Seit drei Monaten wird in Deutschland gegen das Coronavirus geimpft , seit 6. April sollen die Hausärzte bundesweit dafür sorgen, dass die Impfkampagne besser in Schwung kommt. Die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns (KVB) rechnet zur Mitte der Woche mit Impfungen in rund 8500 Praxen. Einen Überblick, welcher Arzt sich im Landkreis Bad Kissingen beteiligt, gibt es nicht, sagt Dr. Ralph Brath, Versorgungsarzt des Landkreises. "Jeder macht das für sich", erklärt er. Kollegen, die impfen wollen, melden sich bei der KVB als Impfärzte, dann können sie Impfstoff bestellen. Maximal 50 Impfungen pro Woche sind derzeit je Praxis möglich.
Alle Patienten an einem Tag pro Woche
Brath legt sich die Impfungen in seiner Praxis vorerst geballt auf den Donnerstag. 50 Patienten hat er dafür für den 8. April einbestellt. "Den Impfstoff haben wir gerade geliefert bekommen. Aber wir haben noch nicht geprüft, ob er vollständig ist", berichtet er am Dienstagmittag. Er hofft, niemandem absagen zu müssen. Die Vakzine muss Brath mit einer Woche Vorlauf bestellen, das heißt, die Dosen, die er diese Woche verimpft, hat er vergangene Woche geordert, die für nächste Woche hat er am 6. April bestellt. Dass die Hausärzte nun bundesweit mit den Impfungen begonnen haben, sieht Brath "als gute Ergänzung zu den Impfzentren ". Er betont, dass in den Zentren gute Arbeit geleistet wird, wenn gleich es für die Patienten angenehmer ist, wenn sie in ihrer gewohnten Umgebung in der Hausarztpraxis geimpft werden.
Individuellere Entscheidungsmöglichkeiten
Außerdem haben die Hausärzte innerhalb der vorgegebenen Impfreihenfolge die Möglichkeit, individueller zu entscheiden, wer dringend als nächstes geimpft werden müsste. Ein weiterer Vorteil: "Wir haben deutlich weniger bürokratischen Aufwand als im Impfzentrum ", sagt der Versorgungsarzt. Ein gewisser Aufwand ist natürlich gegeben, vom Einbestellen der Patienten , über das Ausfüllen des Anamnesebogens bis zur Aufklärung über die Impfung und zur Abrechnung - aber die Hausärzte würden mit weniger Vorgaben gegängelt als die Impfzentren .
Dr. Michael Stier , Hausarzt in Nüdlingen sieht die Bürokratie kritisch: "Im Vergleich zu anderen Ländern und Staaten ersticken wir in Dokumentationsarbeit. In den USA beispielsweise füllt der Patient sein Dokument selbst aus, er erhält die Impfung - fertig. In Deutschland beginnt nach der Spritze eine sehr zeitaufwändige Bürokratie für die Hausärzte."
Verunsicherung beim Thema AstraZeneca
In Bayern hatten die ersten Hausärzte bereits in der vergangenen Woche mit den Impfungen begonnen. Auch Brath hatte bereits die ersten 20 Dosen verabreicht. "Die Impfungen werden gut angenommen. Die Patienten freuen sich, dass sie den Impfstoff bekommen", berichtet der Mediziner. Es sei eine gewisse Verunsicherung wegen des in Verrufs gekommenen Impfstoffs von AstraZeneca spürbar. "Ich werde von den Patienten darauf angesprochen, weil sie das Gefühl haben, dass es Impfstoffe erster und zweiter Klasse gibt. Aber dem ist nicht so", betont er. Die Vektortechnologie, die bei dem AstraZeneca-Impfstoff und auch bei anderen Corona-Impfstoffen verwendet wird, ist grundsätzlich seit Jahren erprobt, etwa im Kampf gegen Ebola. Brath: "Wir erleben derzeit den Einsatz von Impfstoffen in einer Phase, in der sie sonst nicht am Markt wären. Aber jeder Impfstoff der zugelassen ist, hat eine Güte. Jeder Patient sollte froh sein, wenn er eine Impfung bekommt."
Die Nachfrage ist sehr groß
In der Münnerstädter Praxis Schreppel/Kuchler wurde am Dienstag Impfstoff der Firma Biontech erwartet, der für 24 Impfungen ausreicht, so die Auskunft von Dr. Gertrud Kuchler. Für die Woche darauf sei nochmals die gleiche Menge anvisiert. In der Praxis ist alles vorbereitet. Die ersten Patienten sind benachrichtigt, "damit wir sofort loslegen können", so Kuchler. "Wir freuen uns, dass wir als Hausärzte impfen können", betont die Münnerstädter Allgemeinmedizinerin. Die Nachfrage sei sehr groß. "Die Leute rennen uns die Türen ein." Es gebe seit Wochen eine Liste von Patienten , die gerne direkt in der Praxis geimpft werden möchten. Geimpft werde in den Hausarztpraxen streng nach der Priorisierung. Entsprechend der Einstufung und der Schwere ihrer Vorerkrankungen würden die Patienten ausgewählt und benachrichtigt, macht Kuchler deutlich. Sie verweist zudem darauf, dass die Hausarztpraxen die Impfungen nur für die jeweils eigenen Patienten übernehmen können. Weil Hausärzte in Münnerstadt in Oster-Urlaub sind, hatte bereits Anfragen gegeben, ob die Urlaubsvertretung nicht impfen könne. Das sei aber nicht möglich, so Kuchler.
Registrierung ist wichtig
Wichtig ist ihr noch, dass sich alle diejenigen Patienten , die bei der Impfzentrale angemeldet sind, ihre Registrierung dort aufrecht erhalten. Insgesamt ist die Münnerstädterin zuversichtlich, dass es jetzt schneller vorangeht. "Das Impfen wird eine Gewinnstory werden", sagt Kuchler.
Auf die Tatsache, dass es wichtig ist, sich für die Impfung zu registrieren, weist auch Dr. Christian Staab vom Gesundheitszentrum Bad Bocklet und Burkardroth hin. Denn: Die Menge an Impfstoff , die Hausärzte erhalten, orientiert sich an der Anzahl der Registrationen im Impfportal. "Wenn sich weniger Leute registrieren, kommt weniger Impfstoff an", sagt er.
Derzeit ist die Priorisierungsgruppe zwei an der Reihe
Pro Woche sind laut Staab im Gesundheitszentrum bis zu 50 Impfungen möglich. Läuft alles nach Plan, ist es Staab möglich etwa fünf Leute pro Stunde zu impfen. "Wir erfahren eine Woche im voraus, wie viele Dosen wir erhalten." Im nächsten Schritt kontaktiert die Praxis dann die Menschen. "Dabei müssen wir uns - wie auch das Impfzentrum - an die Priorisierungen halten." Derzeit kommen Personen der Gruppe zwei an die Reihe. Das sind beispielsweise ErzieherInnen, PolizistInnen oder aber Menschen ab 70 Jahren.