davon aus, dass das hintere Gebäude ganz abgerissen werden muss, obwohl es deutlich jünger als das Hauptgebäude sei. „Den Bestand vorne wollen wir erhalten“, stellt der Bauunternehmer und CSU-Stadtrat dagegen klar.
Aus dem „Bayernatlas“, dem offiziellen Geoportal des Freistaats, ist ersichtlich, dass es sich um zwei Grundstücke mit einer Gesamtgröße von 451 Quadratmetern handelt. Im Urkataster gehörten sie noch zusammen, später wurden sie geteilt, wobei das hintere Gebäude nicht einmal eine eigene Hausnummer besitzt.
Schaupp und Bindrum sehen die Grundstücke als Einheit. Ihr Ziel sei es, im Erdgeschoss einen Laden mit mindestens 250 Quadratmetern Fläche zu schaffen, damit ein Mieter auch von dem Laden leben könne. Aber: „Es ist gar nicht so einfach, für Hammelburg einen Nutzer zu finden, der langfristig drin bleiben will.“
Baustart noch für heuer geplant
Für die Obergeschosse seien vier Wohnungen geplant. Eine Bestandsaufnahme sei gemacht, für den Sommer kündigt Bindrum einen Bauantrag vermutlich zum Umbau des Hauptgebäudes und einem Ersatzbau für das rückwärtige Gebäude an.
„Wir wollen noch heuer mit dem Umbau starten“, betont Bindrum. Die Wohnungen mit Hauptausrichtung zum Marktplatz hin sollen Mitte 2024 fertig werden, beim Laden wollen die Eigentümer warten, bis ein möglicher Einzelhändler gefunden ist.
