Es scheint ruhig geworden zu sein um das Wohnquartier Colonel-Huff- und Reußendorfer Straße, auch außerhalb von Wildflecken bekannt als Klein-Manhattan. Was vor allem daran liegt, dass die Gemeinde auf das öffentlichkeitswirksame Abstellen des Wassers seit dem Frühjahr verzichtet. Doch der Eindruck trügt. In vielen der 72 Wohnungen brodelt es schlimmer denn je. Einige sind auch schon verlassen.
Rückblende: Innerhalb nur eines Jahres drehte die Marktgemeinde im Wohnquartier vier Mal das Wasser ab. Der Vermieter – die X-Direct Betrieb- und Management GmbH als Unterfirma der Plan B Private Capital GmbH aus Limburg/Lahn – hatte über Nebenkostenpauschalen erhaltene Gebühren für geliefertes Wasser unbefugt behalten und nicht an die Gemeinde weitergeleitet.
Wasser wurde nicht erneut abgestellt
Bürgermeister Gerd Kleinhenz (PWW) sah das Abstellen des Wassers als letztes drastisches Mittel, die Gebühren vom Vermieter eintreiben zu können. Auf ein fünftes Mal – obwohl für den 24. April angekündigt – verzichtete er.
Dass das Wasser seitdem verlässlich fließt, hält Mieter Herbert Klein (Name geändert) für die einzig gute Nachricht der vergangenen Monate. Ansonsten habe sich die Lage vor Ort verschlechtert.
Heizöl in Eigenregie besorgt
Das beginne damit, wie die technischen Anlagen im Wohngebiet in den vergangenen Monaten am Laufen gehalten worden seien. Zuletzt hätten die Bewohner des Quartiers Bargeld gegen Beleg an einen Vertrauensmann gegeben, der davon Heizöl für die Stromversorgung und Pumpen bezahlt habe, die das Wasser in die Wohnungen heben.
„Ohne ihn würden die Mieter wohl schon länger auf dem Trockenen sitzen“, mutmaßt Klein. Diese Vorgehensweise habe der Vermieter der eigentlich bei ihm als Hausmeister angestellten Person nun untersagt.
Es hakt bei der Müllentsorgung
Die großen schwarzen Tonnen für den Hausmüll seien entfernt und durch kleinere mit nur dem halben Volumen ersetzt worden, so Herbert Klein . Das Ergebnis sei, dass einiges an Müll in den Kellern gelagert werde – was wiederum Ungeziefer und unerwünschte Fresser anlocke.
Einige Mieter hätten ihre Mülltüten einfach auf die Straße gestellt – was dem Viertel einen ungepflegten Anblick verliehen habe. Manchmal fänden sich in Biotonnen Plastiksäcke. Ursache für das alles soll sein, dass der Müllentsorger keine Müllgebühren mehr erhalte.
Viele Bewohner von Klein-Manhattan zahlen keine Miete mehr
Das Landratsamt beziehungsweise das Kommunalunternehmen des Landkreises teilt auf Nachfrage mit, dass „die öffentliche Abfallbeseitigung für die Mieter nach wie vor nach den gesetzlichen Bestimmungen sichergestellt“ ist. Das betreffe die Entsorgung von Restmüll, Biomüll und Papier. Sperrmüll sei erst vor kurzem dort abgeholt worden. Von kleineren Mülltonnen mit weniger Volumen steht in der Antwort nichts.
Viele Bewohner Klein-Manhattans zahlen nach Herbert Kleins Angaben keine Miete mehr – oder haben sie stark reduziert. Einige würden ausziehen, weil sich insgesamt nichts bessere. Darunter seien einige, die schon 20 bis 30 Jahre dort wohnen. Wobei ihre Kündigungen ins Leere laufen. Denn selbst darauf antworte der Vermieter nicht.
Vermieter reagieren nicht
Klein selbst hat X-Direct einen Vergleich vorgeschlagen, in dem die wegen Mängeln geminderte Miete und die noch zu zahlenden Beträge an den Eigentümer der Anlage gegeneinander aufgerechnet werden: ebenfalls keine Reaktion.
Wildfleckens Bürgermeister Gerd Kleinhenz (PWW) bestätigt auf Nachfrage, dass andere Ver- und Entsorger ihre Lieferungen und Leistungen eingestellt hätten. Dazu zählten Energie und Gas. „Wir als Marktgemeinde liefern weiterhin Wasser – obwohl wir unser Geld nicht bekommen.“ Dies geschehe „aus humanitären Gründen“.
Gemeinde schließt sich Verfahren zur Zwangsversteigerung an
Ohnehin funktioniere das Wasserabstellen als Drohkulisse zur Erlangung der Gebühren seit dem Frühjahr nicht mehr.
Kleinhenz berichtet von einem Gespräch mit der „finanzierenden Bank“. Denn X-Direct habe Kredite in beträchtlicher Höhe aufgenommen, um die Wohnhäuser in der Colonel-Huff- und der Reußendorfer erwerben zu können. „Inzwischen wurde ein Zwangsversteigerungsverfahren eingeleitet. Dem würden wir uns anschließen.“ Stand heute mache die Marktgemeinde als Wasserversorger Rückstände von 32.000 Euro geltend. Schließlich seien die Abschläge seit April nicht weitergeleitet worden.
Dickes Ende droht, wenn es kalt wird
Kleinhenz bestätigt, dass einige Bewohner von Klein-Manhattan bei der Gemeinde gegen Gebühr Müllsäcke erworben hätten, um dieses Problem loszuwerden. Auch habe die Kommune sich darum gekümmert, dass der Sperrmüll abgeholt wird; so wollte man hygienischen Problemen vorbeugen.
Dennoch: „Nach und nach ziehen die Mieter aus“, hat auch der Bürgermeister beobachtet.
Angesichts der unsicheren Versorgung mit Heizenergie drohe ein dickes Ende, wenn es kalt werde.
Seinen Informationen nach soll eine Anzeige wegen Betrugs bei der Polizeiinspektion Bad Brückenau vorliegen. Deren Leiter Thomas Vöth bestätigt deren Eingang. Man habe die Sache zur Prüfung an die Staatsanwaltschaft in Schweinfurt weitergeleitet.