Seit 29. Mai hat sich eine Arbeitsgruppe im Bundesverteidigungsministerium mit den Vorfällen im Kommando Spezialkräfte (KSK) beschäftigt und 60 Maßnahmen zur Reform der Einheit erarbeitet. Der Abschluss-Bericht ist eindeutig: So, wie es ist, kann es nicht bleiben, und alleine kann sich das KSK nicht reformieren. Schon früh im Bericht, als vierter Punkt, wird gefordert, dass "der Bereich Ausbildung des KSK dem Ausbildungszentrum Infanterie truppendienstlich unterstellt" wird. Dieses Zentrum hat seinen Sitz auf dem Hammelburger Lagerberg. Was das genau bedeutet, kann aber weder dort, noch in Berlin jemand sagen. "Jetzt gilt es, die Ergebnisse der Arbeitsgruppe zu bewerten und die Maßnahmen umzusetzen", sagte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums und verweist auf Herbst: Ende Oktober entscheidet sich, ob und wie es mit dem KSK weiter geht.
Das Spezialkommando wurde 1996 gegründet: 1994 hatten belgische Spezialeinheiten deutsche Bundesbürger während des Völkermordes in Ruanda gerettet, weil die Bundesrepublik keine eigene Einheit für solche Einsätze hatte. Im Juni 1995 beschloss die Bundesregierung die Aufstellung des KSK, am 20. September 1996 wurde der Verband offiziell in Dienst gestellt, ab April 1997 war er weltweit, unter anderem auf dem Balkan und in Afghanistan, im Einsatz.
Laut Bericht der Arbeitsgruppe hat das KSK eine Soll-Stärke von 1700 Soldaten und Zivilbeschäftigten. Am Garnisonsstandort in Calw wurden alleine in den vergangenen fünf Jahren 40 Millionen Euro investiert, weitere 225 Millionen Euro seien bereits geplant. Im Bericht steht deshalb: "Die mit dieser Infrastruktur verbundene Ausbildung ist folglich weiterhin am Standort Calw durchzuführen und ferner allen Spezialkräften der Bundeswehr für eine gemeinsame Nutzung verfügbar zu machen." Sprich: Das KSK bleibt im Wesentlichen in Calw, muss aber seine Übungsstände öffnen und umgekehrt selbst auch zum Teil anderswo üben.
Ändern soll sich dagegen, dass die Ausbildung der Elite-Einheit komplett dem KSK-Kommandeur unterstellt ist. Dessen "Führungsspanne" solle verringert werden, damit er sich auf den Kern der Spezialkräfte konzentrieren könne. Im Bericht heißt es zur Einbeziehung Hammelburgs: "Dadurch wird die fachliche Expertise des Ausbildungszentrums Infanterie in der infanteristischen Führerausbildung sowie der Spezialkräfte der Marine und der Luftwaffe in die Laufbahnausbildung der Kommandokräfte einfließen." Zudem wird damit das Ausbildungskommando des Heeres zuständig. Dies führe "zu einer insgesamt höheren Visibilität der Ausbildung im und für das KSK". Im Klartext: Es sollen mehr Augen sehen, was beim KSK läuft.
Mehrere Kontroll-Mechanismen
In die gleiche Richtung gehen zahlreiche andere strukturelle Änderungen beim KSK: Bewerber für die Elite-Einheit werden noch genauer unter die Lupe genommen und noch sorgfältiger ausgewählt, Kommandosoldaten müssen auch Dienst außerhalb des KSK tun und die Verwendungsdauer auf bestimmten Posten wird zeitlich begrenzt.
Die meisten dieser Maßnahmen hat am Dienstag zunächst Verteidigungsstaatssekretär Peter Tauber den Mitgliedern des Verteidigungsausschusses vorgestellt. Das Schreiben, das wie auch das Ergebnis der Arbeitsgruppe der Redaktion vorliegt, ging dann einen Tag später wortgleich als Tagesbefehl von Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer ( CDU ) raus und wurde sogar auf der Homepage des Ministeriums veröffentlicht. Ein eher ungewöhnlicher Schritt, bei dem das Ministerium am Rande auch eine Änderung für den Lagerberg verkündete: Aus "Ausbildungszentrum Infanterie" machten Tauber und die Ministerin "Infanterieschule". Dieser Begriff wurde eigentlich 2014 abgeschafft, soll aber jetzt offenbar wieder offiziell eingeführt werden.
Was die neue Zuständigkeit für Hammelburg bedeutet, konnten auch die drei Bundestagsabgeordneten aus dem Wahlkreis gestern noch nicht genau einschätzen. "Das ist eine Anerkennung für Hammelburg ", freut sich die CSU-Wahlkreisabgeordnete und Digitalministerin Dorothee Bär . Im Ministerium sei die "großartige Ausbildung dort" gelobt worden. Neben Marine und Luftwaffe arbeite das Heer nun auch mit dem KSK zusammen. "Das stärkt die zentrale Rolle Hammelburgs", sagt Bär. Die Zuständigkeit Hammelburgs entspreche eher einer "Dienstaufsicht", fasste SPD-Abgeordnete Sabine Dittmar die Gespräche mit den Verteidigungsexperten ihrer Fraktion zusammen. Manuela Rottmann von den Grünen verweist darauf, dass zunächst jedes KSK-Mitglied einzeln unter die Lupe genommen wird: "Wer kann im KSK bleiben, wer zumindest in der Bundeswehr und wer muss ganz gehen?"