Die eine gute Nachricht für das Theater Schloss Maßbach : Die Spielzeit 2022/23 war endlich mal wieder eine Spielzeit, die völlig unbehelligt von Corona geblieben ist. Die andere gute Nachricht: Das hat sich im Publikum herumgesprochen, und es kommt wieder – fast schon wieder in dem Maße, wie in der letzten Vor-Corona-Spielzeit 2018/19.
Theaterchefin Anne Maar verdeutlichte das an ein paar Zahlen. Auf der Freilichtbühne gab es in der zurückliegenden Spielzeit insgesamt 93 Vorstellungen mit 22.123 Zuschauern. Das entspricht einer Auslastung von 76 Prozent (vor Corona waren es zuletzt 24.528 gewesen).
Die Gesamtzahl lässt sich unterteilen in 54 Abendvorstellungen mit 12.017 Besuchern (71 Prozent) und 39 Kindervorstellungen mit 10.106 Besuchern (83 Prozent). Im Intimen Theater hob sich der Vorhang 72 Mal vor 5170 Zuschauern (83 Prozent). 2018/19 waren es rund 1000 Zuschauer mehr (89 Prozent). Aber da waren es auch 79 Vorstellungen und damit sieben mehr als jetzt.
Karten werden eher kurzfristig gekauft
Zwei Folgen von Corona – oder der unguten Zeiten – lassen sich allerdings ausmachen. Zum einen sind die Leute vorsichtiger oder abwartender geworden. Sie halten sich mit Kartenbestellungen deutlich zurück und kommen lieber an die Abendkasse. „Früher hat es keine Schlangen vor der Kasse gegeben, höchstens drei oder vier Leute.“ Die anderen hatten alle vorbestellt. Zum anderen scheinen die Menschen das Theater eher als Ablenkungsmöglichkeit zum besorgniserregenden Alltag zu sehen. „Die Komödien , die heiteren Stücke werden lieber besucht“, sagt Anne Maar . Der Publikumsliebling war übrigens „Der Vorname“ von Alexandre de La Patellière und Matthieu Delaporte.
Schimmelbefall: Ursache beseitigt
Ein Sorgenkind macht sich gerade langsam, aber auch sehr mühsam davon: der extrem starke, gesundheitlich höchst schädliche Schimmelbefall im Kostümfundus. Eine Firma wurde gefunden, die die Sanierung für 40.000 Euro erledigen wollte. Aber als die Maßbacher das Geld durch Spenden zusammen hatte, sagte die Firma ab. Eine andere wollte dafür 90.000 Euro. Zum Glück hat sich gezeigt, dass nicht die Halle, sondern „nur“ die Tausenden von Kostümen mit Schimmel befallen sind. Die Ursache des Verderbens, die zu hohe Luftfeuchtigkeit in der Halle, konnte mittlerweile beseitigt werden. Sie lässt sich wieder nutzen, muss nicht, was auch mal befürchtet wurde, abgerissen werden.
Und die Maßbacher haben zur Selbsthilfe gegriffen: Seit Mai laufen alle Waschmaschinen im Schloss. Was 40 Grad aushält, kommt rein – da nehmen die Berge allmählich ab. 1900 Teile müssen kostenaufwändig chemisch gereinigt werden. 6000 Teile wurden bisher aussortiert und entsorgt. Das ist nicht nur ein enormer wirtschaftlicher Schaden, sondern auch ein emotionaler. Denn da wird ein erheblicher Teil des Lebenswerkes der Kostümbildnerinnen weggeworfen.
Neu: der Theater-Lkw
Dafür gibt es seit wenigen Tagen einen Zuwachs bei den Spielstätten – nach dem Motto: Wenn die Kinder nicht zum Theater kommen (können), kommt das Theater zu den Kindern. Der neue Theater-Lkw hat die Bremsen gelöst und ist auf Fahrt gegangen. Vier Produktionen wird er zunächst anbieten: drei für Kindergartenkinder – von denen bereits zwei fertig sind – und eins für Jugendliche. Bis zu 30 Kinder können in dem Laderaum des Lkw Platz finden. Und natürlich können da auch keine Stücke mit vielen Rollen gespielt werden. Zwei Schauspieler können sich aber gut bewegen.
Eine Marktlücke
Für die Schulen und Kindergärten ist dieser Lkw natürlich ein Vorteil. Denn sie müssen keine umständlichen und zeitraubenden Busanfahrten organisieren, denn der Lkw kommt zu ihnen. Er braucht nur eine ebene Fläche zum Parken möglichst vor oder neben dem Haus (denn das Fahrzeug hat keine Toilette) und eine einigermaßen gut erreichbare Steckdose. Der Lkw scheint eine Marktlücke gefunden zu haben, denn die Buchungen sind bereits gut angelaufen.
Zehn Produktionen haben die Maßbacher für die neue Spielzeit geplant – zu denen natürlich noch eine ganze Reihe von mehr oder weniger spontanen, aktuellen Sonderveranstaltungen kommt. Das Schwerpunktthema der neuen Spielzeit heißt: „Kontaktversuche“. Dabei geht es um emotionale Bindungen aller Arten oder um das schlechte Aushalten abweichender Minungen.
