
Ein besonderes Erlebnis zum Thema Berufswahl und Berufsleben hatten die Schüler der Mittelschule beim Ein- Mann-Theaterstück "Mit Herz und Hand". Zimmermeister Richard Betz schlüpfte in die Rolle des Zimmermeisters Paul Ballmer, der aus seinem Leben erzählte.
Einen Denkprozess bei den Schülern auslösen, das wollte Richard Betz mit seinem Theaterstück. Wer gedacht hatte, es folge ein spröder Vortrag eines Berufsschullehrers, der wurde sehr enttäuscht. Bereits zu Beginn wurde klar, dass neben beruflichen Informationen sowohl konkret an einem Werkstück gearbeitet wurde, als auch in Form eines Rollenspiels der berufliche Werdegang des Paul Ballmer sehr anschaulich und spannend dargeboten wurde. Gerade die Tatsache, dass der Schauspieler Betz selbst erst nach erfolgreichem Architekturstudium das Zimmererhandwerk erlernte und sich dann dafür als Beruf entschied, machte die Schüler nachdenklich. Es geht bei der Berufswahl um sehr viel mehr als Geldverdienen.
Spiel ohne Heile-Welt- Getue
So nebenbei, während seines Theaterspiel greift sich Betz immer wieder ein Holzstück aus einem Stapel und baut irgendetwas damit. Dem aufmerksamen Zuschauer wird bald klar, dass er eine Brücke ohne Nägel oder Schrauben baut, so wie sie sein großes Vorbild Leonardo da Vinci vor ungefähr 500 Jahren erfunden hatte. Und dieser da Vinci hat Paul Ballmer, die Kunstfigur mit autobiografischen Elementen des Schauspielers, auch gefesselt und zu einem Beruf gebracht, der ihn glücklich macht. Ballmer erzählt aus seinem Leben, mit allen Höhenflügen, seinen Tiefen, Brüchen und Krisen. Er saß wegen Betrügereien im Gefängnis, rappelte sich dann wieder auf und erlernte in Kanada das Zimmererhandwerk. Es ist ein Spiel ohne Heile-Welt- Getue, ohne Idealisierung vom gar so lustigen Handwerkerleben, kein Märchen, sondern das Leben eines Zimmermanns in der heutigen Zeit, das Leben eines Mannes, der mit vielen Umwegen und auch sehr schmerzlichen Erfahrungen seinen Weg gesucht und am Ende auch gefunden hat.
Am Ende ist die Brücke nach da Vinci fertig
Da kommt natürlich die Kettensäge und der überdimensionale Zimmermannsbohrer zum Einsatz genauso wie das Handwerkerbuch, das die Wandergesellen auf der "Walz" führen müssen. Am Ende der Veranstaltung ist die Brücke nach da Vinci fertig, die Schüler dürfen sie benutzen und unter den kritischen Augen von Betz sowie Kreisobermeister Michael Eyrich-Halbig und Zimmermeister Michael Weigand aus Wermerichshausen auseinanderbauen und in Teamarbeit wieder zusammenbauen, eine Arbeit, die die Schüler mit Bravour erledigten.
Rektorin Freifrau von und zu der Tann freute sich, dass es dem Handwerker so gut gelungen war, die Schüler auf unterhaltsame und spannende Weise an den Beruf des Zimmermanns heranzuführen. Spontan äußerte sich ein Schüler, Zimmermann werden zu wollen, ein anderer möchte ein Praktikum machen, viele Schüler und Lehrer waren sehr beeindruckt - vielleicht auch nachdenklich, weil bei ihnen ein Denkprozess in Gang gesetzt wurde. Ihr Blick reicht jetzt nicht nur bis zum nächsten Zeugnis oder Schulabschluss, sondern weit darüber hinaus.
Das Theaterstück von Betz zeigte, dass man den zukünftigen Beruf nicht nur mit dem Kopf entscheiden soll, sondern auch "mit Herz und Hand", wie der Titel der Vorstellung lautete.