Brigitte Schüßler lebt in der Colonel-Huff-Straße, in einem Viertel, überörtlich bekannt als Klein-Manhattan. Sie ist aufgebracht, wie andere Mieter der 72 Wohnungen zählenden Anlage auch. Die Gemeinde hat ihnen innerhalb eines Jahres vier Mal das Wasser abgestellt. Und kündigt das ein fünftes Mal für den 24. April an. Hintergrund: ein Streit mit dem Besitzer und Vermieter der Anlage. Bei dem nicht nur die Bewohner Leidtragende sind.
Anders als andere Kommunen versorgt der Markt Wildflecken seine Einwohner flächendeckend selbst mit Trinkwasser . Die Mieter der Colonel-Huff- und teilweise der Reußendorfer Straße zahlen ihre Gebühren dafür im Voraus über die Nebenkostenpauschale. Und zwar an den Vermieter .
Gebühren nur unregelmäßig weitergeleitet
Das Problem: Dieser reicht die Gebühren offensichtlich nur unregelmäßig bis gar nicht an die Gemeinde weiter. Weshalb sich Bürgermeister Gerd Kleinhenz regelmäßig dazu gezwungen sieht, den Mietern das Wasser abzustellen.
Brigitte Schüßler hat sich genau notiert, wann das der Fall war: am 19. April und 27. Oktober 2022, dazu am 1. Februar und 28. März dieses Jahres.
Wasser nur stundenweise abgestellt
Abgestellt wird immer nur für Stunden. So kündigen Kleinhenz beziehungsweise die Gemeinde für den nächsten Montag, 24. April, eine wasserlose Zeit zwischen 8:30 und 12 Uhr, 13 und 17 Uhr sowie schließlich ab 21 Uhr an. „Wasser kann täglich zu folgenden Zeiten entnommen werden: 7 bis 8:30 Uhr, 12 bis 13 Uhr und von 17 bis 20 Uhr“, heißt es.
In der Ankündigung wirbt der Bürgermeister für Verständnis. „Leider kommt Ihr Vermieter seiner Zahlungsverpflichtung uns gegenüber immer noch nicht nach.“ Zwischenzeitlich sei ein Rückstand im fünfstelligen Bereich aufgelaufen.
Keine Willkür der Gemeinde
Diese Vorgehensweise solle keineswegs Willkür darstellen, sondern sei „eine rechtliche Handhabe bei derartigem Verhalten“. Kleinhenz ergänzt: „Dass ausgerechnet Sie als Mieter die Leidtragenden sind, bedauern wir sehr.“
Brigitte Schüßlers Verständnis für den Streit zwischen Gemeinde und Vermieter hält sich in Grenzen. In der Wohnanlage, die im Volksmund so heißt, weil sie einst für die Angehörigen US-amerikanischer Soldaten gebaut wurde, seien die meisten Wohnungen belegt; viele Kinder würden dort leben.
Geschäftsführer bleiben im Dunkeln
Bürgermeister Kleinhenz erklärt auf Nachfrage nochmal die Lage. Die Gemeinde verfüge über keinen direkten Kontakt zur Betreibergesellschaft der Wohnanlage, einer X-Direct Betrieb- und Management GmbH, die eine Unterfirma der Plan B Private Capital GmbH in Limburg an der Lahn sein soll.
Man schreibe Emails dorthin, Einschreiben mit Rückschein; auch das Mittel der Mahnung mit Androhung der Zwangsvollstreckung der eingeforderten Beträge habe man schon versucht. Eigentlich zahle der Eigentümer nur, wenn man das Wasser abstelle. „An die Geschäftsführer ist nicht ranzukommen.“
Letztes Mittel zum Geldeintreiben
Kleinhenz betont, dass es ihm um die Mieter leidtut. Und dass man sich den drastischen Schritt des Wasserabstellens gut überlegt habe. „Wir stellen es ja auch nicht komplett ab, sondern nur zu bestimmten Zeiten.“ Auch gebe es in der Nähe eine öffentliche Wasserstelle.
Das Abdrehen des Wassers sieht der Bürgermeister „nur als letztes Mittel an, um an das Geld der Solidargemeinschaft zu kommen“. Denn wenn diese Abschläge nicht zur Verfügung stehen würden, müssten alle anderen Gebührenzahler dafür einstehen. „Das kann ich nicht verantworten.“ Rechtlich sei die Maßnahme zulässig und mit dem Bayerischen Gemeindetag abgestimmt.
Kleinhenz: „Veruntreuung des Geldes“
Für den Bürgermeister ist das Gebaren der Immobiliengesellschaft „Betrug an den Mietern , die ihre Abschläge zahlen. Der Vermieter veruntreut das Geld.“ Die Gemeinde hingegen wolle „den Menschen nichts Böses“.
Am Donnerstagabend (nach Redaktionsschluss) hatte Gerd Kleinhenz die Betroffenen in die Aula der Sinntalschule in Wildflecken eingeladen. Zum einen, um ihnen das Vorgehen der Gemeinde zu erläutern. Zum anderen aber auch, „um eine gemeinsame Lösung zu finden, wie wir das Ganze bewältigen können“.
Kein direkter Kontakt zu X-Direct
Eine Kontaktaufnahme zur Firma X-Direct entwickelt sich übrigens schwierig. Ein Mann, der sich nach eigenen Angaben früher um die Wohnanlage gekümmert und in der Sache ein paar Mal vermittelt hat, verweist auf eine Email-Adresse. Die Anfrage läuft.
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Wasserkosten erfragen, von der Miete abziehen, direkt an die Gemeinde bezahlen.
Geht ähnlich mit Strom und anderen Nebenkosten.
Immer auf dem Überweisungsträger vermerken. Den kann der Vermieter nie ignorieren!
Dann hat man voelleicht mehr Ruhe…