Im Jahr 1814 dankt Napoleon Bonaparte als französischer Kaiser ab und wird ins Exil auf die Insel Elba verbannt. Im September des gleichen Jahres beginnt der Wiener Kongress, in dem die Grenzen Europas neu geordnet werden. Fern von der großen Weltpolitik bekommt am 5. Januar 1814 ein Apotheker die Erlaubnis eine Apotheke in Münnerstadt zu führen. Wenige Monate später eröffnet die Vorläuferin der heutigen Löwen-Apotheke. Während Napoleon oder der Wiener Kongress längst nur noch ein Teil der Geschichte sind, ist die Löwen-Apotheke lebendiger Alltag geblieben. Auch wenn es kein großes Fest zum 200. Geburtstag geben wird, ein bisschen stolz sind die heutigen Eigentümer Dr. Andreas und Christiane Fritz trotzdem darauf, dass ihre Apotheke auf eine solche lange Tradition zurückblicken kann.
Andreas Fritz hat im Jahr 1999 die Apotheke von seinem Schwiegervater, Friedrich und Irmtraud Draaser übernommen. Das erste Mal in der langen Tradition des Hauses war die Apotheke direkt an die nächste Generation in der Familie weitergegeben worden.
Schon früher Apotheke?
Nicht gesichert ist, ob die Löwen-Apotheke tatsächlich die erste Apotheke in Münnerstadt überhaupt war. Denn es gibt im Stadtarchivar eine Urkunde aus dem Jahr 1553, die belegt, dass ein Andreas Goldmann aus Münnerstadt lieber im Ort eine Apotheke errichten möchte, als in Goslar, wohin er vom dortigen Stadtphysikis berufen worden war. Es könnte also sein, dass es schon zu dieser Zeit einmal eine Apotheke gegeben hat, die aber wieder geschlossen wurde. Darüber schweigt sich die Geschichte aus.
Ärzte gegen Apotheker?
Sicher ist aber, dass ab 1806 immer wieder Versuche unternommen wurden, in Münnerstadt eine Apotheke zu eröffnen. Alle Anträge wurden aber abgelehnt. Friedrich Draaser vermutet, dass damals die ortsansässigen Ärzte gegen die Ansiedlung eines Apothekers waren, weil Ärzte selbst mit der Herstellung von Salben Geld verdienten und die Apotheke als Konkurrenz ansahen. Erst am 5. Januar 1814 erhielt Christian Huber(t) aus Wiesentheid die Erlaubnis, die eine Apotheke zu führen. Die Eröffnung selbst hat Hubert nicht mehr erlebt. Er verstarb im Juni 1814. Seine Frau führte mit Gehilfen und Apothekern das Geschäft weiter. Das Geschäft soll mühsam angelaufen sein, hat Friedrich Draaser nachrecherchiert.
„Das erste Jahr war auch für uns mühsam“, erinnert sich Friedrich Draaser zurück. Er und seine Frau hatten sich mehr als drei Jahre jedes Wochenende Apotheken in Unterfranken angeschaut, ehe sie sich 1968 für Münnerstadt entschieden. Sie mussten sich zuerst das Vertrauen der Münnerstädter erarbeiten, erinnert sich Friedrich Draaser. Der damalige 2. Bürgermeister der Stadt habe sich gar nicht vorstellen können, dass eine so junge Frau schon Apothekerin sein könne. Irmtraud Draaser war damals 27 Jahre alt, Friedrich Draaser 30 Jahre.
Aber die Draasers haben ihren Entschluss, nach Münnerstadt zu kommen, nie mehr bereut. „Es hat sich schön entwickelt, von Jahr zu Jahr“, erzählt Draaser. Nach zehn Jahren im Pachtverhältnis kaufte das Ehepaar das Anwesen. „Wir hatten gleich erkannt, was aus dem Haus zu machen ist“, sagt er.
Einrichtung heute im Museum
Als Friedrich und Irmtraud Draaser die Löwen-Apotheke übernahmen, fanden sie noch die uralte Apotheken-Einrichtung vor. Heute ist ein Teil davon im Münnerstädter Hennebergmuseum zu besichtigen, ein anderer im Museum von Großostheim. Die alte Einrichtung sei sehr schön, aber völlig unpraktisch für eine moderne Apotheke gewesen, betont Friedrich Draaser. Die alte Apotheken-Einrichtung stammte aus der Zeit um 1830, schätzt Friedrich Draaser. Genau ließe sich das nicht mehr feststellen. Es ist auf jeden Fall auch die Zeit, in der die Apotheke ihren Namen bekam. Der Apotheker Christian Hundtriesser firmierte ab ca. 1845 unter den Namen in Löwen-Apotheke.
Im Jahr 1999 hat das Ehepaar Draaser die Apotheke an den Schwiegersohn und die Tochter übergeben, beide ebenfalls Pharmazeuten. Auch Andreas Fritz hat den Schritt nie bereut. Er war zuvor in einem Schweizer Pharmakonzern tätig. „Ich würde es wieder so machen“, resümiert er. Andreas Fritz sagt dies trotz Kassenreform und Liberalisierung des Arzneimittelsektors, trotz zunehmender Konkurrenz aus dem Internet und trotz des hohen bürokratischen Aufwands.
Der Wandel sei in den vergangenen 20 Jahren enorm groß gewesen, meint Andreas Fritz. Die Gestaltung des Sortiments sei schwieriger geworden. Auch die Anforderungen hätten zugenommen, betont Andreas Fritz. Heute muss er jeden Arbeitsschritt dokumentieren etc. Diese Zeit würde er viel lieber der Beratung widmen.