Der neue Spielplan
Im Intimen Theater hebt sich der Vorhang am 29. September: Uwe Reichwaldt – er hat in der vergangenen Spielzeit „Endspiel“ inszeniert – bringt das Schauspiel „Tom auf dem Lande“ von Michel Marc Bouchard auf die Bühne, ein „atmosphärisches Kammerspiel, inb dem Homophobie, unterdrücktes Begehren und Vorurteile zu einer zwiespältigen und faszinierenen Konstellation führen“ (bis 12. November).
„Ein Herz aus Schokolade“ ist eine Komödie von Valerie Secaire. Sie beginnt vielversprechend damit, das der Chocolatier Henri Ledouxer in dem Moment, in dem ihn seine Frau verlässt, auch seinen Geschmackssinn verliert. Und irgendwann auch die Orientierung. Ingo Pfeiffer führt Regie; Premiere ist am 17. November (bis 7. Januar).
William Shakespeares berühmtes Schauspiel „Der Sturm“ kommt am 19. Januar auf die Bühne, und zwar in einer Bearbeitung von Christian Schidlowsky, der auch selbst inszeniert. „Eine Utopie: Macher, Machthaber und Fortschrittsgläubige geraten in den Bann eines poetischen Zauberers und seiner Tochter“ (bis 25. Februar).
„Furor“ ist ein Schauspiel von Lutz Hübner und Sarah Nemitz- Die beiden gehen der Frage nach, „wie demokratische Werte in unserer Gesellschaft erodieren und was politisches Handeln kompromittiert.“ Die Regie hat Stella Seefried übernommen, Premiere ist am 8. März (bis 14. April).
Die Komödie „Der letzte der feurigen Liebhaber“ von Niel Simon hat ihre Premiere am 26-April im Intimen Theater. Susanne Pfeiffer inszeniert diese intelligente Komödie voller aberwitziger Dialoge, Situationskomik und einem Hauch Tragik, der die Geschichte besonders anrührend wirken lässt. Neil Simins Komödie ist dann auch das erste Stück, das auf die Freilichtbühne hinauswandert. Dort ist es dann noch bis zum 9. Juni zu erleben. Es wird am 14. Juni abgelöst von der Komödie „Ganze Kerle“ von Kerry Renard, die Jens Eulenberger inszenieren wird. Er hat sich gefragt: „Was passiert, wenn sich Männer für einen guten Zweck in Frauenkleider Zwängen? Es entsteht eine 100-prozentige Spaßgarantie für jedermann. Die definitiv schrägste Travestieshow, die man je gesehen hat“. Sie läuft bis zum 21. Juli.
Die Freilichtsaison endet mit Claude Magniers „Ein klarer Fall“, einer „heiteren Begebenheit in fünf Akten“. Der Titel verrät schon, dass der Fall alles anderer als klar ist. Denn einer der Hauptrollen in diesem intriganten Spiel zu dritt spielt ein heimtückisches Schlafmittel (2. August bis 7. September).
Für die Jugend gibt es im TIP die „Wutschweiger“, ein Theaterstück für Menschen ab zehn Jahren von Jan Sobrie und Raven Ruëll. Das ist ein Stück über zwei Kinder aus Familien, die von Armut bedroht sind und die sich solidarisieren, um gegen große Widerstände der Situation zu entkommen. Ob sie es schaffen? Augustinus von Loë wird das Stück inszenieren. Zu sehen ist es zwischen 19. April und 17. Mai.
Für die Kinder gibt es zwei besondere Angebote. Im Winter feiert das Sams seinen 50. Geburtstag, und zwar mit einer Uraufführung „Das Sams und die große Weihnachtssuche“. Paul Maar und Christian Schidlowsky haben das Geburtstagsstück geschrieben; Letzterer hat es auch inszeniert. Zun ersten Mal gratuliert wird dem Sams am 24. November in der Lauertalhalle. Dann geht es auf Tournee, ist aber bis zum 23. Dezember auch noch ein paar Mal in Maßbach zu erleben.
Tierisch dagegen wird es im Sommer auf der Freilichtbühne. Dort ist zwischen 28. Juni und 28. Juli einer der „Klassiker der Kinderliteratur“ zu sehen: „Dr. Doolittle und seine Tiere“ des Engländers Hugh Lofting, das 1920 erschienen ist. Christian Schidlowsky hat aus dem Text eine Bühnenfassung erarbeitet und wird diese spannende Reise durch den afrikanische Urwald auch inszenieren.
Zwei Stücke können die Kinder bereits im neuen Theater-Lkw sehen: „Opa Bär und die Menz“, ein liebevolles Stück von Paul Maar über Demenz. Und fertig wird gerade auch Thomas Klischkes „Flörchen“, in dem der Gärtner Tistou in einer vertrockneten Pflanze ein rätselhaftes winziges Tier findet und sich mit ihm zu beschäftigen beginnt. „Paulas Reisen“ nach dem Bilderbuch von Paul Maar erzählt die Geschichte eines Mädchens , das Astronautin werden will. An Jugendliche ab 14 Jahren wendet sich die „Gedankenodyssee“ von Angelique Erhardt: Sue (16) ist kurz vor dem Realschulabschluss. Für das Fach Ethik soll sie einen Aufsatz schreiben: „Wer bin ich? Was möchte ich im Leben einmal werden?“
Einen festen Spielplan gibt es für das Lkw-Theater natürlich nicht. Er fährt dorthin, wo er gebraucht wird, mit dem Stück, das gewünscht wird.
Anfragen und Buchungen gehen an Sebastian Worch, Tel.: 09735 / 828 54 92 oder E-Mail: sebastian.worch@theater-massbach.de.
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