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Bad Kissingen
In Thundorf kann jeder Bier brauen
Das Thundorfer Gemeindebrauhaus ist das letzte seiner Art im Landkreis Bad Kissingen. Thomas Bretscher erzählt, wie hier jeder zum Bierbrauer werden kann.
In Thundorf steht das letzte, noch genutzte Gemeindebrauhaus im Landkreis. Thomas Bretscher ist dort leidenschaftlicher Hausbrauer. Foto: Heike Beudert       -  In Thundorf steht das letzte, noch genutzte Gemeindebrauhaus im Landkreis. Thomas Bretscher ist dort leidenschaftlicher Hausbrauer. Foto: Heike Beudert
| In Thundorf steht das letzte, noch genutzte Gemeindebrauhaus im Landkreis. Thomas Bretscher ist dort leidenschaftlicher Hausbrauer. Foto: Heike Beudert
Heike Beudert
 |  aktualisiert: 04.11.2022 15:00 Uhr

Craft-Bier liegt weltweit im Trend. Wörtlich bedeutet das "handwerklich gemachtes Bier". Und handwerklich produziert ist das Bier aus dem Thundorfer Gemeindebrauhaus auf jeden Fall. Gebraut wird hier so, wie es von Generation zu Generation weitergegeben wurde. Lediglich die Technik wurde teilweise den Erfordernissen der Zeit und des Lebensmittelrechts angepasst. Das Gemeindebrauhaus in Thundorf ist das letzte im gesamten Landkreis Bad Kissingen . Einst durften dort nur Ortsbürger Bier brauen, deren Haus ein entsprechendes Recht besaß. Seit einer Neuregelung der EU-Gesetzgebung kann hier jedermann zum Bierbrauer werden. Genutzt wird diese Möglichkeit von Menschen aus der ganzen Region. Zwei Drittel der Nutzer wohnen nicht in Thundorf, sagt der Vorsitzende der örtlichen Hausbrauer, Thomas Bretscher.

Zweimal im Jahr wird ein Biersud gekocht. Wer in Thundorf zum Hausbrauer werden will, braucht kein Examen und keinen Lehrgang. Er muss sich nur vorher anmelden und mitteilen, wie viel Liter Bier er benötigt. Mit 2,50 Euro Vereins-Jahresbeitrag und einer Mindestabnahme von 30 Litern Bier wird man in den Kreis der Hausbrauer aufgenommen. Bis zu 200 Liter darf ein Haushalt für den Eigenkonsum erzeugen, ohne dass er dafür steuerpflichtig wird.

Rund 40 Cent kostet der Liter, wenn man beim Brauen mit anpackt. Helfer sind willkommen und werden gebraucht, erklärt Thomas Bretscher. Es geht gesellig zu. "Es gibt Brotzeit und Bier. Es ist immer ein lustiger Tag", der bereits um 3.30 Uhr am Morgen mitdem Befeuern des Kessels beginnt. Mithilfe ist jedoch nicht zwingend notwendig. Wer lieber passiver Hausbrauer ist, kann sein Bier bestellen und abholen.Dann zahlt man fünf Cent mehr für den Liter.

Ist die Hauptgärung in Thundorf abgeschlossen, füllen die Hausbrauer ihr junges Bier in mitgebrachte Behältnisse ab. In den heimischen Kellern reift das Getränk dann fünf bis sechs Wochen, ehe es getrunken werden kann. Die Haltbarkeit liegt, je nach Lagertemperatur, bei bis zu neun Monaten. Die Familie Biemüller aus Geroda schätzt seit Jahrzehnten das Thundorfer Bier. Zweimal im Jahr lassen sie dort für sich brauen, erzählt Harald Biemüller. Sein Vater sei durch Zufall darauf aufmerksam geworden und seitdem gibt es bei Biemüllers in Geroda Hausbräu aus Thundorf

Im Gemeindebrauhaus entsteht bodenständiges Bier, gebraut nach dem Reinheitsgebot. Geschmacksexperimente wie man sie häufig mit Craft-Bier verbindet, gibt es nicht. Trotzdem schmeckt jeder Sud ein bisschen anders. Viele Faktoren wirken auf das Bier ein: Die Holzfeuerung ebenso wie die Kühlung. Der heiße Biersud kühlt in einer großen Wanne natürlich aus. Je nachdem wie die Außentemperaturen diesen Prozess beschleunigen oder verzögern, kann dies den Geschmack beeinflussen.

Einen gelernten Brauer hat der Verein nicht. Alles Wissen hat sich Thomas Bretscher selbst angeeignet. Die Erfahrung spielt eine große Rolle. "Ich bin schon als Kind mit meinem Vater ins Brauhaus marschiert", erzählt der 49-jährige.

Warum sich in Thundorf anders als in vielen anderen Kommunen das Gemeindebrauhaus durchgehend erhalten hat, kann der Thomas Bretscher nicht sagen. Aber es liege wohl daran, dass sich immer Leute gefunden haben, die diese Tradition bewahren wollten. Bretscher nennt Egon Klöffel , seinen Vorgänger, der heute noch bei jedem Brautag aktiv dabei ist. Die erste urkundliche Erwähnung der Einrichtung gibt es aus dem Jahre 1551. Das Brau- und Schankrecht geht aber zurück bis auf das Jahr 1446.

Wie viele Gemeindebrauhäuser in Unterfranken noch oder wieder existieren, kann Thomas Bretscher nicht sagen. Die meisten seien verschwunden, als der Wohlstand kam. Der Hausbrauer weiß aber, dass einige kommunale Brauhäuser in den vergangenen Jahren reaktiviert wurden. Auch Bezirksheimatpfleger Klaus Reder liegen keine Angaben darüber vor. Die Tendenz sei aber steigend, erklärt er auf Anfrage.

Nachwuchs gerne gesehen

Thomas Bretscher freut sich über interessierten Nachwuchs. In Thundorf gehört die Mehrzahl der Nutzer der Generation 50plus an. Aber es gibt einige Junge. Marius Roth aus Poppenlauer ist mit seinen 18 Jahren einer davon. Er ist dabei, weil er das Brauen interessant findet. Außerdem möchte er, dass solche Traditionen erhalten bleiben. Und das Bier schmeckt ihm natürlich auch sehr gut. Er und seine Clique kommen immer gerne. Probleme mit den Älteren gebe es keine. "Die sind alle sehr entspannt", meint der 18-jährige.

Jeder sei eingeladen, sich einmal bei einem Brautag umzusehen, sagt Thomas Bretscher. Gebraut wird allerdings nur im März und im November. Es darf nicht zu warm sein bei der Bierherstellung . Doch verkosten lässt sich das Thundorfer Bier demnächst beim traditionellen Besenausschank des Hausbrauervereins. Der Besenausschank 2022 findet am Feiertag Christi Himmelfahrt (26. Mai, ab 11 Uhr) auf dem Gelände des Gemeindebrauhauses im Thundorfer Schlosspark statt. Die Ransbachtaler Blasmusik und der Musikverein Maßbach sorgen für die musikalische Unterhaltung.

 
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