Juristisch gelten in Deutschland Schausteller und Betreiber von Jahrmarktvergnügen mit Fahrgeschäften wie Karussells, Achterbahnen, Autoskootern, Riesenrädern oder Wurf- und Schießbuden, Zeltgaststätten oder Imbiss mit Ausschank als Gewerbebetreibende. Deutschlandweit gibt es etwa 5300 Schaustellerunternehmen mit 12 300 Schaustellergeschäften, die ungefähr 10 000 Volksfeste bereichern. Die Saison, in der Einkünfte erzielt werden können, zählt etwa 120 Tage im Jahr. Dazu kommen noch die Rüsttage für Anfahrt, Auf- und Abbau. Bei ca. 22 Veranstaltungsorten kommen gerne mal 7000 Kilometer zusammen. Steigende Betriebskosten zwingen die Schausteller auch Weihnachtsmärkte zu bestücken, um die Winterpause finanziell zu überbrücken.
So war für viele Schausteller nach dem Weihnachtsmarkt 2019 die letzte Möglichkeit Geld zu verdienen. Dann kam Corona und brachte viele Familien um ihre Existenz. Das Corona-Jahr ohne Regen oder extremen Hitzeperioden hätte ein Traumsommer für Schausteller und Besucher werden können.
Zu den Betroffenen zählt auch der Traditionsbetrieb der Schaustellerfamilie Krawczyk aus Heidingsfeld bei Würzburg. Das seit März verordnete Berufsverbot aufgrund von Covid-19 brachte 100 Prozent Verdienstausfall. Der Staat half glücklicherweise mit dem dreimonatigen Überbrückungsgeld, Steuerschulden werden gestundet, und die Berufsgenossenschaft übt sich auch in Geduld bei den Beitragszahlungen . Doch diese Zahlungen sind nur aufgeschoben.
Inzwischen sind alle Mittel ausgeschöpft, doch Corona lässt noch immer keinen normalen Arbeitsablauf zu. Alle Volksfeste und Märkte sind für dieses Jahr abgesagt, und die Hoffnung auf Weihnachtsmärkte hat sich inzwischen zerschlagen.
Der psychische Druck ist längst an der Belastungsgrenze angekommen. Schausteller arbeiten immer an verschiedenen Orten mit vielen sozialen Kontakten.
Seit Jahren vor Ort
In Hammelburg ist Familie Krawczyk seit Jahren beim Frühjahrs- und Herbstmarkt und zum Altstadtadvent mit einem Imbisswagen präsent. In ihrer größten Not besann sich Lucia Krawczyk auf die gute Zusammenarbeit mit der Stadt . Denn beim Grübeln kam Lucia Krawczyk die Idee, den Leiter des Ordnungsamtes Stefan Stöth anzurufen und um Hilfe zu bitten. Unkompliziert erteilte dieser die Erlaubnis, einen Imbisswagen von Montag bis Freitag, von 10 bis 16 Uhr, auf den Marktplatz zu stellen. Mit "Klein aber Fein", bietet die Schaustellerfamilie dort nun eine Auswahl an Speisen an - und hat damit wieder eine finanzielle Perspektive.
"Wir schöpfen wieder Kraft und neue Hoffnung durch das Entgegenkommen der Stadt Hammelburg . Auch wenn es geschäftlich vielleicht gerade zum Überleben reicht, wiegt umso mehr das Gefühl, diese Ohnmacht aus eigener Kraft überwinden zu können. Es hat sich bereits ein kleiner Imbiss-Stammtisch gebildet. Die sozialen Kontakte sind nicht nur Balsam für die Seele sondern auch eine wichtige Stütze für meine Psyche. Vielen Dank an alle Hammelburger die uns in diesen schwierigen Zeiten unterstützen", freut sich Familie Krawczyk.